26 Schopenhauer als Erzieher
404) und propagiert sogar explizit die „immer neue Erzeugung" des „Schopen-
hauerischen Menschen" (SE 383, 369, 371-376). N.s Kritik an Kant in UB III SE
unterscheidet sich von Schopenhauers Urteil in UP: Denn Schopenhauer be-
trachtet den Philosophieprofessor Kant als eine singuläre Ausnahmeexistenz
im üblichen Universitätsbetrieb (UP 151-152), wenngleich nicht uneingeschränkt
(UP 161-162). N. hingegen erblickt in ihm einen gerade durch devotes Verhalten
gegenüber dem Staat repräsentativen Vertreter der akademischen Philosophie
(SE 351, 409, 414). (Zu N.s Fehlurteil über Kant vgl. die Widerlegung in NK 351,
6-8 und NK 414, 15-19.)
Anders als N. in SE argumentiert Schopenhauer in UP gegen die Universi-
tätsphilosophie auch mit der provokanten These, die Philosophie als solche sei
eine „Wissenschaft, die noch gar nicht existirt" (UP 193). Ihren Sonderstatus
im Vergleich mit den bereits etablierten Wissenschaften sieht er darin, dass sie
bislang „nicht ein Mal ihren Weg sicher kennt" (UP 193). Angesichts des ihr
fehlenden allgemeingültigen Wissensbestands hält Schopenhauer die universi-
täre Präsenz der Philosophie durch entsprechende Lehrstühle für geradezu ab-
surd (UP 193).
Übereinstimmend plädieren Schopenhauer und N. für die Abschaffung
der staatlich besoldeten akademischen Philosophie (UP 167, 192-193, 207-208;
SE 421-425). Dennoch fallen Divergenzen auf: Nach N.s Ansicht wäre es am
besten, die Universitätsphilosophen, die zwischen prätentiöser Selbstinszenie-
rung und Minderwertigkeitsgefühlen changieren (SE 395-396) und bei den Ver-
tretern anderer Disziplinen keine Reputation genießen, ja von ihnen nicht ein-
mal als gleichwertig angesehen werden (SE 418-420, 424), zum Vorteil seriöser
Philosophen vollständig zu suspendieren (SE 421-425). Demgegenüber konze-
diert Schopenhauer immerhin, die Universitätsphilosophie könne für die Rek-
rutierung begabter Köpfe (UP 149) und für die Sozialisation späterer Staatsbe-
amter (UP 157) von Bedeutung sein. Ausdrücklich tritt er für eine akademische
Tradierung der philosophischen Leistungen ein, die in der Vergangenheit be-
reits erbracht wurden (UP 167, 208), obwohl er bezweifelt, dass man in der „Pe-
riode seit Kant" überhaupt noch dazu imstande ist, „das von großen Köpfen
Geleistete" für die Zukunft „fest zu halten und zu bewahren" (UP 194): Als
sinnvollen Gegenstand universitärer Lehre betrachtet Schopenhauer eine Ein-
führung in die Logik und eine konzise einsemestrige Veranstaltung zur „Ge-
schichte der Philosophie", und zwar „von Thales bis Kant" (UP 208). N. hinge-
gen formuliert massive Vorbehalte gegenüber bloßer Philosophiegeschichte
(SE 416) und traut den Universitätsphilosophen nicht einmal einen soliden
Logik-Unterricht zu (SE 420).
Wie Schopenhauer kontrastiert auch N. die kreative Genialität mit der
bloßen Bücher-Gelehrsamkeit mediokrer Köpfe (UP 170, 186-187; SE 399-400,
404) und propagiert sogar explizit die „immer neue Erzeugung" des „Schopen-
hauerischen Menschen" (SE 383, 369, 371-376). N.s Kritik an Kant in UB III SE
unterscheidet sich von Schopenhauers Urteil in UP: Denn Schopenhauer be-
trachtet den Philosophieprofessor Kant als eine singuläre Ausnahmeexistenz
im üblichen Universitätsbetrieb (UP 151-152), wenngleich nicht uneingeschränkt
(UP 161-162). N. hingegen erblickt in ihm einen gerade durch devotes Verhalten
gegenüber dem Staat repräsentativen Vertreter der akademischen Philosophie
(SE 351, 409, 414). (Zu N.s Fehlurteil über Kant vgl. die Widerlegung in NK 351,
6-8 und NK 414, 15-19.)
Anders als N. in SE argumentiert Schopenhauer in UP gegen die Universi-
tätsphilosophie auch mit der provokanten These, die Philosophie als solche sei
eine „Wissenschaft, die noch gar nicht existirt" (UP 193). Ihren Sonderstatus
im Vergleich mit den bereits etablierten Wissenschaften sieht er darin, dass sie
bislang „nicht ein Mal ihren Weg sicher kennt" (UP 193). Angesichts des ihr
fehlenden allgemeingültigen Wissensbestands hält Schopenhauer die universi-
täre Präsenz der Philosophie durch entsprechende Lehrstühle für geradezu ab-
surd (UP 193).
Übereinstimmend plädieren Schopenhauer und N. für die Abschaffung
der staatlich besoldeten akademischen Philosophie (UP 167, 192-193, 207-208;
SE 421-425). Dennoch fallen Divergenzen auf: Nach N.s Ansicht wäre es am
besten, die Universitätsphilosophen, die zwischen prätentiöser Selbstinszenie-
rung und Minderwertigkeitsgefühlen changieren (SE 395-396) und bei den Ver-
tretern anderer Disziplinen keine Reputation genießen, ja von ihnen nicht ein-
mal als gleichwertig angesehen werden (SE 418-420, 424), zum Vorteil seriöser
Philosophen vollständig zu suspendieren (SE 421-425). Demgegenüber konze-
diert Schopenhauer immerhin, die Universitätsphilosophie könne für die Rek-
rutierung begabter Köpfe (UP 149) und für die Sozialisation späterer Staatsbe-
amter (UP 157) von Bedeutung sein. Ausdrücklich tritt er für eine akademische
Tradierung der philosophischen Leistungen ein, die in der Vergangenheit be-
reits erbracht wurden (UP 167, 208), obwohl er bezweifelt, dass man in der „Pe-
riode seit Kant" überhaupt noch dazu imstande ist, „das von großen Köpfen
Geleistete" für die Zukunft „fest zu halten und zu bewahren" (UP 194): Als
sinnvollen Gegenstand universitärer Lehre betrachtet Schopenhauer eine Ein-
führung in die Logik und eine konzise einsemestrige Veranstaltung zur „Ge-
schichte der Philosophie", und zwar „von Thales bis Kant" (UP 208). N. hinge-
gen formuliert massive Vorbehalte gegenüber bloßer Philosophiegeschichte
(SE 416) und traut den Universitätsphilosophen nicht einmal einen soliden
Logik-Unterricht zu (SE 420).
Wie Schopenhauer kontrastiert auch N. die kreative Genialität mit der
bloßen Bücher-Gelehrsamkeit mediokrer Köpfe (UP 170, 186-187; SE 399-400,