42 Schopenhauer als Erzieher
noch keine Religion oder Ethik der Menschheit ihr Ziel gesteckt wie Sie es da
thun" (KGB II 6/1, Nr. 776, S. 329. Analog: KGB II 6/1, Nr. 796, S. 361).
Emma Guerrieri-Gonzaga, die zuvor auf UB I DS erzürnt und später (nach
Vermittlung von Malwida von Meysenbug) auf UB II HL begeistert reagiert hat-
te („wie eine Offenbarung": vgl. Janz 1978, Bd. 1, 573), artikuliert am 7. Dezem-
ber 1874 in einem Brief an N. deutliche Vorbehalte im Hinblick auf UB III SE:
„Ihre letzte Schrift hat mir einen deprimirenden Eindruck hinterlassen trotz
mancher großer Gedanken, die mich wie Blitze durchleuchteten und mir ein
Besitz für's Leben geworden sind! Aber Sie stoßen die ganze bestehende Welt
in einen düstern Abgrund, in dem Alles chaotisch sich umherwälzt und nie
und nimmer sich zum Lichte emporzuschwingen vermag! Sie lassen dem Seh-
nenden, Strebenden keine Brücke, auf der er [...] aus der ihn umgebenden
schlechten Welt hinüberschreiten könnte in jenes höhere Reich der Wahrheit,
Schönheit, Liebe! [...] Verstehen Sie, verehrter Freund, wie ich es meine, wenn
ich glaube daß Sie zu sehr mit Keulenschlägen dreinschlagen, zu tief verletzen,
um auf das Innere des Menschen eine Wirkung auszuüben? [...] Ich fühle aber,
daß der wahre Erzieher anders verfahren muß, nämlich eine Stütze sein muß
[...]" (KGB II 4, Nr. 610, S. 616-617). N. selbst bewertet diese Einschätzung in
einem Brief an Carl von Gersdorff als „frauenzimmerlich-zimperlich!" (KSB 4,
Nr. 411, S. 286) und empfiehlt Frau Guerrieri-Gonzaga in seinem Antwortbrief
etwas „Geduld", indem er auf das verweist, was er über den „Weg von dem
Schopenhauerischen Erzieherthum bis zu dem einzelnen Individuum [...] noch
zu sagen habe" (KSB 5, Nr. 413, S. 5).
Bereits am 19. Oktober 1874 hatte Marie Baumgartner, die Mutter eines
Studenten von N. (KSB 4, Nr. 410, S. 283; KSB 5, Nr. 422, S. 16), einen Brief ver-
fasst, in dem sie N. erklärt, sie habe sich bei der Lektüre von UB III SE sehr
darüber gefreut, „daß Sie so Schönes empfinden können, und daß Sie dieses
Schöne in so ergreifend schöne Worte zu fassen vermögen, und auch laut aus-
sprechen dürfen!" (KGB II 4, Nr. 596, S. 587-588). Daraufhin teilte N. ihr am
12. November 1874 in seinem Antwortbrief mit, „in wie hohem Grade Sie mich
durch Ihren Brief (den ersten, welchen ich über meine jüngste Schrift erhielt)
ausgezeichnet und beglückt haben" (KSB 4, Nr. 402, S. 274). Am 9. Dezember
1874 dankt ihm Marie Baumgartner nochmals „für den reichen, belehrenden
Genuß den mir die begonnene Arbeit mit Ihrer Schrift gewährt" (KGB II 4,
Nr. 612, S. 621). Und am 5. Februar 1875 schreibt N. in einem Brief an Erwin
Rohde, „Frau Baumgartner-Köchlin" habe seine „dritte Unzeitgemässe [...] sehr
schön ins Französische übersetzt" (KSB 5, Nr. 422, S. 16).
Am 10. Februar 1875 konnte N. seinen Verleger bereits über den Abschluss
der französischen Übersetzung informieren (KSB 5, Nr. 426, S. 22), für die sich
dann jedoch trotz aller Bemühungen in Frankreich kein Verlag fand. Dies teilt
noch keine Religion oder Ethik der Menschheit ihr Ziel gesteckt wie Sie es da
thun" (KGB II 6/1, Nr. 776, S. 329. Analog: KGB II 6/1, Nr. 796, S. 361).
