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Carrara, Laura [Hrsg.]; Meier, Mischa [Hrsg.]; Radtki-Jansen, Christine [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Malalas-Studien: Schriften zur Chronik des Johannes Malalas (Band 2): Die Weltchronik des Johannes Malalas: Quellenfragen — Stuttgart: Franz Steiner Verlag, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.51242#0164
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Eustathios von Epiphaneia und Johannes Malalas 163
Odoaker von Theoderich in einer Schlacht besiegt worden sei.24 Möglicherweise hatte
Eustathios im Umgang mit seinen Quellen die Gewohnheit, die Kriege auf die ent-
scheidende Schlacht zu reduzieren und auf diese Art und Weise den Stoff zu verdich-
ten.
Ebenso aufschlussreich ist der Eintrag zur Herrschaftsübernahme durch Vespasian
(Eustathius, Epitome de Flavio losepho Z. 48-58 Allen). Das Exzerpt geht diesmal auf
das Bellum ludaicum des Flavios Josephos zurück (vgl. Flavius losephus, Bellum lu-
daicum IV 592-663). Ähnlich wie Flavios Josephos erwähnt auch Eustathios die Be-
ratungen im Lager Vespasians. Der weitere Teil des Eustathios-Fragments steht aber
in keinerlei Verbindung mit dem Bericht des Flavios Josephos. Laut Eustathios soll
Vespasian seinen Sohn Domitian mit der Aufgabe nach Rom vorausgeschickt haben,
den Kampf gegen Vitellius zu führen; in der Schlacht sei dann Vitellius von Domitian
getötet worden.25 Flavios Josephos erwähnt nur Domitians Anwesenheit in Rom zu
dieser Zeit und deutet an, dass er sich glücklicherweise gerettet habe, als die Soldaten
des Vitellius das Kapitol eroberten (Flavius losephus, Bellum ludaicum IV 646-649).
Das Fragment endet mit der Information, dass der Senat und alle Heere Vespasian die
Kaiserherrschaft übertrugen und dass er gut regierte. Auch in diesem Fall haben wir es
also eher mit einer Überarbeitung des Josephos-Textes als mit einem bloßen Auszug
zu tun, da der Text des Bellum ludaicum sehr stark von Eustathios verändert wurde.
Das letzte narrative Fragment bezieht sich auf die Zerstörung des Tempels von Je-
rusalem durch Titus. Anschließend folgen die Berechnungen, die eine relative Chro-
nologie dieses Ereignisses bestimmen.26 Auch in dieser Hinsicht greift Eustathios
nicht auf Flavios Josephos zurück. Von Bedeutung ist hier vor allem die Tatsache,
dass Eustathios die Zeitrechnung mit Adam beginnen lässt: Laut Eustathios sind
von Adam bis zur Einnahme des Tempels durch Vespasian und Titus 4420 Jahre ver-
gangen (Eustathius, Epitome de Flavio losepho Έ. Allen).27 Das Berechnungsmodell,
welches hinter diesen Zeitangaben steht, setzt also die Geburt Christi in das Weltjahr
4350/4351. Dies führt zu dem Schluss, dass Eustathios alle Zeitrechnungen ablehnte,
die den Zeitraum um 500 n. Chr. als Endpunkt der irdischen Geschichte betrachten
wollten. Eustathios selbst erklärt, dass er um der Genauigkeit willen auf die jüdische
Tradition zurückgegriffen habe, da die Historiker in ihren Zeitkalkulationen nicht
miteinander übereinstimmten: Sie würden sich nicht um die Wahrheit kümmern.28
24 Evagrius Scholastichus, Historia Ecclesiastica III 27; vgl. Brodka (2013), S. 34.
25 Eine ähnliche Version dieser Ereignisse findet sich in Georgius Syncellus, Ecloga chronographica 646
(S. 416,16-17 Mosshammer).
26 Der erhaltene Text ist nicht völlig eindeutig, aber aus dem Kontext resultiert, dass es um die Belagerung
und Zerstörung des Tempels in Jerusalem durch Vespasian und Titus geht.
27 Eustathius, Epitome de Flavio losepho Έ. 68-75 Allen: Διαγεγονασιν ούν από τής Ιεροσολύμων
καί τού ναού άλώσεως τής ύπό Ναβουχοδονόσορ γενομένης έως Ούεσπασι,ανού καί
Τίτου τού αύτού παιύός σύμβασης έτη κ' καί ψ'(...) από δέ τού Αδαμ κ' καί υ' καί ,δ. Wie
Allen (1988), S. 5-6 überzeugend zeigt, stimmen alle anderen Berechnungen im Prinzip überein: Die
vorhandenen Unstimmigkeiten resultieren wohl aus einer korrupten Überlieferung der Zahlenangaben.
28 Eustathius, Epitome de Flavio losepho Έ. 75-79 Allen: καθώς έν τω των ’Ιουδαίων γεγραμμένους
νόμω τούς χρόνους διηλθομεν ακρίβειας ένεκα τού συντάγματος· έπεί δέ διαφωνούντας
 
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