Einleitung des Herausgebers
LXXXIX
Übersetzung verzichtet. »Eine schlechte Übersetzung ist schlimmer als gar keine«,316
lautete die Devise nun. In früheren Jahren hatten seine übersetzten Werke oft wenig
Impulse ausgestrahlt, da sie missverständlich oder gar unlesbar waren, wie Jaspers
etwa über die früh erschienene französische Übersetzung seiner Allgemeinen Psycho-
pathologiebemerkte.317 Analog habe auch die unzureichende Übertragung seiner Geis-
tigen Situation der Zeit ins Englische dazu geführt, dass sie weder in England noch in
Amerika verstanden worden sei.318
So wich das anfängliche Interesse an einem möglichst baldigen Zustandekom-
men einer Übersetzung allmählich der Aufmerksamkeit für deren Qualität und, da-
durch bedingt, der Suche eines passenden Übersetzers. Da Jaspers dafür das erforderli-
che Sprachgefühl fehlte, wie er häufig betonte, fand er Unterstützung bei ehemaligen
Schülerinnen, die neben der Sprachkompetenz vor allem auch mit seiner Philosophie
bestens vertraut waren: im angelsächsischen Sprachraum Hannah Arendt, für Frank-
reich Jeanne Hersch und Helene Naef.319 In der Regel verlief die Prüfung eines vom
Verlag vorgeschlagenen Übersetzers auf sprachliche und fachliche Eignung so, dass
Jaspers um die Übersetzung einiger Probeseiten, meist gerade solcher von hohem phi-
losophischem Anspruch, bat, die dann von den genannten Vertrauenspersonen be-
gutachtet wurden. Dabei kam es gelegentlich zu Auseinandersetzungen. Gerade die-
jenigen Übersetzer, die sich gewissenhaft bemühten, denjaspers’schen Gedanken in
der fremden Sprache zu erhalten, wandten sich dann an Jaspers, wenn sie mit einer
der Personen seines Vertrauens im Hinblick auf die Übersetzung uneins waren. So
etwa kam es zwischen Re Soupault, einer gebürtigen Deutschen, die mit ihrem Mann
Philippe Soupault den Vortrag »Die Atombombe und die Zukunft des Menschen« ins
316 K. Jaspers an H. Regnery, 6. Februar 1962, in diesem Band, S. 239. - In diesem Sinn hat sich Jas-
pers mehrfach geäußert: »Ich würde eine Übersetzung [...] erst ernstlich erwägen, wenn ein zu-
verlässiger und bewährter Übersetzer bereit ist. In einem solchen Fall müsste man zugreifen.«
(K. Jaspers an K. Piper, 27. Januar 1948, DLA, A: Piper) Oder: »Wenn die Übersetzung nicht wirk-
lich gut ist, so ist sie für den Autor abträglich und für den Verlag kein Erfolg.« (K. Jaspers an C.
Barreto, Verlag Arcadia, 24. Juli 1963, Durchschlag, DLA, A: Jaspers).
317 »Ich habe mit der Übersetzung meiner »Allgemeinen Psychopathologie< in das Französische
schlimme Erfahrungen gemacht. Sie ist für Franzosen fast unleserlich.« (K. Jaspers an M. Fors-
tetter, 12. Oktober 1949, in diesem Band, S. 550).
318 »Immer wurde mir von Amerikanern wie von Engländern geklagt, wie schlecht, z.T. irrefüh-
rend, diese Übersetzung sei. Da es für einen Autor besser ist, gar nicht als schlecht übersetzt zu
sein, scheint es mir [...] ein zu billigender Wunsch, dass er über die Persönlichkeit und Quali-
tät des Übersetzers vor Vertragsabschluss unterrichtet wird.« (K. Jaspers an H. Read, 13. Oktober
1961, ebd., 259).
319 Über Naefs Übersetzung des Strindberg und van Gogh sagte Jaspers, sie sei »ungemein sorgfältig«
ausgeführt. »Es ist, wie mir scheint, besser als das Original geworden durch die Genauigkeit der
Angaben.« (K. Jaspers an H. Naef, 20. November 1953, ebd., 583).
