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Jaspers, Karl; Fonfara, Dirk [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 3, Band 8,1): Ausgewählte Verlags- und Übersetzerkorrespondenzen — Basel: Schwabe Verlag, 2018

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https://doi.org/10.11588/diglit.69893#0311
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Karl Jaspers - Harper & Row

beziehen sich diese Fälschungen auf bestimmte Dinge und Personen. Deswegen sind,
solange keine anderen Ausgaben da sind, die der Schwester Nietzsches immer noch
die wichtigen, bisher nicht ersetzten und ungemein reichen Drucke.
Ein Kenner der Manuskripte ist Professor Podach (Adresse: 69 Heidelberg, Zeppe-
linstr. 6, Bundesrepublik Deutschland). Er hat auch in den letzten Jahren in der Ost-
zone im Nietzsche-Archiv gearbeitet und rühmt, wie uneingeschränkt und freund-
lich ihm alles zugänglich gemacht wurde. Er hat die letzten Schriften (Antichrist und
Ecce homo) nach den Handschriften ediert und gezeigt, wie die Ausgabe der Schwes-
ter abgerundet wurde. Die Züge von Krankheit und Unordnung sind verwischt. Das
ist zwar interessant, aber sachlich scheint mir das so geringfügig, dass ich die alten
Texte, die man nicht als Fälschung bezeichnen kann, immer noch vorziehe. Aller-
dings gibt es »Verbesserungen« seitens der Schwester, die leicht korrigiert werden kön-
nen, so die von Hofmiller aufgedeckten: im »Antichrist« hatte Nietzsche Jesus einen
Idioten genannt - gemeint im Sinne Dostojewskis -, die Schwester hatte das in Rück-
sicht auf die damalige bürgerliche, christliche Öffentlichkeit gestrichen.387
Schlechta und Podach sind befangene Berater, weil sie Nietzsche als Philosophen
völlig verwerfen.388 Sie stehen ihm philosophisch verständnislos gegenüber. Von Emge
weiss ich eigentlich nichts, äusser dem Faktum seiner Herausgebertätigkeit.389
Meine persönliche Meinung wäre diese: Wenn geplant wird, auf die Dauer eine
vollständige Ausgabe der Nietzsche-Texte im Englischen zu gewinnen - ein gewalti-
ges Werk, das für jeden Nietzsche-Kenner aber als grundsätzlich gefordert erscheinen
muss -, so würde ich bei der gegenwärtigen Lage des Ganzen zugrunde legen die alte
Grossoktavausgabe (identisch mit der Kleinoktavausgabe) der Schwester Nietzsches.
Diese würde ich ergänzen durch eine Reihe von Bänden der Jugendschriften, die in
der neuen deutschen Nietzsche-Ausgabe enthalten sind. Ob dafür ein Copyright be-
steht, weiss ich nicht. Die Briefe bedürfen einer besonderen Behandlung.
Die von Nietzsche selbst veröffentlichten Schriften sind nach der Ausgabe der
Schwester ohne Bedenken zu übersetzen. Diese werden in der Tat auch immer abge-
druckt. Die kleinen Korrekturen, von denen ich sprach, sollte man anbringen.
Die letzte deutsche Ausgabe von Schlechta in drei Bänden Dünndruck legt in zwei
Bänden, wie alle andern, die alten Drucke zugrunde. Der dritte Band bringt den Nach-
lass in einer eigenen Auswahl.390 Diese halte ich für sehr schlecht.
Die Bände 9-14 der Schwester-Ausgabe enthalten ungemein wichtige Nachlassdo-
kumente, z.B. über die »Ewige Wiederkehr« und viel[es] andere.391 Sie werden in den
Neuausgaben viel zu sehr ignoriert. Sie sind bisher durch keine andere Ausgabe auch
nur entfernt ersetzt.
Die ganze Sache setzt bei den besonderen Überlegungen voraus, dass über den Ge-
samtplan ein Entschluss gefasst ist: der ganze Nietzsche oder eine wenn auch noch so
reiche blosse Auswahl. Das letztere würde ich sachlich beklagen. Vielleicht könnte der
 
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