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Jaspers, Karl; Fonfara, Dirk [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 3, Band 8,1): Ausgewählte Verlags- und Übersetzerkorrespondenzen — Basel: Schwabe Verlag, 2018

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https://doi.org/10.11588/diglit.69893#0663
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Karl Jaspers - Pierre Boudot (1959)

564 Pierre Boudot an Karl Jaspers
Manuskript; DLA, A: Jaspers

Aflou, den io. Mai [1959]
Sehr verehrter Herr Professor Jaspers,
Sehr oft habe ich schon an Sie gedacht. Ich bin - das hatte ich Ihnen geschrieben -
in den algerischen Krieg gezogen worden.1290 Die Gegend, wo ich stehe, ist aber ziem-
lich ruhig. Wir fahren trotzdem öfter in den sogenannten »Djebel«, wo die »Fellag-
has« leben und kämpfen.1291
Taktisch verschwinden sie jetzt jedesmal vor uns, so daß wir jedesmal - wenn wir
mit vielen Waffen, Kanonen und Soldaten austreten - eine ökonomische Niederlage3
bekommen. Das ist der sogenannte Revolutionärkrieg.
Zwischen uns und den Fellaghas steht die Bevölkerung. Sie bezahlt Steuern den
beiden, und die Kinder fliehen vor uns.
Dieser wirkliche Krieg ist nach zwei Grundlinien gerichtet: einerseits lehren, ande-
rerseits umbringen. Was mich betrifft, bin ich natürlich sehr oft verblüfft; zunächst
bin ich verantwortlich für eine Kanone geworden; meine kriegerische Rolle besteht
darin, daß ich auf einem Berge auf die fliehenden Fellaghas warte. Bis jetzt habe ich
glücklicherweise keine Gelegenheit gehabt, mit dieser Kanone auf Menschen schie-
ßen zu lassen (einmal habe ich trotzdem den Befehl bekommen).
Trotzdem habe ich die »Philosophische Autobiographie« übersetzt, meistens im
Laufe der Nächte, wo ich wachen mußte. Ich habe es besonders versucht, den Rhyth-
mus und die Schönheit der Sprache und zugleich deren Einheit aufzubewahren.
Heute schicke ich das französische Manuskript an Gabriel Marcel, der für es bei
dem Plon-Verlag Sorge tragenb wird, und an Helene Naef, die es auf sich nimmt0, das
Manuskript nochmal wiederzulesen.1292
Gabriel Marcel hat mich befragt, ob Ihr Verlag mit der Übersetzung einverstanden
sei.1293 Ich habe [mit] ja der Frage geantwortet; ich habe ihm geschrieben, Frau Pro-

a statt Niederlage im Manuskript Niederschlage
b statt Sorge tragen im Manuskript besorgen
c statt auf sich nimmt im Manuskript annimmt
 
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