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Jaspers, Karl; Fonfara, Dirk [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 3, Band 8,1): Ausgewählte Verlags- und Übersetzerkorrespondenzen — Basel: Schwabe Verlag, 2018

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https://doi.org/10.11588/diglit.69893#0054
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Einleitung des Herausgebers

LIII

ausgesprochen, was ohnehin offensichtlich war, und Gadamer nahm das zum Anlass,
nun seinerseits zu reagieren. Er schrieb an den Verlag und beschwerte sich, im Studium
Generale »Gegenstand eines abscheulichen und obendrein anonymen persönlichen
Angriffs durch den Schriftleiter Dr. Thiel« geworden zu sein; dabei handle es sich kei-
neswegs um eine wissenschaftliche Kontroverse, sondern »um eine mit persoenlichen
Verleumdungen gespickte Privatrache«, die er nicht auf sich beruhen lassen könne.122
Es begann die in internen Dokumenten so genannte »Thiel-Kontroverse«.123
Zunächst sah es so aus, als könnte man die Angelegenheit noch bereinigen. Mit
Mühe und Not gelang es, Thiel zur einer offiziellen Erklärung des Bedauerns zu be-
wegen, die am Schluss eines der folgenden Hefte veröffentlicht wurde: In dem fragli-
chen Artikel sei »polemisch gegen bestimmte philosophische Richtungen der Gegen-
wart Stellung genommen worden. Dabei wurden, ohne Namensnennung, einzelne
Gelehrte persönlich angegriffen. Es ist mir ein Bedürfnis, an dieser Stelle mein auf-
richtiges Bedauern über Form und Methode der Polemik auszusprechen.«124 Doch in
ebendieses Heft schmuggelte Thiel in die vom Verlag nicht mehr kontrollierten Druck-
proben eines anderen Beitrags eine Anmerkung ein, die seine persönliche Erklärung
deutlich abschwächte, wenn nicht zurücknahm. Er verwies auf die entsprechenden
Seiten des fraglichen Artikels mit den Worten »was hier vollinhaltlich und mit Nach-
druck zu wiederholen ist (die Erklärung am Heftschluß betrifft lediglich einen Forma-
lismus der Darstellung)«.125 Der Protest Gadamers ließ nicht lange auf sich warten.
Erneut wandte er sich an Springer und beschwerte sich über diese »Ungeheuerlich-
keit«, diesmal aber nicht ohne einen Seitenhieb: »Ich schliesse daraus, dass Ihr Ver-
lag nicht in der Lage ist, den Missbrauch des Schriftleiteramtes durch Herrn Dr. Thiel

122 H.-G. Gadamer an F. Springer, 12. Mai 1954, Durchschlag, DLA, A: Gadamer.
123 In der Forschung, sowohl in der verlagsgeschichtlichen als auch in der philosophiegeschichtli-
chen, ist diese Kontroverse bisher nicht behandelt worden. Jean Grondin erwähnt zwar Thiels
Polemik gegen Gadamer in einer Anmerkung, lässt aber die Beiträge im Studium Generale un-
berücksichtigt. Sein Fokus liegt auf Thiels Verriss von Gadamers Wahrheit und Methode (vgl.
M. Thiel: »Soziologische Anachronismen in der Philosophie«, in: K. G. Specht u.a. (Hg.): Stu-
dium sociale. Ergebnisse sozialwissenschaftlicher Forschung der Gegenwart, Köln und Opladen 1963,
223-266, bes. 236 u. 265), der »von Gadamer und in der ganzen Diskussion um WM mit Schwei-
gen honoriert wurde. Der Autor spart nicht mit Vergleichen mit Goebbels« und stelle fest, dass
»>die >Entstalinisierung< [...] der philosophischen Katheder noch nicht durchgeführt<« sei (vgl.
J. Grondin: Hans-Georg Gadamer. Eine Biographie, Tübingen 22oi3,335-336, Anm. 32).
124 M. Thiel: »Erklärung«, in: Studium Generale 7 (1954) 320. - Thiel hielt diese Vereinbarung für eine
Zwangsmaßnahme, zu deren Unterzeichnung ihm Jaspers aber zuriet: »für Sie zwar nicht vor-
teilhaft, aber vielleicht auch eine Busse für Zügellosigkeit« (K. Jaspers an M. Thiel, 21. Mai 1954,
Durchschlag, DLA, A: Jaspers).
125 M. Thiel: »Die Technik und die reine Kunst«, in: Studium Generale 7 (1954) 241-285, hier: 283,
Anm. 68a. - Vgl. auch H. Götze an K. Jaspers, 26. Juli 1954, in diesem Band, S. 387.
 
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