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Jaspers, Karl; Piper, Klaus; Fonfara, Dirk [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 3, Band 8,2): Ausgewählte Korrespondenzen mit dem Piper Verlag und Klaus Piper 1942-1968 — Basel: Schwabe Verlag, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.71782#0612
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Karl Jaspers - Piper Verlag (1966) 511

Seite 188 oben. Sie schrieben: »Man kann den Zustand mit dem vor der Machtergrei-
fung Hitlers vergleichen«.
Sollte man vielleicht differenzierena (also nicht so ganz schwarzmalen): »Man
kann den gegenwärtigen Zustand mit der zweiten Hälfte der Zwanziger Jahre verglei-
chen, wo scheinbar (trotz Reparationen) die Dinge gut liefen, wo sich aber der Zustand
vorbereitete, der zur Machtergreifung Hitlers führte«.b Der Zustand vor der Machter-
greifung Hitlers war fast hoffnungslos, mit den Unterschieden von damals zu heute,
die Sie selbst feststellen. Es fehlt heute nicht nur, wie Sie selbst betonen, die organi-
sierte, totalitäre Partei, die den Umsturz unter einem einzigen Führer vorbereitet. Es
fehlt die herrschende politische Denkungsart, die Voraussetzung war für die Machter-
greifung der Nazis - es fehlt das »völkische«, nationalistisch-patriotische Denken, das
damals das deutsche Bürgertum bis in die Arbeiterschaft hinein beherrschte. - Auch
hiermit möchte ich den Ernst Ihres Gedankenganges nicht abschwächen. Ich könnte
mir nur eine Verdeutlichung vorstellen.1627 Auch ist es ja immer Ihre Tendenz, nicht
zu entmutigen.
Auf Seite 201, letzte Zeile, fehlt das Wort »andere«. (»Namen von Rang fielen dahin,
aber andere - ein Symptom unseres Zustandes - blieben in ihren Stellungen.«)1628
Seite 266 (Anfang der 2. Hälfte). Es heißt dort oben: »Eine dritte Großmacht wird in
absehbarer Zeit China werden, falls die beiden gegenwärtigen Großmächte es nicht
rechtzeitig verhindern«.1629
China spielt, wie nicht anders zu erwarten, bei Ihnen eine bedeutende Rolle. Ich
sehe aber einen gewissen Widerspruch in Ihren Ausführungen. Das Verbum »verhin-
dern« (also die Notwendigkeit gewaltsamen Eingreifens gegenüber China, wirtschaft-
lich oder/und militärisch) entspricht der Seite 274, wo fest damit gerechnet wird, daß
China als Todfeind der freien Welt zur Rassenausrottung und Weltherrschaft fort-
schreiten wird1630 (also noch über das Verbrechen der Nazis hinaus). Auf Seite 269/270
entwerfen Sie aber bezüglich Chinas drei Möglichkeiten, bei deren dritter, positiver,
Sie einleitend sagen: »Wenn, was zu hoffen und zu erwarten ist, China ... seine imperi-
ale Grundhaltung abwirft und innerlich frei wird ..., dann ist die Zeit gekommen, daß
China gegenüber die Politik grundsätzlich anders würde ...«.l631
Durch die Worte »was zu hoffen und zu erwarten ist« bekennen Sie sich persönlich
eigentlich nur zu diesem positiven Aspekt Chinas, der ein operatives Eingreifen sei-
tens der beiden gegenwärtigen Großmächte (Seite 266 oben)1632 ausschließt.

a vielleicht differenzieren unterstrichen und am Rand hs. Notiz von Jaspers gut
b am Rand hs. Notiz von Jaspers erl.
 
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