Metadaten

Carrara, Laura [Hrsg.]; Meier, Mischa [Hrsg.]; Radtki-Jansen, Christine [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Malalas-Studien: Schriften zur Chronik des Johannes Malalas (Band 2): Die Weltchronik des Johannes Malalas: Quellenfragen — Stuttgart: Franz Steiner Verlag, 2017

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.51242#0343
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
342

Fabian Schulz

Bei Erbse fehlen die Prophetien des Orpheus aus Malalas, Chronographia IV 7, die
sehr theosophisch anmuten, sich aber in keiner der erhaltenen Orakelsammlungen
finden.68 Malalas bezeugt sie wiederum zuerst.
Es ist anzunehmen, dass diese vier Sprüche nicht von Malalas erfunden wurden,
sondern wie diejenigen der Symphonia und Theosophie als Allgemeingut kursierten;
aber gab es vor Malalas jemals eine einzige Sammlung, die zumindest die Mehrzahl
dieser Weissagungen enthielt?
Hier gab es in den 1980cm eine spektakuläre Entdeckung, die in den Editionen
von Erbse und Beatrice keinen Niederschlag gefunden hat: Sebastian P. Brock machte
auf eine syrische Orakelsammlung aufmerksam, die auf einer griechischen Vorlage
fußend zu Beginn fast alle Orakelsprüche anführt, die auch bei Malalas erscheinen.69
Brock datiert die anonyme Sammlung, die nur in Abschriften des 19. und 20. Jahrhun-
derts erhalten ist, ins späte 6. oder frühe 7. Jahrhundert. Er glaubt, dass der syrische
Autor und Malalas dieselbe Quelle benutzten, ein Derivat der ungekürzten Theosophie,
und schließt: „It is evident, too, that our collection will also have to be taken into ac-
count in future discussions of the original form and the sources of the Chronicle by
John Malalas“.70

Tabelle aus Brock (1983), S. 208

Syriac
Erbse
Cyril (PG 76)
Malalas (Dindorf)
2 Thules (cp 16)
ω. i6
256“8
3 Orpheus
735’9,746’10
74I2-755
4 Hermes (a)
ω. i
26n“2°
(b) (cp 14)
ω. i
(556Α)
275-6
(c)
ω. ι
(552C)
277-11
5 Sophocles
ω. ΐ7
549Ö
4ο17"18
6 Petissonios
7 Oracle at Cyzicus (cp 18)
θ-53-4
77t4-782
8 Plato (cp 17)
(ω-3)
1887-12

Brocks These ist verlockend, weil sie endlich eine Quelle liefert, auf die sich (fast) alle
theosophischen Prophetien des Malalas zurückführen lassen; aber genau da liegt bei
näherer Betrachtung das Problem. Zweifel kommen nämlich in einem Punkt, den
Brock beiläufig verwirft: die Möglichkeit, dass nicht die Sammlung Vorlage von Ma-
68 Die Prophetien des Orpheus erscheinen, neben anderen Orakeln, die sich zum Teil bei Malalas finden,
in der Passio Catharinae. siehe Costanza (1959) und bereits von Premerstein (1932) S. 346-347.
69 Brock (1983). Es fehlt nur der Spruch der Pythia an Augustus (Malalas, Chronographia X 5).
70 Brock (1983), S. 207.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften