Stellenkommentar UB III SE 7, KSA 1, S. 405-406 243
406, 5 die Wirkung des Kunstwerks] N.s Ausführungen zur „Wirkung des
Kunstwerks" stehen in thematischem Zusammenhang mit der Anfangspartie
des 7. Kapitels von UB III SE, wo er sich für Schopenhauers „Einwirkung auf
die Zeitgenossen mehr Wahrscheinlichkeit" wünscht (404, 12), „damit vor al-
lem sein Vorbild zur vollen Wirkung komme" (404, 14). Im Hinblick auf die
„Natur" ruft N. aus: „aber wie ungewiss, wie schwach und matt ist die Wir-
kung, welche sie meisthin mit den Philosophen und Künstlern erreicht! Wie
selten bringt sie es überhaupt zu einer Wirkung!" (404, 23-25). Indem N. Philo-
sophen und Künstler hier geradezu als Medium der „Natur" und ihres „Wil-
lens" erscheinen lässt, greift er auf Grundkonzepte von Schopenhauers Wil-
lensmetaphysik zurück (vgl. auch NK 404, 17). Diese Tendenz setzt sich in 405,
22-24 fort. Zugleich haben die Darlegungen über die allzu geringe Wirkung der
Philosophen einen biographischen Hintergrund: Ähnlich wie Schopenhauer
litt auch N. lange Zeit sehr unter dem Ausbleiben von öffentlicher Anerken-
nung und „Wirkung". Vgl. dazu Hintergründe und Belege in NK 353, 17. Vgl.
auch die umfassende Biographie Schopenhauer's Leben (1878) von Wilhelm
Gwinner.
Die „Wirkung" der Kunst, die N. hier und im Folgenden thematisiert, erhält
in UB IV WB zentrale Bedeutung, vor allem im 8. Kapitel, wo N. über den Kom-
ponisten schreibt: „Als der herrschende Gedanke seines Lebens in ihm
aufstieg, dass vom Theater aus eine unvergleichliche Wirkung, die grösste Wir-
kung aller Kunst ausgeübt werden könne, riss er sein Wesen in die heftigste
Gärung. [...] Wirkung, unvergleichliche Wirkung - wodurch? auf wen? - das
war von da an das rastlose Fragen und Suchen seines Kopfes und Herzens"
(KSA 1, 472, 19-29). Die „unvergleichliche Wirkung vom Theater aus" (KSA 1,
475, 15) wurde für Wagner zu einer Obsession, die N. in seinen späteren Anti-
Wagner-Schriften Der Fall Wagner und Nietzsche contra Wagner dann radikal
kritisierte. Bereits im 8. Kapitel von UB IV WB ist dieser polemische Gestus prä-
figuriert: „Er wollte siegen und erobern, wie noch kein Künstler und womög-
lich mit Einem Schlage zu jener tyrannischen Allmacht kommen, zu welcher
es ihn so dunkel trieb" (KSA 1, 472, 29-32). Vgl. hierzu NK 472, 19-20.
406, 12-14 wie gross [...] Schopenhauer ist - und wie klein, wie absurd seine
Wirkung] Die zuvor beschriebene Misswirtschaft der Natur versucht N. am Ex-
tremfall Schopenhauers zu exemplifizieren (vgl. 404-406).
406, 21-23 die Abstumpfung aller modernen Menschen gegen Bücher, welche
sie eben durchaus nicht mehr ernst nehmen wollen] Wenn N. in dieser kritischen
Kulturdiagnose Gründe für den „Mangel an Lesern" nennt (406, 18), unter dem
Schopenhauer jahrzehntelang litt, dann greift er dabei auf Einschätzungen zu-
rück, die Schopenhauer selbst in seiner Schrift Ueber die Universitäts-Philoso-
406, 5 die Wirkung des Kunstwerks] N.s Ausführungen zur „Wirkung des
Kunstwerks" stehen in thematischem Zusammenhang mit der Anfangspartie
des 7. Kapitels von UB III SE, wo er sich für Schopenhauers „Einwirkung auf
die Zeitgenossen mehr Wahrscheinlichkeit" wünscht (404, 12), „damit vor al-
lem sein Vorbild zur vollen Wirkung komme" (404, 14). Im Hinblick auf die
„Natur" ruft N. aus: „aber wie ungewiss, wie schwach und matt ist die Wir-
kung, welche sie meisthin mit den Philosophen und Künstlern erreicht! Wie
selten bringt sie es überhaupt zu einer Wirkung!" (404, 23-25). Indem N. Philo-
sophen und Künstler hier geradezu als Medium der „Natur" und ihres „Wil-
lens" erscheinen lässt, greift er auf Grundkonzepte von Schopenhauers Wil-
lensmetaphysik zurück (vgl. auch NK 404, 17). Diese Tendenz setzt sich in 405,
22-24 fort. Zugleich haben die Darlegungen über die allzu geringe Wirkung der
Philosophen einen biographischen Hintergrund: Ähnlich wie Schopenhauer
litt auch N. lange Zeit sehr unter dem Ausbleiben von öffentlicher Anerken-
nung und „Wirkung". Vgl. dazu Hintergründe und Belege in NK 353, 17. Vgl.
auch die umfassende Biographie Schopenhauer's Leben (1878) von Wilhelm
Gwinner.
Die „Wirkung" der Kunst, die N. hier und im Folgenden thematisiert, erhält
in UB IV WB zentrale Bedeutung, vor allem im 8. Kapitel, wo N. über den Kom-
ponisten schreibt: „Als der herrschende Gedanke seines Lebens in ihm
aufstieg, dass vom Theater aus eine unvergleichliche Wirkung, die grösste Wir-
kung aller Kunst ausgeübt werden könne, riss er sein Wesen in die heftigste
Gärung. [...] Wirkung, unvergleichliche Wirkung - wodurch? auf wen? - das
war von da an das rastlose Fragen und Suchen seines Kopfes und Herzens"
(KSA 1, 472, 19-29). Die „unvergleichliche Wirkung vom Theater aus" (KSA 1,
475, 15) wurde für Wagner zu einer Obsession, die N. in seinen späteren Anti-
Wagner-Schriften Der Fall Wagner und Nietzsche contra Wagner dann radikal
kritisierte. Bereits im 8. Kapitel von UB IV WB ist dieser polemische Gestus prä-
figuriert: „Er wollte siegen und erobern, wie noch kein Künstler und womög-
lich mit Einem Schlage zu jener tyrannischen Allmacht kommen, zu welcher
es ihn so dunkel trieb" (KSA 1, 472, 29-32). Vgl. hierzu NK 472, 19-20.
406, 12-14 wie gross [...] Schopenhauer ist - und wie klein, wie absurd seine
Wirkung] Die zuvor beschriebene Misswirtschaft der Natur versucht N. am Ex-
tremfall Schopenhauers zu exemplifizieren (vgl. 404-406).
406, 21-23 die Abstumpfung aller modernen Menschen gegen Bücher, welche
sie eben durchaus nicht mehr ernst nehmen wollen] Wenn N. in dieser kritischen
Kulturdiagnose Gründe für den „Mangel an Lesern" nennt (406, 18), unter dem
Schopenhauer jahrzehntelang litt, dann greift er dabei auf Einschätzungen zu-
rück, die Schopenhauer selbst in seiner Schrift Ueber die Universitäts-Philoso-