4 Schopenhauer als Erzieher
Rohde kündigt N. seine neue Schrift am 8. und 14. Mai 1874 noch mit einem
anderen Titel an: „Schopenhauer unter den Deutschen" (KSB 4, Nr. 361, S. 222;
Nr. 364, S. 227). Voller Optimismus schreibt er am 10. Mai 1874 an Erwin Rohde:
„Sodann ist Nr. 3 meiner Unzeitgemässen soweit vorbereitet, dass ich nur auf
einen warmen fruchtbaren Regen zu warten habe: dann ist's plötzlich da wie
ein Spargelgewächse" (KSB 4, Nr. 363, S. 225). Und am 1. Juni notiert N. in ei-
nem Brief an ihn: „Ich habe eben die Vorrede zu meiner dritten Unzeitgemäs-
sen geschrieben" (KSB 4, Nr. 368, S. 233). Unerwartet mühsam gestaltete sich
allerdings die weitere Konzeption der Schrift, wie N. am 4. Juli 1874 in einem
Brief an denselben Adressaten berichtet (KSB 4, Nr. 373, S. 238-239). Dennoch
hofft er: „Wenn es nur ganz so herauskommt, wie ich wünsche! Ich freue mich
darauf, es Dir mitzutheilen. Denn ich denke mir eigentlich, es müsste uns Allen
nützlich und kräftigend sein (da ich es selbst so fühle)" (KSB 4, Nr. 373, S. 239).
Am selben Tag teilt N. Carl von Gersdorff mit, er habe aus gesundheitlichen
Gründen vergeblich gehofft, mit „der Unzeitgemässen [...] bis zu den Ferien
fertig zu werden"; „ich kann jetzt nichts Anderes denken als das Fertigwerden
und Gut werden von Nr. 3" (KSB 4, Nr. 372, S. 237). Von uneingeschränkter Zu-
versicht zeugte hingegen bereits der Brief, den N. ihm am 8. Mai 1874 schrieb:
„Es wird schön, sage ich Dir" (KSB 4, Nr. 361, S. 222).
Trotz der unerwarteten Verzögerungen im Produktionsprozess avisiert N.
seinem Verleger Ernst Schmeitzner bereits am 15. Juli 1874 „ein Manuscript
[...], ungefähr des Titels: ,Arthur Schopenhauer"', das er ihm im August glaubt
„zusenden zu können" (KSB 4, Nr. 378, S. 243). Außerdem richtet er im selben
Brief zugleich auch bereits die weiterreichende Frage an ihn: „Wären Sie even-
tuell im Stande, die Fortsetzung meines Cyclus von ,Unzeitgemässen Betrach-
tungen' zu übernehmen?" (ebd.). Den Kontakt zu Ernst Schmeitzner in Schloß-
chemnitz hatte Paul Widemann vermittelt, der zu N.s ersten Bewunderern
gehörte. Ernst Schmeitzner wurde zu N.s neuem Verleger, nachdem er sich von
seinem früheren Verleger Ernst Wilhelm Fritzsch gelöst hatte, der außer N.s
Erstlingswerk Die Geburt der Tragödie auch UB I DS und UB II HL veröffentlicht
hatte, dann aber in gravierende ökonomische Schwierigkeiten geraten war
und, „aus zwingenden Gründen, seine Verlegerthätigkeit sistiren" wollte, wie
N. am 26. Juli 1874 in einem Brief an Carl von Gersdorff berichtet (KSB 4,
Nr. 381, S. 247). Hinzu kam die Skepsis, die der eigentlich auf Musikalien spe-
zialisierte Verleger Fritzsch inzwischen im Hinblick auf die Unzeitgemässen
Betrachtungen zu erkennen gab: „Zwar hatte er auch die Nr. 3 wieder angenom-
men, aber mit dem sauersten und verdriesslichsten Gesicht von der Welt: so
dass ich bereits meinen Cyclus von Unzeitgemässen beschlossen und ver-
pfuscht sah. Da passirte etwas Unerwartetes: ein Brief erschien von einem jun-
gen Verleger und wie es scheint Verehrer, E. Schmeitzner aus Schlosschemnitz
