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Jaspers, Karl; Fonfara, Dirk [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 3, Band 8,1): Ausgewählte Verlags- und Übersetzerkorrespondenzen — Basel: Schwabe Verlag, 2018

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https://doi.org/10.11588/diglit.69893#0055
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LIV

Einleitung des Herausgebers

zu verhindern.«126 Gadamer drohte nun damit, diese »Anrempelungsmethoden« öf-
fentlich zu machen.127
Von Springer um Rat gebeten, schlug Jaspers dem Verlag vor, sich künftig alle Bei-
träge Thiels für das Studium Generale vorlegen zu lassen und gegebenenfalls einen Mit-
herausgeber heranzuziehen: »Das ist eine von ihm nicht leicht zu tragende Beschrän-
kung, die er m.E. auf sich nehmen muss.«128 Zwar sah sich Springer ein Jahr später
nach einem erneuten Fehlverhalten Thiels und einer entsprechenden Beschwerde des
Psychiaters Kurt Schneider genötigt, seinem Schriftleiter die Veröffentlichung eige-
ner Aufsätze ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages zu untersagen,129 doch
bis auf diesen Vorfall lief das Studium Generale auf längere Zeit in vergleichsweise ru-
higem Fahrwasser.
Die Auseinandersetzung steuerte auf einen neuen Höhepunkt zu, als Thiel 1959 be-
gann, seine Texte unter den Pseudonymen K. H. Sarbin und W. P. Krause zu publizie-
ren.130 Die Sache wäre vielleicht nicht aufgeflogen, wenn er darauf verzichtet hätte,
in den einzelnen Artikeln sich selbst zu zitieren: Sarbin zitierte Thiel, Krause ging so-
gar einen Schritt weiter und zitierte außer Thiel auch noch Sarbin. Das konnte nicht
gutgehen. Doch der Betrug wäre wohl auch so ans Licht gekommen, denn Thiel fuhr
einen erneuten Angriff gegen Gadamer, den er nun, hinter einem Pseudonym verbor-
gen, ausdrücklich beim Namen nannte - und mit Stalin verglich: »Vergleicht man die
Schrift von H. G. Gadamer >Die Ursprünglichkeit der Wissenschaft, die in entschei-
dender Hinsicht sicherlich bemerkenswerteste Publikation der Heideggerschule, mit
den letzten Intentionen von J. Stalin (Wissenschaftsbezug), so ist leicht zu bemerken,
wie der Unterschied zwischen jener Filialrichtung der Heideggerschule und J. Sta-
lin so gut wie lediglich nomenklatorisch ist und daß der wissenschaftsfeindliche Af-
fekt Heideggers unter Bezug auf den Begriff des Ursprungs sich ebenso stalinistisch
(»russischer Schwung< in Parallele zur lebensphilosophischen Konsequenz, oder auch
sog. [>]Parteilichkeit unter präsumptiver Beanspruchung der Wissenschaft darbie-
ten läßt.«131
Hans Blumenberg, ein häufig im Studium Generale publizierender Autor und Thiel
bisher durchaus gewogen, zeigte sich Springer gegenüber ernstlich beunruhigt, dass

126 H.-G. Gadamer an F. Springer, 18. Juli 1954, Abschrift, Durchschlag, DLA, A: Jaspers.
127 Ebd.
128 K. Jaspers an H. Götze, 29. Juli 1954, in diesem Band, S. 390.
129 Vgl. F. Springer an M. Thiel, 20. Juni 1955, Durchschlag, DLA, A: Gadamer.
130 K. H. Sarbin: »Das Kritische und Revolutionäre bei Karl Marx. Eine Studie zur Geschichte des 19.
und 20. Jahrhunderts«, in: Studium Generale 12 (1959) 430-460; ders.: »Herders Kritik am Kritizis-
mus - Recht und Unrecht«, ebd., 460-471; W. P. Krause: »Philosophische Kritik«, ebd., 523-538;
ders.: »Das historische Spektrum der philosophischen Kritik«, ebd., 539-571. Alle Texte sind wie-
derabgedruckt in M. Thiel: Gesammelte Abhandlungen, 95-137 u. 138-151 bzw. 152-170 u. 171-211.
131 K. H. Sarbin: »Das Kritische und Revolutionäre bei Karl Marx«, 434.
 
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