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Jaspers, Karl; Piper, Klaus; Fonfara, Dirk [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 3, Band 8,2): Ausgewählte Korrespondenzen mit dem Piper Verlag und Klaus Piper 1942-1968 — Basel: Schwabe Verlag, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.71782#0609
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508 Karl jaspers - Piper Verlag (1966)

Bedeutung. Als deutscher Verleger beglückwünsche ich mich dazu, daß meine Mitar-
beiter und ich diesem Buch die Wege zu seiner Wirkung bereiten dürfen. Die Konzen-
tration, mit der die Motive und Argumente vorgetragen werden, die Unerbittlichkeit
des Durchdringens und Erhellens der Sachverhalte finde ich bezwingend. Sofort wird
der entscheidende Grundzug deutlich: daß nicht eingebildete, sondern höchst reale,
nicht nur den Bestand des Staates, sondern Deutschlands Zukunft schlechthin bedro-
hende Gefahren hinter der glänzenden Fassade von wirtschaftlicher und scheinbar
auch schon wieder militärischer Macht sichtbar gemacht und begründet werden.
Soweit ich bis jetzt gelesen habe, kann ich bei der Heranziehung gegenwärtiger
Politiker nichts Beleidigendes feststellen.
17. I.1966. Ich habe weiter und zuende gelesen.
Wenn Sie es erlauben, so möchte ich einige Anmerkungen machen. Sie berüh-
ren nirgends die entscheidende Substanz, die ich überall bejahe. Es sind nur ein paar
Gedanken oder Fragen, die mir beim Lesen gekommen sind.
Ich will zuerst einmal zum dritten Stück, den »Aspekten der Bundesrepublik«[,]
bemerken:
Seite 153 (eine Kleinigkeit). Es heißt: »Dem Staatsoberhaupt, dessen Macht sehr
gering ist, jubelt man zu wie früher dem Kaiser.« Dies finde ich nicht ganz zutreffend?
Gewiß, ein paar Leute haben geklatscht, wenn Heuss anläßlich der Friedenspreisver-
leihung bei der Paulskirche vorfuhr, aber von Jubel, im Sinne des Wortes, habe ich
nie etwas bemerkt (auch nicht beim Auftreten von Lübke).b Das Volk reagiert doch
eigentlich nur bürgerlich-wohlwollend. Was ich dagegen aus der Schulzeit meiner
Eltern über die Kaiser-Geburtstage, über »Kaiser-Wetter«, außer sich geratende Schul-
leiter usw. weiß, war doch wohl im Grade der nationalen Wallungen etwas anderes.1616
Auf Seite 164 unten heißt es: »Die Schuld für solche Entwicklungen liegt zum Teil in
der Demokratie, deren Bürger sich selbst verraten, weil sie den Sinn der republikani-
schen Freiheit nicht mehr verstehen ...« Ich bin über die Worte »nicht mehr« gestol-
pert, weil doch festzustellen ist, daß die Mehrzahl der deutschen Bürger den Sinn
der republikanischen Freiheit noch niec verstanden hat (weder vor 1914 noch in der
Weimarer Republik noch nach 1945). Von den Völkern verstanden und verwirklicht
wurde demokratische Freiheit bisher nur in den »klassischen« westlichen Demokra-
tien (den beiden angelsächsischen, in den kleinen Ländern wie Schweiz, Holland, in
Skandinavien). Auch in der anschließenden Zeile war das »mehr« (»keine Opferbereit-
schaft mehr«) fraglich?1617
a am Rand hs. Notiz von Jaspers erl.
b am Rand hs. Notiz von Jaspers ja
c noch nie von Jaspers unterstrichen sowie am Rand hs. Notiz erl.
d am Rand hs. Notiz von Jaspers erl.
 
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