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Jaspers, Karl; Piper, Klaus; Fonfara, Dirk [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 3, Band 8,2): Ausgewählte Korrespondenzen mit dem Piper Verlag und Klaus Piper 1942-1968 — Basel: Schwabe Verlag, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.71782#0204
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Karl Jaspers - Piper Verlag (1949)

103

Der Chef des Studio ist ein ungemein vernünftiger und geistig interessierter Mann.291
So konnte ich leider, obgleich ich zunächst einen Augenblick daran gedacht hatte,
diese kleine Sache Ihnen nicht anbieten. Eine doppelte Publikation wäre bei solcher
Kleinigkeit wohl ungemäss und ist für die Zukunft überhaupt kaum fortzusetzen. Ich
denke und hoffe, dass Sie für die Entwicklung dieser Sache Verständnis und Billigung
haben. Für alle Fälle steht in meinem Vertrag mit dem Artemis-Verlag:
»Sollte der Absatz des Buches in Deutschland wesentlich erschwert sein im Ver-
gleich zu einem in Deutschland erschienenen Buche, so erhält der Autor das Recht
zu einer Parallelausgabe nur für Deutschland in einem deutschen Verlag. Der Verlag
darf dann in diesem Falle das Buch in Deutschland nicht mehr zum Verkauf bringen,
während der deutsche Verlag nicht das Recht hat, es ausserhalb Deutschlands zu ver-
kaufen.«292
Was Deutschland betrifft, so sprechen Sie, wie mir scheint, einen entscheidenden
Punkt aus. Deutsche können, wenn sie den aus ihrer Überlieferung möglichen geisti-
gen Rang von neuem in Leben, Ethos und Werken verwirklichen wollen, nur in Ver-
bindung mit der Heimat ihr Ziel erreichen, und diese Heimat kann nur mit den Deut-
schen des Erdballs gemeinsam weltbürgerlich werden. Noch sind die auf der Welt
zerstreuten Deutschen in der Mehrzahl nationalistisch im Sinne der Macht - in der
Gewohnheit, ein starkes Reich im Rücken zu haben. Manchmal spreche ich solche
Leute. Aber wir verlieren uns, wenn wir uns an Träume und an vergebliche Zielset-
zungen politischer Art halten. In der Welt der Mächte werden wir zum Objekt oder zu
einem schlauen, überflüssig und hoffnungslos strampelnden Subjekt. Aber wir könn-
ten eine ganz andere politische Gesinnung schaffen, wenn wir es in der Ohnmacht
wagen auf die Vernunft und das Recht und das Weltbürgertum hin, und wenn wir
dabei ein wirkliches Menschsein hinstellen, das überzeugend wirkt. Doch das ist ein
gewaltiges Thema.
In Genf war es interessant. Das Niveau war höher als vor drei Jahren. Durch Erfah-
rung hatte man gelernt. Es war mehr Ordnung und Form in der Sache. Eine grosse
öffentliche Bedeutung haben solche Treffen kaum, obgleich hier die Zeitungen einen
Augenblick davon voll sind. Der Name Genf klingt als solcher. Für mich persönlich
war es sehr ergiebig. Die Menschen zu sehen, wenn auch nur in kurzen Berührun-
gen, die Welt und die typischen Charaktere zu spüren - alles strengt sich bei solcher
Gelegenheit an, sein Bestes zu geben -, das ist für einen Menschen, der gewöhnlich
im Zimmer lebt, wertvoll. Communisten und dagegen Karl Barth und ein glänzen-
der französischer Dominikaner293 und zwischen allen, gegen alle die Philosophie, das
bringt manches zu deutlichem Bewusstsein.294
Was Sie aus Deutschland berichteten, las ich mit lebhaftestem Interesse, beson-
ders auch das Positive. Für unser eigenes Interesse bin ich mit Ihnen auf die nächsten
Monate im Buchhandel gespannt.
 
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