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Karl Jaspers - Philipp Kohnstamm
5P7 Karl Jaspers an Philipp Kohnstamm
Typoskript; Durchschlag: DLA, A: Jaspers
Basel, den io. Okt. 1950
Sehr verehrter Herr Kollege,
ich danke Ihnen herzlich, dass Sie die Übersetzung meines Buches mit Ihrer freund-
lichen und verständnisvollen Vorrede versehen haben. Die holländische Sprache lese
ich sehr schwer, aber diese kurze Vorrede habe ich verstanden.
Ihren Aufsatz in der Festschrift Brunner würde ich gerne lesen, falls Sie mir ein Ex-
emplar vom Verlag zugehen lassen. Zu dem Zwecke lege ich den Züricher Brief wieder
bei. Ich selbst zögere, mich meinerseits dorthin zu wenden.
Was die Möglichkeit christlicher Philosophie angeht, so haben Sie mich richtig
verstanden. Wie könnte ich andern Möglichkeiten verwehren, sich zu verwirklichen.
Das Wort Philosophie hat zwar beim christlich Gläubigen einen andern Sinn, ist aber
durch Jahrhunderte diesem Denken zugehörig wie dem andern, das auf keiner Of-
fenbarungsgrundlage steht. In der christlichen Philosophie hat es wohl keinen Sinn,
von einem philosophischen Glauben zu sprechen, während umgekehrt der Versuch
eines solchen Glaubens vom Offenbarungsgläubigen abgelehnt wird. Hier soll man
aber nicht in terminologische Schwierigkeiten kommen, die unnötig sind. Wenn es
einen philosophischen Glauben gibt, so hat dieser jedenfalls keinen Ausschliesslich-
keitsanspruch. Mir scheint, dass der Philosoph die Offenbarungsreligion stets ernst
nehmen muss.
Mit den besten Grüssen
Ihr sehr ergebener
Karl Jaspers - Philipp Kohnstamm
5P7 Karl Jaspers an Philipp Kohnstamm
Typoskript; Durchschlag: DLA, A: Jaspers
Basel, den io. Okt. 1950
Sehr verehrter Herr Kollege,
ich danke Ihnen herzlich, dass Sie die Übersetzung meines Buches mit Ihrer freund-
lichen und verständnisvollen Vorrede versehen haben. Die holländische Sprache lese
ich sehr schwer, aber diese kurze Vorrede habe ich verstanden.
Ihren Aufsatz in der Festschrift Brunner würde ich gerne lesen, falls Sie mir ein Ex-
emplar vom Verlag zugehen lassen. Zu dem Zwecke lege ich den Züricher Brief wieder
bei. Ich selbst zögere, mich meinerseits dorthin zu wenden.
Was die Möglichkeit christlicher Philosophie angeht, so haben Sie mich richtig
verstanden. Wie könnte ich andern Möglichkeiten verwehren, sich zu verwirklichen.
Das Wort Philosophie hat zwar beim christlich Gläubigen einen andern Sinn, ist aber
durch Jahrhunderte diesem Denken zugehörig wie dem andern, das auf keiner Of-
fenbarungsgrundlage steht. In der christlichen Philosophie hat es wohl keinen Sinn,
von einem philosophischen Glauben zu sprechen, während umgekehrt der Versuch
eines solchen Glaubens vom Offenbarungsgläubigen abgelehnt wird. Hier soll man
aber nicht in terminologische Schwierigkeiten kommen, die unnötig sind. Wenn es
einen philosophischen Glauben gibt, so hat dieser jedenfalls keinen Ausschliesslich-
keitsanspruch. Mir scheint, dass der Philosoph die Offenbarungsreligion stets ernst
nehmen muss.
Mit den besten Grüssen
Ihr sehr ergebener