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Jaspers, Karl; Piper, Klaus; Fonfara, Dirk [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 3, Band 8,2): Ausgewählte Korrespondenzen mit dem Piper Verlag und Klaus Piper 1942-1968 — Basel: Schwabe Verlag, 2020

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Karl Jaspers - Piper Verlag (1966)

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316 Karl Jaspers an Klaus Piper
Typoskript; DLA, A: Piper, mit dem Stempel Prof. Karl Jaspers 4000 Basel Austrasse 126
Basel, den 25. Juli 1966
Lieber Herr Piper,
herzlichen Dank für Ihren Brief vom 19.Juli. Der Absatz meines Buches bleibt erstaun-
lich. Sie stossen propagandistisch nach. Auch das ist gewiss wirksam. Sontheimers
Artikel halte ich für einen der besten, gründlich, sachlich, im Wesentlichen zustim-
mend. Was er kaum merkt und auch wohl kaum ein Leser spürt, ist die tiefe Differenz,
die sich gar nicht leicht entwickeln lässt. Sie kennen meine Auffassung von Heuss.1724
Sie lag auf derselben Linie. Die Beurteilung der Weimarer Republik und ihrer Politiker
differiert zwischen Sontheimer und mir radikal: Ich sehe die Verantwortung und die
politische Schuld für den Sieg Hitlers bei diesen Politikern vielmehr als in den Insti-
tutionen und dem Volk. Die übliche Umdrehung erscheint mir fast in Analogie zur
Dolchstosslegende. Was wir heute haben, ist auch ein Ergebnis dieser Grundunwahr-
heit.
Einen Übersetzungsvertrag habe ich nur mit The University of Chicago Press abge-
schlossen (allerdings noch nicht endgültig, da ich den üblichen gedruckten Vertrags-
text nicht unterschreiben kann;1725 aber ich denke, dass meine Streichungen akzep-
tiert werden). Aus den USA habe ich noch weitere 5 Angebote erhalten.
Angebote aus anderen Ländern (Dänemark, Norwegen, Finnland) sind durch Sie
an mich gelangt. Ich habe nicht die Kraft, darauf einzugehen. Wenn Sie eine Chance
sehen, übernimmt Ihr Verlag vielleicht die Verhandlungen. Wir teilen dann die even-
tuellen Einkünfte. Für alle Fälle lege ich die Briefe bei.1726 Mein Vorschlag in Chicago
war: die Stücke 1 und 2 wegzulassen und allein das 3. Stück, nun unter dem Titel
»Wohin treibt die Bundesrepublik?« zu übersetzen.1727 Das würde ich auch den andern
Verlagen vorschlagen. Herr Ashton will übrigens unter Hannahs Zustimmung die
ersten beiden Stücke zusammen mit meiner »Schuldfrage« von 1946 übersetzen. Das
kommt wohl nur für Amerika in Frage.1728
Den Spiegel-Artikel sehe ich etwas anders als Sie. Mir scheint, es liegt Humor
darin. Er behandelt die Philosophie als Warenproduktion. Auch das Adorno-Zitat ist
ein Spass. Bei Adorno selbst ist der Satz eine seiner geistreichen Unverschämtheiten
und nicht ernst zu nehmen. Das haben Sie natürlich gleich gemerkt. Aber beim Spie-
gel scheint es mir nicht so gemeint zu sein. Übrigens sammle ich mir einiges in einer
Mappe für einen eventuellen Aufsatz »Der Spiegel und die Philosophie«. Aber bis jetzt
ist noch wenig darin. Ich möchte ihn dem Spiegel anbieten, wenn ich ihn schreiben
sollte.1729
Dass Sie Ihren Besuch verschieben, bis Hannah hier ist, begreife ich. Ich muss
nun leider etwas warten, freue mich aber nicht weniger auf unsere Unterhaltungen,
 
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