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Carrara, Laura [Hrsg.]; Meier, Mischa [Hrsg.]; Radtki-Jansen, Christine [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Malalas-Studien: Schriften zur Chronik des Johannes Malalas (Band 2): Die Weltchronik des Johannes Malalas: Quellenfragen — Stuttgart: Franz Steiner Verlag, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.51242#0014
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Zu den Quellen der Chronik des Johannes Malalas

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Nur eine kürzere Sektion der Malalas-Chronik, die Bücher IX bis XII, wurde von
Alexander Schenk Graf von Stauffenberg im Rahmen einer neuen kritischen Edition
des Textes auch quellenkritisch untersucht?6 Schenk Graf von Stauffenberg glaubte,
in dem von ihm behandelten Teil der Chronik - statt der vier Hauptquellen Bon-
ders - drei Vorlagen erkennen zu können, die er folgendermaßen charakterisierte:
(a) „eine christliche Weltchronik orientalischen Gepräges“; (b) „eine antiochenische
Stadtchronik“, die eventuell mit dem Werk des Domninos gleichzusetzen sei; (c) „eine
Sammlung gekürzter Kaiserviten“ ä la Eutrop oder Aurelius Victor. 27 Damit glaubte
Schenk Graf von Stauffenberg, sich von Bouriers Ergebnissen, die er bestenfalls für
nicht beweisbar (wenn nicht gar für verfehlt) hielt, zu Genüge distanziert zu ha-
ben.28 Den wachen Augen von Elizabeth Jeffreys ist allerdings nicht entgangen, dass
Bouriers und Schenk Graf von Stauffenbergs Rekonstruktionen keineswegs derart
inkompatibel sind, wie Letzterer dachte - im Gegenteil: Bouriers Domninos-Werk
könnte gut Schenk Graf von Stauffenbergs antiochenischer Lokalchronik (Πάτρια
Αντιόχειας) entsprechen,29 während Schenk Graf von Stauffenbergs christliche,
orientalische Weltchronik identisch mit der (ersten) Timotheos-Schrift der Bouriers
Hypothese sein könnte.30 Diese Übereinstimmungen in der Sache lehren, dass die
heute meist verbreiteten Annahmen der Malalas-Forschung hinsichtlich der Quel-
len des Chronisten - im Grunde: Malalas habe sich für die vergangenen Epochen
auf Vorläuferschriften derselben Gattung, eben (Welt-)Chroniken, gestützt, wobei er
aufgrund der gewählten Schwerpunktsetzung und wohl seiner eigenen Herkunft auch
eine antiochenische Spezialschrift hinzuzog - nicht falsch sind; sie ergeben sich viel-
mehr wie von selbst aus einer unvoreingenommenen Lektüre des Werkes. Wie man
dann jedoch die Autoren der Weltchronik(en?) und der antiochenischen Schrift(en?),
die Malalas als Vorlagen dienten, genau benennt, ist nicht nur aufgrund unzureichen-
der Informationen über diese Persönlichkeiten schwer zu entscheiden, sondern im
Grunde auch zweitrangig.
1.2 Neuere Malalas-Quellenforschung
Die Bücher von Bourier und Schenk Graf von Stauffenberg haben lange als Arbeits-
basis für die Erforschung der Quellen des Malalas gedient und wurden lediglich durch
Einzelstudien ergänzt. So publizierte Glanville Downey eine Analyse der von Malalas
Peter van Nuffelen in seinem Beitrag in diesem Band zu eigen gemacht und für jeden einzelnen Namen
durchgearbeitet.
26 Schenk Graf von Stauffenberg (1931). Dieses Buch ging aus der Dissertation hervor, die der Autor 1928
an der Universität Halle-Wittenberg vorlegt hatte.
27 Siehe die Zusammenfassung von Schenk Graf von Stauffenberg (1931), S. 507-509 und dazu Jeffreys
(1990), S. 167-168; Jeffreys (2003), S. 520.
28 Schenk Graf von Stauffenberg (1931), S. 509-510; siehe oben Anm. 17.
29 Das gab, wie oben angedeutet, Schenk Graf von Stauffenberg (1931), S. 507, 509 selbst zu, ohne aller-
dings wirklich daran zu glauben (stattdessen hielt er fest: „Ich rechne mit Domninus da, wo er zitiert
ist ).
30 Jeffreys (2003), S. 520.
 
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