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Jaspers, Karl; Fonfara, Dirk [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 3, Band 8,1): Ausgewählte Verlags- und Übersetzerkorrespondenzen — Basel: Schwabe Verlag, 2018

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https://doi.org/10.11588/diglit.69893#0091
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Einleitung des Herausgebers

Französische übersetzte,320 und Jeanne Hersch zu Differenzen. Frustriert wandte sie
sich an Jaspers: »Jeanne Hersch ist überzeugt, dass sie allein fähig sei, Sie zu überset-
zen. Es ist gut, von der Vortrefflichkeit seiner eigenen Arbeit überzeugt zu sein - ich
bin es auch, wenn ich ins Deutsche übersetze. Und doch ist gerade bei Übersetzun-
gen alles relativ.«321 Gleichwohl redete Soupault keinem Relativismus das Wort. Ihr
Brief sticht insofern aus der Übersetzerkorrespondenz heraus, als er wie nur wenige
andere die grundsätzliche Problematik des Übersetzens anspricht. Jeanne Herschs
Art zu übersetzen bestehe darin, »den Gedanken gewissermassen bloss zu legen und
ihn in der fremden Sprache ganz neu zu formulieren«, was durchaus angebracht sein
könne, aber nicht in jedem Fall müsse. An Jaspers gerichtet fuhr Soupault fort: »Sie ha-
ben aber einen Stil, der von dem Gedanken nicht zu trennen ist, und darum glaube
ich, dass immer etwas Gewisses, was sehr wesentlich ist, bei der Übersetzung verloren
gehen muss. Es wird von Ihnen kaum je eine wirklich gute Übersetzung ins Franzö-
sische geben - nur mehr oder weniger schlechte.«322 Bei Jaspers konnte sie dabei auf
Verständnis hoffen, denn über die französische Übersetzung seines Descartes hatte er
1937 geschrieben: »Der Übersetzer hat sich sehr grosse Mühe gegeben. Das Resultat ist
aber unvermeidlich nur halb befriedigend. Mein Denken passt schlecht zur französi-
schen Sprache. Die Stimmung ist heraus.«323
Vor allem das Urteil Hannah Arendts galt Jaspers als ultima ratio. Hochgeschätzt
und gefürchtet zugleich war ihr hoher Anspruch an eine Übersetzung, dem nur E. B.
Ashton und Ralph Manheim genügen konnten.324 Jaspers schloss sich stets ohne wei-
teres Arendts Urteil an. Entscheidend war, dass Ashton und Manheim keine wortwört-
lichen Wiedergaben vornahmen, sondern in erster Linie um eine möglichst adäquate
Erhaltung des Gedankens rangen.325
Mit dem in den USA lebenden Ashton pflegte Jaspers in den 1960er Jahren nicht
nur einen regen Gedankenaustausch über den aktuellen Stand, ggf. auch über Schwie-

320 K. Jaspers: La bombe atomique et l'avenir de l'homme, übers, v. R. Soupault, Paris 1958.
321 R. Soupault an K. Jaspers, 21. Februar 1958, in diesem Band, S. 611.
322 Ebd.
323 K. Jaspers an die Eltern, 26. März 1937, DLA, A: Jaspers.
324 Zu Manheims und Ashtons Jaspers-Übersetzungen äußert sich kritisch C. Wallraff: »Jaspers in
English: a Failure of Communication«, in: Philosophy and Phenomenological Research 37 (1977)
537-548, hier: 538-541 bzw. 541-548.
325 Die Kritik Wallraffs (siehe vorige Anm.) an den scheinbar allzu willkürlichen oder unvorsich-
tigen bzw. missverständlichen englischen Übersetzungen Ashtons und Manheims und die zu-
grunde gelegte These einer daraus resultierenden unzureichendenJaspers-Rezeption im angel-
sächsischen Sprachraum müssen somit vor diesem Hintergrund betrachtet werden. Suzanne
Kirkbright nimmt in ihrem Artikel einige Beispiele der Kritik Wallraffs auf, verweist aber zu
Recht grundsätzlich auf die Problematik von Übersetzungen. Vgl. S. Kirkbright: »Honoring the
Messenger«, in: H. Wautischer u.a. (Hg.): PhilosophicalFaith and the Future ofHumanity, Dordrecht
u.a. 2012, 65-74.
 
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