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Grundsätze des Philosophierens
Führer und Despot mit ihrem Wesen zumeist nicht empfinden und nicht kennen,
wenn sie auch in Nachahmung abendländischen Sprechens so reden können. Despo-
tie ist jedenfalls bisher die auf dem Erdball überwiegende Herrschaftsweise, durch alle
Geschichte hindurch, weitgehend auch im Abendlande. Die Gegenwart leibhaftig ge-
wordener transcendenter Autorität befestigt solche Despotie.
g. Autorität und Transcendenz
Ursprung von allem, das Umgreifende alles Umgreifenden ist die Transcendenz. Auto-
rität wird verstanden in ihrer Herkunft aus Transcendenz?
Wenn aber alle Autorität von der Transcendenzb ist, so kann eine Autorität in der
Welt, ein Mensch, ein Amt, ein Gesetz, ein Buch nur Autorität haben, nicht Autorität
sein. Die Erscheinung hat Autorität, sofern sie im Dienste Gottes steht, der diese Au-
torität gibt, durch Berufung, Sendung, Einsetzung[,] Amt. Der Autorität in der Welt
geht vorher die Transcendenz, durch die etwas autoritativen Charakter hat.
aa. Rechtfertigung der Autorität aus Transcendenz und Autorität ohne Transcen-
denz: Die Gewalt, das Gesetz, das Amt, der persönliche Herrscher beziehen sich auf
ein Übergeordnetes, selbst nicht mehr zu Begründendes, durch das sie gerechtfertigt
sind. Dies Übergeordnete ist zuletzt die Transcendenz: die Gewalt ist durch Gott gege-
ben, Gott sprach in der kriegerischen Entscheidung, er gab dem Sieger die Feinde in
die Hand; - Gesetze werden zu Geboten Gottes; - das Amt beruht auf Einsetzung durch
Gott oder Gottes Stellvertreter; - die persönliche Herrschaft gründet sich auf Berufung
durch Gott; diese Berufung bedient sich als Mittel entweder des Erbgang[s] eines Kö-
nigsgeschlechts, oder des persönlichen Charismas eines Menschen oder einer von
Menschen vollzogenen Wahl.
Der Bezug auf Transcendenz steigert die Seelen bezwingende Geltung, erfüllt mit
erhöhter Verantwortung, mit dem Ernst des Dienstes. Aber Rechtfertigung durch
Transcendenz wird gehässig, wo sie in Gegnerschaft gegen Widerstrebende, gegen die
Besiegten, gegen die Ohnmächtigen benutzt und historisch unzählige Male miss-
braucht wurde. Daher die Tendenz, die Wahrheit und das Recht aus sich selber ohne
Transcendenz zu verstehen. Losgelöst vom transcendenten Grunde gilt Gewalt als
Schicksalsspruch natürlicher Kräfte für diesen Augenblick, gelten Gesetze als durch
Verstand einsehbares, allgemeingiltiges, richtiges Naturrecht, gelten Ämter als büro-
kratische Funktionen eines als zweckmässig durchschaubaren Apparats, gelten Herr-
scher als vermöge Begabung und Machtwillen mit Erfolg nach der Führung greifende
ungewöhnliche Menschen.
a nach Transcendenz. im Ms. gestr. Quelle der Autorität ist Gott.
b von der Transcendenz im Ms. Vdg. für von Gott
Grundsätze des Philosophierens
Führer und Despot mit ihrem Wesen zumeist nicht empfinden und nicht kennen,
wenn sie auch in Nachahmung abendländischen Sprechens so reden können. Despo-
tie ist jedenfalls bisher die auf dem Erdball überwiegende Herrschaftsweise, durch alle
Geschichte hindurch, weitgehend auch im Abendlande. Die Gegenwart leibhaftig ge-
wordener transcendenter Autorität befestigt solche Despotie.
g. Autorität und Transcendenz
Ursprung von allem, das Umgreifende alles Umgreifenden ist die Transcendenz. Auto-
rität wird verstanden in ihrer Herkunft aus Transcendenz?
Wenn aber alle Autorität von der Transcendenzb ist, so kann eine Autorität in der
Welt, ein Mensch, ein Amt, ein Gesetz, ein Buch nur Autorität haben, nicht Autorität
sein. Die Erscheinung hat Autorität, sofern sie im Dienste Gottes steht, der diese Au-
torität gibt, durch Berufung, Sendung, Einsetzung[,] Amt. Der Autorität in der Welt
geht vorher die Transcendenz, durch die etwas autoritativen Charakter hat.
aa. Rechtfertigung der Autorität aus Transcendenz und Autorität ohne Transcen-
denz: Die Gewalt, das Gesetz, das Amt, der persönliche Herrscher beziehen sich auf
ein Übergeordnetes, selbst nicht mehr zu Begründendes, durch das sie gerechtfertigt
sind. Dies Übergeordnete ist zuletzt die Transcendenz: die Gewalt ist durch Gott gege-
ben, Gott sprach in der kriegerischen Entscheidung, er gab dem Sieger die Feinde in
die Hand; - Gesetze werden zu Geboten Gottes; - das Amt beruht auf Einsetzung durch
Gott oder Gottes Stellvertreter; - die persönliche Herrschaft gründet sich auf Berufung
durch Gott; diese Berufung bedient sich als Mittel entweder des Erbgang[s] eines Kö-
nigsgeschlechts, oder des persönlichen Charismas eines Menschen oder einer von
Menschen vollzogenen Wahl.
Der Bezug auf Transcendenz steigert die Seelen bezwingende Geltung, erfüllt mit
erhöhter Verantwortung, mit dem Ernst des Dienstes. Aber Rechtfertigung durch
Transcendenz wird gehässig, wo sie in Gegnerschaft gegen Widerstrebende, gegen die
Besiegten, gegen die Ohnmächtigen benutzt und historisch unzählige Male miss-
braucht wurde. Daher die Tendenz, die Wahrheit und das Recht aus sich selber ohne
Transcendenz zu verstehen. Losgelöst vom transcendenten Grunde gilt Gewalt als
Schicksalsspruch natürlicher Kräfte für diesen Augenblick, gelten Gesetze als durch
Verstand einsehbares, allgemeingiltiges, richtiges Naturrecht, gelten Ämter als büro-
kratische Funktionen eines als zweckmässig durchschaubaren Apparats, gelten Herr-
scher als vermöge Begabung und Machtwillen mit Erfolg nach der Führung greifende
ungewöhnliche Menschen.
a nach Transcendenz. im Ms. gestr. Quelle der Autorität ist Gott.
b von der Transcendenz im Ms. Vdg. für von Gott