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Carrara, Laura [Hrsg.]; Meier, Mischa [Hrsg.]; Radtki-Jansen, Christine [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Malalas-Studien: Schriften zur Chronik des Johannes Malalas (Band 2): Die Weltchronik des Johannes Malalas: Quellenfragen — Stuttgart: Franz Steiner Verlag, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.51242#0367
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Wolfram Brandes

mordung des Kaisers noch am Tage des Anschlags zwei hochrangigen und wichtigen
Persönlichkeiten mit: Eusebios, Honorarkonsul (άπό υπάτων) und comes foederato-
rum (κόμης φοιδεράτων)55 sowie Johannes, dem Sohn des Domentiolos, der hier
als logothetes (Λογοθέτης) firmiert, also als hochrangiger Beamter der Prätorianer-
präfektur.56 Der Plan wurde dem Kaiser verraten.57 Und so konnte Ablabios, als er, mit
einem Schwert bewaffnet, den Palast betreten wollte, festgenommen werden.58
Leider wissen wir über Ablabios’ Rang und seine gesellschaftliche Stellung nichts
Genaueres. Ein simpler μεΛιστής kann er eigentlich nicht gewesen sein: Er hatte
Zugang zum Palast, war in der Lage, mit einem sehr hohen Militär (Eusebios, dem co-
mes foederatorum) und einem sehr hohen Finanzbeamten (Johannes, dem logothetes)^
vertrauliche Gespräche zu führen - wohl mit der Absicht, beide zur Teilnahme an
der Verschwörung zu überreden (dass dies nicht von Erfolg gekrönt war, steht auf
einem anderen Blatt). Beide verrieten offensichtlich den Anschlagsplan (Johannes
wurde wahrscheinlich deshalb noch 562 mit der Würde eines πατρίκιος gewürdigt
und machte unter Justin II. Karriere, u.a. als Gesandter zu den Persern) - und das
Schicksal der Verschwörer nahm seinen Lauf.
Ein μεΛιστής, so nimmt man heute gemeinhin an, war ein Komponist der
Sprechgesänge, die die Demen im Hippodrom zum Besten gaben.60 Stimmt das, was
die Quellen erzählen (s.o.), dann war Ablabios immerhin so wichtig, dass er Zugang
zum Palast hatte, was in meinen Augen nicht gut mit der erwähnten Deutung des
μεΛιστής zusammenpasst. Carl de Boor setzte (im Wortindex zu seiner Theophanes-
Edition) das Wort μεΛιστής mit monetarius gleich,61 d.h. einem führenden Beamten
ΜαρκέΛΛου καί Ευσεβίου τον βασιΛέα; Malalas, Chronographia XVIII141 (S. 426,40-42 Thurn)
εις τό συνεπαμύναε Da die Bestechungssumme so bedeutend war, muss es sich bei Ablabios um
einen Mann von Einfluss und Bedeutung gehandelt haben.
55 Theophanes, Chronographia AM 6055 (S. 237, 26 de Boor); Excerpta de Insidiis S.174,11 de Boor (hier
ανθύπατος statt από υπάτων - dazu siehe oben Anm. 20-21); Malalas, Chronographia XVIII 141
(S. 426,44 Thurn); vgl. PLREIII, s.n. Eusebius 4, S. 468; Scharf (2001), S. 130-132; Laniado (2015), S. 66.
56 Theophanes, Chronographia AM 6055 (S. 237, 26-27 Boor) τώ κατά ΔομεντζίοΛον; Excerpta de
Insidiis S. 174,11-12 de Boor τω κατά ΔομνεντζίοΛον; Malalas, Chronographia XVIII141 (S. 426,45
Thurn) τω ΔομετιόΛου. Siehe zu diesem wichtigen Beamten, der nach dieser Affäre ίχλά patrikios
befördert wurde und später eine wichtige Gesandtschaft zu den Persern anführte (im Jahr 567; vgl.
Dölger/Müller [2009], Nr. 8, S. 4-5), den einschlägigen Eintrag in PLREIII, s.n. loannes 81, S. 672-674
sowie Menander Protector, fr. 9.1, 2 Blockley, wo dieser Johannes ausdrücklich als „Sohn des
Domnentiolos“ bezeichnet wird; dagegen Cameron (1978), S. 91-92, der ihn zum „personal logothete of
Domentziolos“ erklärte. Ausführlicher dazu Brandes (2002), S. 90-91 mit den Anm. 182-183. Ob der in
PLRE III, s. n. Domnentiolus, S. 413 behandelte Befehlshaber mit diesem Domentiolos zu identifizieren
ist, sei dahingestellt.
57 Theophanes, Chronographia AM 6055 (S. 237, 25-238, 1 de Boor); Excerpta de Insidiis S. 174, 10-14 de
Boor; Malalas, Chronographia XVIII, 141 (S. 426,43-46 Thurn).
58 Ecerpta de Insidiis S. 174,17-18 de Boor.
59 Ein anderer (ehemaliger) logothetes, Andreas (vgl. PLRE III, s.n. Andreas 7, S. 76), wurde im folgenden
Jahr Stadteparch: siehe unten Anm. 85; leider übersehen in Brandes (2002).
60 Tabachovitz (1926), S. 28-29; Stein (1949), S. 779; Cameron, Al. (1976), S. 260 mit Anm. 2; Cameron (1978),
S. 91 Anm. 19; LBG s.v. μεΛιστής,Liedermacher (!).
61 De Boor (1885), S. 759, mit Hinweis auf die relevante Stelle: Theophanes, Chronographia AM 6055
(S. 237,17 de Boor) ΑβΛάβιος άπό μεΛιστών.
 
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