Emma Guerrieri-Gonzaga, die zuvor auf UB I DS erzürnt und später (nach
Vermittlung von Malwida von Meysenbug) auf UB II HL begeistert reagiert hat-
te („wie eine Offenbarung": vgl. Janz 1978, Bd. 1, 573), artikuliert am 7. Dezem-
ber 1874 in einem Brief an N. deutliche Vorbehalte im Hinblick auf UB III SE:
„Ihre letzte Schrift hat mir einen deprimirenden Eindruck hinterlassen trotz
mancher großer Gedanken, die mich wie Blitze durchleuchteten und mir ein
Besitz für's Leben geworden sind! Aber Sie stoßen die ganze bestehende Welt
in einen düstern Abgrund, in dem Alles chaotisch sich umherwälzt und nie
und nimmer sich zum Lichte emporzuschwingen vermag! Sie lassen dem Seh-
nenden, Strebenden keine Brücke, auf der er [...] aus der ihn umgebenden
schlechten Welt hinüberschreiten könnte in jenes höhere Reich der Wahrheit,
Schönheit, Liebe! [...] Verstehen Sie, verehrter Freund, wie ich es meine, wenn
ich glaube daß Sie zu sehr mit Keulenschlägen dreinschlagen, zu tief verletzen,
um auf das Innere des Menschen eine Wirkung auszuüben? [...] Ich fühle aber,
daß der wahre Erzieher anders verfahren muß, nämlich eine Stütze sein muß
[...]" (KGB II 4, Nr. 610, S. 616-617). N. selbst bewertet diese Einschätzung in
einem Brief an Carl von Gersdorff als „frauenzimmerlich-zimperlich!" (KSB 4,
Nr. 411, S. 286) und empfiehlt Frau Guerrieri-Gonzaga in seinem Antwortbrief
etwas „Geduld", indem er auf das verweist, was er über den „Weg von dem
Schopenhauerischen Erzieherthum bis zu dem einzelnen Individuum [...] noch
zu sagen habe" (KSB 5, Nr. 413, S. 5).
Bereits am 19. Oktober 1874 hatte Marie Baumgartner, die Mutter eines
Studenten von N. (KSB 4, Nr. 410, S. 283; KSB 5, Nr. 422, S. 16), einen Brief ver-
fasst, in dem sie N. erklärt, sie habe sich bei der Lektüre von UB III SE sehr
darüber gefreut, „daß Sie so Schönes empfinden können, und daß Sie dieses
Schöne in so ergreifend schöne Worte zu fassen vermögen, und auch laut aus-
sprechen dürfen!" (KGB II 4, Nr. 596, S. 587-588). Daraufhin teilte N. ihr am
12. November 1874 in seinem Antwortbrief mit, „in wie hohem Grade Sie mich
durch Ihren Brief (den ersten, welchen ich über meine jüngste Schrift erhielt)
ausgezeichnet und beglückt haben" (KSB 4, Nr. 402, S. 274). Am 9. Dezember
1874 dankt ihm Marie Baumgartner nochmals „für den reichen, belehrenden
Genuß den mir die begonnene Arbeit mit Ihrer Schrift gewährt" (KGB II 4,
Nr. 612, S. 621). Und am 5. Februar 1875 schreibt N. in einem Brief an Erwin
Rohde, „Frau Baumgartner-Köchlin" habe seine „dritte Unzeitgemässe [...] sehr
schön ins Französische übersetzt" (KSB 5, Nr. 422, S. 16).
Am 10. Februar 1875 konnte N. seinen Verleger bereits über den Abschluss
der französischen Übersetzung informieren (KSB 5, Nr. 426, S. 22), für die sich
dann jedoch trotz aller Bemühungen in Frankreich kein Verlag fand. Dies teilt