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Jaspers, Karl; Piper, Klaus; Fonfara, Dirk [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 3, Band 8,2): Ausgewählte Korrespondenzen mit dem Piper Verlag und Klaus Piper 1942-1968 — Basel: Schwabe Verlag, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.71782#0446
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Karl Jaspers - Piper Verlag (1959)

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fand zwar durchaus Interesse. Eine Verwirklichung aber schon in diesem Jahr wurde
als verfrüht bezeichnet und der Erfolg überhaupt als fraglich hingestellt, da die mei-
sten Leser ein umfangreiches Werk solchen geistigen Ranges sich doch als gut ausge-
stattetes, in Leinen gebundenes Buch wünschen würden. Wir behalten aber trotzdem
den Plan einer späteren verbilligten Ausgabe, also sozusagen einer Volksausgabe, im
Auge. Auch treffen wir uns dabei mit Ihrem Wunsch, daß gerade dieses Buch zu einer
denkbar großen Verbreitung kommt. Wie notwendig dies ist, wird durch die zeitpo-
litischen Ereignisse leider täglich bewiesen. Als ich den Absatz im SPD-Deutschland-
plan über die »paritätisch« zu besetzenden Kommissionen las, lief es mir eiskalt den
Rücken hinunter. Also, man darf wirklich nicht locker lassen im geistigen Kampf
gegen Illusionen und irreale Anschauungen. Soweit es an mir als Verleger liegt, will
ich jedenfalls im Guten zu wirken versuchen. So habe ich dem italienischen Bot-
schafter in der Bundesrepublik[,] Pietro Quaroni[,] vorgeschlagen, einen von ihm in
München gehaltenen ausgezeichneten Vortrag über die gegenwärtige Bedeutung der
Diplomatie mit einigen Erweiterungen als Schrift herauszubringen. Dr. Rössner und
ich besuchten Quaroni, der ein hochgebildeter Mann ist und aus seiner langjährigen
Praxis über profunde Erfahrungen verfügt. Er war übrigens Botschafter in Paris, als
dort Burckhardt politisch tätig war.1076
Ein Labsal in der Misere von »kapitulanter« Stimmung ist für mich immer wieder
die Lektüre der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung«, die ja durch Leute von der »Gegen-
wart« spürbar noch an Blut gewonnen hat, so durch Michael Freund und Benno Rei-
fenberg;1077 ausgezeichnet nahm zur gegenwärtigen deutschen Situation Prof. Franz
Böhm vor einigen Tagen in der FAZ Stellung.1078 - Vielleicht sehe ich zu schwarz, aber
ich spüre es irgendwie in den Knochen, daß Unheil in der Luft liegt; man hat doch
nicht ganz umsonst die letzten 30 Jahre miterlebt. Entschieden wird unser Schicksal
in Europa wohl letztlich dadurch, ob die Europäer die Freiheit und rechtsstaatliche
Lebensgrundlagen wirklich bewahren wollen oder nicht.
Mit herzlichen Grüßen und allen guten Wünschen für Sie beide
Ihr
Klaus Piper
 
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