Metadaten

Jaspers, Karl; Fonfara, Dirk [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 3, Band 8,1): Ausgewählte Verlags- und Übersetzerkorrespondenzen — Basel: Schwabe Verlag, 2018

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.69893#0036
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Einleitung des Herausgebers

XXXV

Philosophie jedenfalls bereitwillig mitgegangen. Umgekehrt hat Jaspers die hier eta-
blierten Maßstäbe stets an seine anderen Verlage angelegt, ob sie nun im Einzelnen
erfüllbar waren oder nicht. In Klaus Piper fand er später sogar einen mitphilosophie-
renden Verleger. Die im Rahmen der KJG in zwei Teilbänden edierten Verlagskorres-
pondenzen gehen demnach über einen bloßen Geschäftsverkehr weit hinaus. Auch
beschränken sie sich nicht auf eine - übrigens gehaltvolle und ertragreiche - Quelle
zur Werkgeschichte oder Zeitgeschichte. Sie haben vielmehr einen philosophischen
Charakter und fallen unter das, was Jaspers in seinen systematischen Schriften gele-
gentlich »Propaganda für die Wahrheit« nannte.
i. Der Wille zur Wirkung als »Propaganda für die Wahrheit«
Jaspers habe ihm gegenüber einmal gesagt: »Wir leben in einer Zeit, in der auch die
Wahrheit für sich Propaganda machen muß<«, schrieb Klaus Piper 1963 in einer Erin-
nerung anlässlich des 80. Geburtstags des Philosophen.22 Wahrscheinlich war dem
Verleger nicht bewusst, dass sein Autor diesen Sachverhalt bereits in dem einen oder
anderen Text formuliert hatte. In dem Aufsatz Ȇber Gefahren und Chancen der
Freiheit« von 1950 heißt es etwa: »Propaganda, zuerst das Mittel der List, um vorteil-
haft scheinende Unwahrheit zu verbreiten, ist nun auch das unerläßliche Mittel ge-
worden, um Wahrheit zur Geltung zu bringen. Wie nicht nur das Unrecht, sondern
auch das Recht den Advokaten verlangt, wenn es nicht unterliegen will, so bedarf die
Wahrheit der Propaganda.«23 Ähnlich lautet eine Stelle in dem Radiovortrag »Die Auf-
gabe der Philosophie in der Gegenwart« von 1953: »Die Propaganda bemächtigt sich
durch Interessen und Mächte ohne Rücksicht auf Wahr und Falsch der nicht selbst
denkenden, widerstandsarmen Seelen. Es ist unausweichlich, daß das Wahre selber
heute in die Gestalt der Propaganda gelangen muß, um die Ohren der Menschen zu
erreichen.«24 Doch selbst wenn Piper diese Textstellen gekannt haben sollte, musste
für ihn die mündliche Äußerung das größere Gewicht behalten: Unter den Verlagen,
mit denen Jaspers zusammenarbeitete, war es der Piper-Verlag, der die Forderung ei-
ner »Propaganda für die Wahrheit« am konsequentesten erfüllte; Piper konnte und
durfte die mündliche Äußerung deshalb auch als anerkennende Bestätigung seiner
Arbeit verstehen.
Der heute nur noch in politischer Bedeutung gebrauchte und vorwiegend negativ
konnotierte Begriff der Propaganda - die gezielte Vereinnahmung der Masse für be-

22 K. Piper: »Begegnung des Verlegers mit Karl Jaspers. Zugleich eine Einleitung«, in: ders. (Hg.):
Karl Jaspers. Werk und Wirkung, München 1963, 9-18, hier: 14.
23 K. Jaspers: »Über Gefahren und Chancen der Freiheit«, 368.
24 K. Jaspers: »Die Aufgabe der Philosophie in der Gegenwart«, 19-20.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften