22 Schopenhauer als Erzieher
falls entschieden kritisiert. Schopenhauer beanstandet vor allem die theo-
logische Vereinnahmung der Philosophie als „Apologie der Landesreligion"
(UP 151, 150, 154, 159, 194, 203, 204) und protestiert dabei insbesondere gegen
ihre Verbindung mit spekulativer Theologie (UP 153, 190, 196, 200, 202, 203)
und gegen ihre Reduktion auf die längst obsolet gewordene Funktion einer
bloßen „ancilla theologiae" (UP 200) mit dem „lieben Gott" als Hauptgegen-
stand (UP 183-184, 198, 199). Außerdem formuliert er Vorbehalte gegenüber
einer Philosophie, die - wie im Falle Hegels (UP 157) - eine „Apotheose des
Staats" (UP 156, 164, 205) propagiert. Nach Schopenhauer soll „die Philosophie
allem Einflüsse des Staates entzogen" sein (UP 192) und von jeglicher Instru-
mentalisierung frei bleiben. Im Unterschied zu Schopenhauer, bei dem dieser
Aspekt nicht im Vordergrund steht, wendet sich N. primär gegen die Deprava-
tion der Philosophie durch Staatsinteressen (SE 365, 368, 415, 422). Explizit
kontrastiert er den „furor philosophicus" mit dem „furor politicus" (SE 409).
Verglichen damit bleibt seine Kritik an religiösen Funktionalisierungen, die in
Schopenhauers Schrift Ueber die Universitäts-Philosophie größere Bedeutung
hat, eher marginal (SE 415, 420).
Schopenhauer und N. kritisieren den Typus des akademischen Gelehrten
als ,verschroben' (UP 177, 179; SE 344, 407, 408, 412), überangepasst, schmeich-
lerisch, devot (UP 206; SE 395, 411, 414), geltungssüchtig (UP 162; SE 411) sowie
als korrumpierbar durch Geld, Titel, Ämter und Reputation (UP 164, 166, 167,
190, 196; SE 387, 388, 398, 400). Beide attackieren die zeitgenössische Universi-
tätsphilosophie. Aufgrund ihrer Anpassung an Interessen der Regierung, Zwe-
cke der Religion oder Tendenzen des Zeitgeists (UP 159; SE 425) vernachlässige
sie ihre eigentliche Aufgabe, nämlich die kompromisslose „Wahrheitsforsch-
ung" (UP 149, 158, 167, 190, 204; SE 411). Dadurch werde sie „zu einer Parodie
der Philosophie" (UP 207) und gerate „in Mißkredit" (UP 194, 207; SE 418-419).
Aus diesem Grund plädieren Schopenhauer und N. mit Nachdruck für die Ab-
schaffung (UP 167, 192-193, 207-208; SE 421) der allzu „lukrativen Philosophie"
(UP 159, 201), um ihre Pervertierung zum staatlich subventionierten universitä-
ren ,Brotgewerbe' (UP 164, 196, 207; SE 398, 400, 411, 413), mithin zum „Parasi-
ten der Philosophie" (UP 165), künftig zu verhindern (UP 167). Auf diese Weise
wollen sie zur „Förderung der Philosophie" beitragen (UP 207). Freiheit im Sin-
ne sozialer und finanzieller Unabhängigkeit betrachten Schopenhauer (UP 161,
206) und N. (SE 351, 353, 411-412, 425) als conditio sine qua non eines redlichen
(UP 202, 204; SE 348), durch ökonomische Motive nicht beeinträchtigten Enga-
gements für die Wahrheit (UP 152, 158, 163, 164, 166, 190, 196, 206; SE 351, 411,
425). Die Philosophie soll sich auf ihre genuine Aufgabe konzentrieren, das
„Problem des Daseins" zu lösen (UP 153, 169, 171; SE 349, 365) - zwar ohne
staatliche Unterstützung, aber dafür auch ohne institutionelle Hindernisse
(UP 208; SE 404, 407).
falls entschieden kritisiert. Schopenhauer beanstandet vor allem die theo-
logische Vereinnahmung der Philosophie als „Apologie der Landesreligion"
(UP 151, 150, 154, 159, 194, 203, 204) und protestiert dabei insbesondere gegen
ihre Verbindung mit spekulativer Theologie (UP 153, 190, 196, 200, 202, 203)
und gegen ihre Reduktion auf die längst obsolet gewordene Funktion einer
bloßen „ancilla theologiae" (UP 200) mit dem „lieben Gott" als Hauptgegen-
stand (UP 183-184, 198, 199). Außerdem formuliert er Vorbehalte gegenüber
einer Philosophie, die - wie im Falle Hegels (UP 157) - eine „Apotheose des
Staats" (UP 156, 164, 205) propagiert. Nach Schopenhauer soll „die Philosophie
allem Einflüsse des Staates entzogen" sein (UP 192) und von jeglicher Instru-
mentalisierung frei bleiben. Im Unterschied zu Schopenhauer, bei dem dieser
Aspekt nicht im Vordergrund steht, wendet sich N. primär gegen die Deprava-
tion der Philosophie durch Staatsinteressen (SE 365, 368, 415, 422). Explizit
kontrastiert er den „furor philosophicus" mit dem „furor politicus" (SE 409).
Verglichen damit bleibt seine Kritik an religiösen Funktionalisierungen, die in
Schopenhauers Schrift Ueber die Universitäts-Philosophie größere Bedeutung
hat, eher marginal (SE 415, 420).
Schopenhauer und N. kritisieren den Typus des akademischen Gelehrten
als ,verschroben' (UP 177, 179; SE 344, 407, 408, 412), überangepasst, schmeich-
lerisch, devot (UP 206; SE 395, 411, 414), geltungssüchtig (UP 162; SE 411) sowie
als korrumpierbar durch Geld, Titel, Ämter und Reputation (UP 164, 166, 167,
190, 196; SE 387, 388, 398, 400). Beide attackieren die zeitgenössische Universi-
tätsphilosophie. Aufgrund ihrer Anpassung an Interessen der Regierung, Zwe-
cke der Religion oder Tendenzen des Zeitgeists (UP 159; SE 425) vernachlässige
sie ihre eigentliche Aufgabe, nämlich die kompromisslose „Wahrheitsforsch-
ung" (UP 149, 158, 167, 190, 204; SE 411). Dadurch werde sie „zu einer Parodie
der Philosophie" (UP 207) und gerate „in Mißkredit" (UP 194, 207; SE 418-419).
Aus diesem Grund plädieren Schopenhauer und N. mit Nachdruck für die Ab-
schaffung (UP 167, 192-193, 207-208; SE 421) der allzu „lukrativen Philosophie"
(UP 159, 201), um ihre Pervertierung zum staatlich subventionierten universitä-
ren ,Brotgewerbe' (UP 164, 196, 207; SE 398, 400, 411, 413), mithin zum „Parasi-
ten der Philosophie" (UP 165), künftig zu verhindern (UP 167). Auf diese Weise
wollen sie zur „Förderung der Philosophie" beitragen (UP 207). Freiheit im Sin-
ne sozialer und finanzieller Unabhängigkeit betrachten Schopenhauer (UP 161,
206) und N. (SE 351, 353, 411-412, 425) als conditio sine qua non eines redlichen
(UP 202, 204; SE 348), durch ökonomische Motive nicht beeinträchtigten Enga-
gements für die Wahrheit (UP 152, 158, 163, 164, 166, 190, 196, 206; SE 351, 411,
425). Die Philosophie soll sich auf ihre genuine Aufgabe konzentrieren, das
„Problem des Daseins" zu lösen (UP 153, 169, 171; SE 349, 365) - zwar ohne
staatliche Unterstützung, aber dafür auch ohne institutionelle Hindernisse
(UP 208; SE 404, 407).