Rohde kündigt N. seine neue Schrift am 8. und 14. Mai 1874 noch mit einem
anderen Titel an: „Schopenhauer unter den Deutschen" (KSB 4, Nr. 361, S. 222;
Nr. 364, S. 227). Voller Optimismus schreibt er am 10. Mai 1874 an Erwin Rohde:
„Sodann ist Nr. 3 meiner Unzeitgemässen soweit vorbereitet, dass ich nur auf
einen warmen fruchtbaren Regen zu warten habe: dann ist's plötzlich da wie
ein Spargelgewächse" (KSB 4, Nr. 363, S. 225). Und am 1. Juni notiert N. in ei-
nem Brief an ihn: „Ich habe eben die Vorrede zu meiner dritten Unzeitgemäs-
sen geschrieben" (KSB 4, Nr. 368, S. 233). Unerwartet mühsam gestaltete sich
allerdings die weitere Konzeption der Schrift, wie N. am 4. Juli 1874 in einem
Brief an denselben Adressaten berichtet (KSB 4, Nr. 373, S. 238-239). Dennoch
hofft er: „Wenn es nur ganz so herauskommt, wie ich wünsche! Ich freue mich
darauf, es Dir mitzutheilen. Denn ich denke mir eigentlich, es müsste uns Allen
nützlich und kräftigend sein (da ich es selbst so fühle)" (KSB 4, Nr. 373, S. 239).
Am selben Tag teilt N. Carl von Gersdorff mit, er habe aus gesundheitlichen
Gründen vergeblich gehofft, mit „der Unzeitgemässen [...] bis zu den Ferien
fertig zu werden"; „ich kann jetzt nichts Anderes denken als das Fertigwerden
und Gut werden von Nr. 3" (KSB 4, Nr. 372, S. 237). Von uneingeschränkter Zu-
versicht zeugte hingegen bereits der Brief, den N. ihm am 8. Mai 1874 schrieb:
„Es wird schön, sage ich Dir" (KSB 4, Nr. 361, S. 222).
Trotz der unerwarteten Verzögerungen im Produktionsprozess avisiert N.
seinem Verleger Ernst Schmeitzner bereits am 15. Juli 1874 „ein Manuscript
[...], ungefähr des Titels: ,Arthur Schopenhauer"', das er ihm im August glaubt
„zusenden zu können" (KSB 4, Nr. 378, S. 243). Außerdem richtet er im selben
Brief zugleich auch bereits die weiterreichende Frage an ihn: „Wären Sie even-
tuell im Stande, die Fortsetzung meines Cyclus von ,Unzeitgemässen Betrach-
tungen' zu übernehmen?" (ebd.). Den Kontakt zu Ernst Schmeitzner in Schloß-
chemnitz hatte Paul Widemann vermittelt, der zu N.s ersten Bewunderern
gehörte. Ernst Schmeitzner wurde zu N.s neuem Verleger, nachdem er sich von
seinem früheren Verleger Ernst Wilhelm Fritzsch gelöst hatte, der außer N.s
Erstlingswerk Die Geburt der Tragödie auch UB I DS und UB II HL veröffentlicht
hatte, dann aber in gravierende ökonomische Schwierigkeiten geraten war
und, „aus zwingenden Gründen, seine Verlegerthätigkeit sistiren" wollte, wie
N. am 26. Juli 1874 in einem Brief an Carl von Gersdorff berichtet (KSB 4,
Nr. 381, S. 247). Hinzu kam die Skepsis, die der eigentlich auf Musikalien spe-
zialisierte Verleger Fritzsch inzwischen im Hinblick auf die Unzeitgemässen
Betrachtungen zu erkennen gab: „Zwar hatte er auch die Nr. 3 wieder angenom-
men, aber mit dem sauersten und verdriesslichsten Gesicht von der Welt: so
dass ich bereits meinen Cyclus von Unzeitgemässen beschlossen und ver-
pfuscht sah. Da passirte etwas Unerwartetes: ein Brief erschien von einem jun-
gen Verleger und wie es scheint Verehrer, E. Schmeitzner aus Schlosschemnitz