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Übersetzung verzichtet. »Eine schlechte Übersetzung ist schlimmer als gar keine«,316
lautete die Devise nun. In früheren Jahren hatten seine übersetzten Werke oft wenig
Impulse ausgestrahlt, da sie missverständlich oder gar unlesbar waren, wie Jaspers
etwa über die früh erschienene französische Übersetzung seiner Allgemeinen Psycho-
pathologiebemerkte.317 Analog habe auch die unzureichende Übertragung seiner Geis-
tigen Situation der Zeit ins Englische dazu geführt, dass sie weder in England noch in
Amerika verstanden worden sei.318
So wich das anfängliche Interesse an einem möglichst baldigen Zustandekom-
men einer Übersetzung allmählich der Aufmerksamkeit für deren Qualität und, da-
durch bedingt, der Suche eines passenden Übersetzers. Da Jaspers dafür das erforderli-
che Sprachgefühl fehlte, wie er häufig betonte, fand er Unterstützung bei ehemaligen
Schülerinnen, die neben der Sprachkompetenz vor allem auch mit seiner Philosophie
bestens vertraut waren: im angelsächsischen Sprachraum Hannah Arendt, für Frank-
reich Jeanne Hersch und Helene Naef.319 In der Regel verlief die Prüfung eines vom
Verlag vorgeschlagenen Übersetzers auf sprachliche und fachliche Eignung so, dass
Jaspers um die Übersetzung einiger Probeseiten, meist gerade solcher von hohem phi-
losophischem Anspruch, bat, die dann von den genannten Vertrauenspersonen be-
gutachtet wurden. Dabei kam es gelegentlich zu Auseinandersetzungen. Gerade die-
jenigen Übersetzer, die sich gewissenhaft bemühten, denjaspers’schen Gedanken in
der fremden Sprache zu erhalten, wandten sich dann an Jaspers, wenn sie mit einer
der Personen seines Vertrauens im Hinblick auf die Übersetzung uneins waren. So
etwa kam es zwischen Re Soupault, einer gebürtigen Deutschen, die mit ihrem Mann
Philippe Soupault den Vortrag »Die Atombombe und die Zukunft des Menschen« ins
316 K. Jaspers an H. Regnery, 6. Februar 1962, in diesem Band, S. 239. - In diesem Sinn hat sich Jas-
pers mehrfach geäußert: »Ich würde eine Übersetzung [...] erst ernstlich erwägen, wenn ein zu-
verlässiger und bewährter Übersetzer bereit ist. In einem solchen Fall müsste man zugreifen.«
(K. Jaspers an K. Piper, 27. Januar 1948, DLA, A: Piper) Oder: »Wenn die Übersetzung nicht wirk-
lich gut ist, so ist sie für den Autor abträglich und für den Verlag kein Erfolg.« (K. Jaspers an C.
Barreto, Verlag Arcadia, 24. Juli 1963, Durchschlag, DLA, A: Jaspers).
317 »Ich habe mit der Übersetzung meiner »Allgemeinen Psychopathologie< in das Französische
schlimme Erfahrungen gemacht. Sie ist für Franzosen fast unleserlich.« (K. Jaspers an M. Fors-
tetter, 12. Oktober 1949, in diesem Band, S. 550).
318 »Immer wurde mir von Amerikanern wie von Engländern geklagt, wie schlecht, z.T. irrefüh-
rend, diese Übersetzung sei. Da es für einen Autor besser ist, gar nicht als schlecht übersetzt zu
sein, scheint es mir [...] ein zu billigender Wunsch, dass er über die Persönlichkeit und Quali-
tät des Übersetzers vor Vertragsabschluss unterrichtet wird.« (K. Jaspers an H. Read, 13. Oktober
1961, ebd., 259).
319 Über Naefs Übersetzung des Strindberg und van Gogh sagte Jaspers, sie sei »ungemein sorgfältig«
ausgeführt. »Es ist, wie mir scheint, besser als das Original geworden durch die Genauigkeit der
Angaben.« (K. Jaspers an H. Naef, 20. November 1953, ebd., 583).