Karl Jaspers - Philipp Kohnstamm
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besser verstehen zu lernen, die vielen Missverständnisse zu überwinden und zu einer
positiven Zusammenarbeit an den grossen Kulturfragen unserer Zeit zu kommen, ge-
rade auf Grund des entstandenen Vertrauens, wenn auch die Glaubensgrundlage ver-
schieden bleibt, d.h. also Kommunikationsbereitschaft zu bestätigen als Entschluss
zu einem [»] Weg im Menschsein« (S. 135),1375 auch wenn die Glaubensgrundlage nicht
die gleiche ist.
Eine dieser Arbeitsgruppen hat sich nun dem Studium Ihres Buches gewidmet1*
und dabei sind zwei Auffassungen zutage getreten.
Einerseits meinte man, dass der Titel Ihres Buches nicht andeuten will, dass aus-
schliesslich auf der Grundlage des Glaubens an unpersönliche Transzendenz Philoso-
phieren möglich ist, sondern dass auch andere existenzielle Entscheidungen, etwa die
der Begegnung mit Jesus Christus oder die des Entschlusses zum Eintritt in die katho-
lische Kirche, Grundlage philosophischen Denkens sein können3. Dass also »christli-
che Philosophie« möglich ist und etwa Etienne Gilson oder Kierkegaard nicht zu Un-
recht Philosophen genannt wurden. Dies also im Sinne dessen, was ich auf S. m-112
der Festschrift über existenzielle Entscheidung als axiomatische Grundlage verschie-
dener philosophischer Gedankengefüge sage.
Andererseits meinte man, dass Sie mit dem Titel behaupten wollen, dass Philoso-
phie ausschliesslich auf der Glaubensgrundlage, die Sie formulieren, möglich ist, dass
also inhaltlich Philosophie und diese Glaubensgrundlage identisch sind und Philoso-
phieren ein Akt ist, der mit dem Bekenntnis zu diesem Glauben unverbrüchlich ver-
bunden bleibt. Meinerseits hielt ich das Letztere auf Grund der Seiten 73 und 74 Ihres
Buches über den Ausschliesslichkeitsanspruch nicht für wohl möglich.
Ich hoffe dabei nicht unbescheiden zu sein, wenn ich Sie im Namen dieser Ar-
beitsgruppe bitte, mir kurz zu berichten, wie Sie sich zu diesen Auffassungen stellen.
Mit freundlichem Gruss
Ihr sehr ergebener
Ph. Kohnstamm
T> Andere arbeiten, resp. haben gearbeitet, an den Themen Toleranz, Demokratie, Ehe
und Familie, Arbeit und Eigentum, Volkserziehung, Parlamentarismus und politi-
sche Partei, Ideale der Erziehung, Der »neutrale« Staat, Zentralisation und Dezen-
tralisation in staatlicher, wirtschaftlicher und kultureller Beziehung. Andere The-
men werden weiterhin in Angriff genommen werden.
a statt können im Manuskript kann
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besser verstehen zu lernen, die vielen Missverständnisse zu überwinden und zu einer
positiven Zusammenarbeit an den grossen Kulturfragen unserer Zeit zu kommen, ge-
rade auf Grund des entstandenen Vertrauens, wenn auch die Glaubensgrundlage ver-
schieden bleibt, d.h. also Kommunikationsbereitschaft zu bestätigen als Entschluss
zu einem [»] Weg im Menschsein« (S. 135),1375 auch wenn die Glaubensgrundlage nicht
die gleiche ist.
Eine dieser Arbeitsgruppen hat sich nun dem Studium Ihres Buches gewidmet1*
und dabei sind zwei Auffassungen zutage getreten.
Einerseits meinte man, dass der Titel Ihres Buches nicht andeuten will, dass aus-
schliesslich auf der Grundlage des Glaubens an unpersönliche Transzendenz Philoso-
phieren möglich ist, sondern dass auch andere existenzielle Entscheidungen, etwa die
der Begegnung mit Jesus Christus oder die des Entschlusses zum Eintritt in die katho-
lische Kirche, Grundlage philosophischen Denkens sein können3. Dass also »christli-
che Philosophie« möglich ist und etwa Etienne Gilson oder Kierkegaard nicht zu Un-
recht Philosophen genannt wurden. Dies also im Sinne dessen, was ich auf S. m-112
der Festschrift über existenzielle Entscheidung als axiomatische Grundlage verschie-
dener philosophischer Gedankengefüge sage.
Andererseits meinte man, dass Sie mit dem Titel behaupten wollen, dass Philoso-
phie ausschliesslich auf der Glaubensgrundlage, die Sie formulieren, möglich ist, dass
also inhaltlich Philosophie und diese Glaubensgrundlage identisch sind und Philoso-
phieren ein Akt ist, der mit dem Bekenntnis zu diesem Glauben unverbrüchlich ver-
bunden bleibt. Meinerseits hielt ich das Letztere auf Grund der Seiten 73 und 74 Ihres
Buches über den Ausschliesslichkeitsanspruch nicht für wohl möglich.
Ich hoffe dabei nicht unbescheiden zu sein, wenn ich Sie im Namen dieser Ar-
beitsgruppe bitte, mir kurz zu berichten, wie Sie sich zu diesen Auffassungen stellen.
Mit freundlichem Gruss
Ihr sehr ergebener
Ph. Kohnstamm
T> Andere arbeiten, resp. haben gearbeitet, an den Themen Toleranz, Demokratie, Ehe
und Familie, Arbeit und Eigentum, Volkserziehung, Parlamentarismus und politi-
sche Partei, Ideale der Erziehung, Der »neutrale« Staat, Zentralisation und Dezen-
tralisation in staatlicher, wirtschaftlicher und kultureller Beziehung. Andere The-
men werden weiterhin in Angriff genommen werden.
a statt können im Manuskript kann