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Schmidt, Jochen; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 1,1): Kommentar zu Nietzsches "Die Geburt der Tragödie" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.70910#0038
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Stellenkommentar GT Versuch, KSA 1, S. 11-12 17

Belfort) und einen mehrheitlich von deutschsprachiger Bevölkerung bewohn-
ten Teil von Lothringen (mit Metz) ab.
12, 1 Aus der Musik?] In der Tragödienschrift hatte N. den Chor, in dem er
den Ursprung, die „Geburt“ der griechischen Tragödie sah, mit „Musik“ gleich-
gesetzt und dabei noch Schopenhauers und Wagners Musikbegriff zugrundege-
legt.
12, 2 f. Kunstwerk des Pessimismus?] Gemeint ist die griechische Tragödie. N.
setzt Tragik mit Pessimismus gleich und folgt damit einer Grundtendenz von
Schopenhauers Tragödientheorie. Vgl. Schopenhauer, Die Welt als Wille und
Vorstellung I, 3. Buch, § 51: „[...] daß der Zweck dieser höchsten poetischen
Leistung [der Tragödie] die Darstellung der schrecklichen Seite des Lebens ist,
daß der namenlose Schmerz, der Jammer der Menschheit, der Triumph der
Bosheit, die höhnende Herrschaft des Zufalls und der rettungslose Fall der
Gerechten und Unschuldigen uns hier vorgeführt werden: denn hierin liegt ein
bedeutsamer Wink über die Beschaffenheit der Welt und des Daseins“. Im
folgenden Abschnitt versucht N. den Begriff des Pessimismus dialektisch
umzukodieren, indem er einen „Pessimismus der Stärke“ (12, 12 f.) bei den
Griechen annimmt.
12, 7 f. das grosse Fragezeichen vom Werth des Daseins] N. bezieht sich hier
auf Schopenhauers Die Welt als Wille und Vorstellung I, 4. Buch, § 53. Schopen-
hauer will in diesem abschließenden und „ernstesten“ Teil seines Hauptwerks
„die Handlungen der Menschen“ betrachten: „Denn hier, wo es den Werth oder
Unwerth eines Daseyns, wo es Heil oder Verdammniß gilt, geben nicht ihre
[d. h. der Philosophie] todten Begriffe den Ausschlag, sondern das innerste
Wesen des Menschen selbst“ (Frauenstädt, Bd. 2, S. 319).
12, 9 Zeichen des Niedergangs, Verfalls] Zu diesen und verwandten Vorstellun-
gen sowie deren leitmotivischer Verwendung vgl. den Überblickskommentar
S. 4.
12,19 f. an dem sie lernen will, was „das Fürchten“ ist?] Anspielung auf Sieg-
fried, die Titelgestalt im dritten Teil (1871) von Wagners Ring des Nibelungen.
Darin weissagt der Wanderer (Wotan) dem Zwerg Mime: „Dein weises Haupt /
wahre von heute - / verfallen laß ich es dem, / der das Fürchten nicht gelernt“
(I, 2) - das ist Siegfried. Die sprichwörtliche Wendung geht zurück auf das
Märchen der Brüder Grimm Von einem, der auszog, das Fürchten zu lernen
(Kinder- und Hausmärchen. Gesammelt durch die Brüder Grimm. Zweite ver-
mehrte und verbesserte Auflage, Berlin 1819, Nr. 4).
12, 21 der tragische Mythus?] Den Begriff ,Mythus4 verwendet N. in GT
romantisierend und archaisierend im Sinne einer Ursprungshaften, vorlogi-
 
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