Karl Jaspers - Philipp Kohnstamm (1950)
596 Philipp Kohnstamm an Karl Jaspers
Manuskript; DLA, A: Jaspers, auf Briefpapier des Nederlands Gesprek Centrum, Rotterdam
Ermelo (Holland) 26 September 1950
De Schapendrift
Hochverehrter Herr Kollege!
Herr Lefebvre vom Verlag Tjeenk Willink schrieb mir vor zirka 14 Tagen, dass er einige
Exemplare der Übersetzung Ihres Buches an Sie abgeschickt habe.1371 Ich weiss nicht,
ob Ihr kurzer Aufenthalt in Holland und Ihr Interesse für holländische Arbeiten es
Ihnen ermöglicht, die Übersetzung und speziell meine kurze einleitende Vorrede zu
verstehen. Sollte das nicht der Fall sein, dann schicke ich Ihnen gern eine Überset-
zung der Vorrede ins Deutsche. Denn es wäre mir sehr lieb, zu erfahren, ob Sie einver-
standen sind mit meinen Bemerkungen auf S. 2 und 3. Falls Sie holländisch verstehen,
schicke ich Ihnen auch gerne einen etwas längeren Aufsatz, den ich in unserer Zeit-
schrift Wending Ihrem Buche widmete.1372
Ich habe aber dasselbe Thema berührt in einem Aufsatz in deutscher Sprache über
Existenzialismus, Personalismus und christlicher Glaube in der Festschrift zum 6oten
Geburtstage von Emil Brunner.1373 Ich hatte gehofft, Ihnen einen Separatabzug zuge-
hen zu lassen. Wie Sie aber aus der Zuschrift des Zwingli-Verlags, die ich beilege, er-
sehen werden, hat man den Schriftsatz abgelegt, ohne Separata anzufertigen. Soll-
ten Sie das Buch noch nicht besitzen, so bitte ich Sie, auf Grund dieser Zuschrift vom
Zwingli-Verlag ein Exemplar zu beziehen.
Denn es würde mich sehr freuen zu erfahren, wie Sie zu diesem Aufsatz stehen,
speziell zu den Fragen, die ich aufwerfe über den Gebrauch der Worte Gott, Gottheit,
Transzendenz (S. 114-116), über die »Notwendigkeit« christlicher Intoleranz (S. 117)
und über die Frage auf S. 118, ob der Existenzialist vom Christen wohl Auskunft fordern
kann, wie ihm die Bedeutung der Worte Transzendenz und Gott aufgegangen ist.1374
Und hieran knüpft sich noch eine weitere Frage, die zutage getreten ist in ei-
ner Gesprächsgruppe des »Niederländischen Gesprächs-Zentrum«, auf dessen
Papier ich dieses schreibe. In diesem »Zentrum« bilden wir Arbeitsgruppen, in
denen immer mindestens drei weltanschauliche Überzeugungen: Katholisches und
Reformatorisches Christentum und Transzendenz-Glaube (wenn ich der Kürze halber
diese Andeutung gebrauchen darf) vertreten sind. Wir bezwecken damit, einander
596 Philipp Kohnstamm an Karl Jaspers
Manuskript; DLA, A: Jaspers, auf Briefpapier des Nederlands Gesprek Centrum, Rotterdam
Ermelo (Holland) 26 September 1950
De Schapendrift
Hochverehrter Herr Kollege!
Herr Lefebvre vom Verlag Tjeenk Willink schrieb mir vor zirka 14 Tagen, dass er einige
Exemplare der Übersetzung Ihres Buches an Sie abgeschickt habe.1371 Ich weiss nicht,
ob Ihr kurzer Aufenthalt in Holland und Ihr Interesse für holländische Arbeiten es
Ihnen ermöglicht, die Übersetzung und speziell meine kurze einleitende Vorrede zu
verstehen. Sollte das nicht der Fall sein, dann schicke ich Ihnen gern eine Überset-
zung der Vorrede ins Deutsche. Denn es wäre mir sehr lieb, zu erfahren, ob Sie einver-
standen sind mit meinen Bemerkungen auf S. 2 und 3. Falls Sie holländisch verstehen,
schicke ich Ihnen auch gerne einen etwas längeren Aufsatz, den ich in unserer Zeit-
schrift Wending Ihrem Buche widmete.1372
Ich habe aber dasselbe Thema berührt in einem Aufsatz in deutscher Sprache über
Existenzialismus, Personalismus und christlicher Glaube in der Festschrift zum 6oten
Geburtstage von Emil Brunner.1373 Ich hatte gehofft, Ihnen einen Separatabzug zuge-
hen zu lassen. Wie Sie aber aus der Zuschrift des Zwingli-Verlags, die ich beilege, er-
sehen werden, hat man den Schriftsatz abgelegt, ohne Separata anzufertigen. Soll-
ten Sie das Buch noch nicht besitzen, so bitte ich Sie, auf Grund dieser Zuschrift vom
Zwingli-Verlag ein Exemplar zu beziehen.
Denn es würde mich sehr freuen zu erfahren, wie Sie zu diesem Aufsatz stehen,
speziell zu den Fragen, die ich aufwerfe über den Gebrauch der Worte Gott, Gottheit,
Transzendenz (S. 114-116), über die »Notwendigkeit« christlicher Intoleranz (S. 117)
und über die Frage auf S. 118, ob der Existenzialist vom Christen wohl Auskunft fordern
kann, wie ihm die Bedeutung der Worte Transzendenz und Gott aufgegangen ist.1374
Und hieran knüpft sich noch eine weitere Frage, die zutage getreten ist in ei-
ner Gesprächsgruppe des »Niederländischen Gesprächs-Zentrum«, auf dessen
Papier ich dieses schreibe. In diesem »Zentrum« bilden wir Arbeitsgruppen, in
denen immer mindestens drei weltanschauliche Überzeugungen: Katholisches und
Reformatorisches Christentum und Transzendenz-Glaube (wenn ich der Kürze halber
diese Andeutung gebrauchen darf) vertreten sind. Wir bezwecken damit, einander