350 Richard Wagner in Bayreuth
universalen „Echo seines Gedankens" werden könne (499). Zur zukunftsorien-
tierten Wirkungsabsicht Wagners bilde allerdings seine Unbehaustheit in der
modernen Welt einen auffälligen Kontrast (500). Daher sorge er sich um die
Vermittlungsmöglichkeiten, die notwendig sind, um auch künftig die Tradie-
rung seines Werkes zu sichern.
In seinen ästhetischen Schriften versuche Wagner Erhellendes über die Ge-
nese der Kunst mitzuteilen, seinen eigenen kreativen Impuls zu begreifen und
in den Lesern Erkenntnisprozesse zu stimulieren, um sie dadurch auch emotio-
nal für seine Musik zu gewinnen (501). Laut N. kann Wagner durch seine theo-
retischen Schriften sehr unterschiedliche Reaktionen in den Lesern hervorru-
fen: sowohl „andächtiges Zuschauen" als auch „Unruhe" und Aufregung (502).
N. diagnostiziert bei der Lektüre von Wagners Schriften dialektische Brechun-
gen, Stilwechsel und einen Gestus „von autoritativer Würde" (502), der den
Eindruck nahelege, er spreche vor seinen Feinden. Trotz seiner bildungsschwe-
ren und deshalb nicht populären Prosa sehe Wagner die Adressaten seines
Musiktheaters weit entfernt vom „Dunstkreis der Gelehrten" (503) und hebe
den Gegensatz von Gelehrsamkeit und Ungebildetheit in seiner Opernkunst
auf: Denn hier bediene er sich nicht des exklusiven Idioms der gebildeten
Schicht und könne daher auch den „Niedrigen und Armen im Geiste" Trost
spenden (503).
Anschließend reflektiert N. die Schwierigkeit, wie sich durch die „unheim-
liche sociale Unsicherheit" der Moderne die „heimathlose Kunst" Wagners in
eine bessere Zukunft hinüberretten lasse (504). Gerade darum ringe der Kom-
ponist auch mit seinen theoretischen Schriften. Mit besonderer Wertschätzung
für die Deutschen und ihre politischen Ambitionen verbinde er allerdings eine
internationale Ausrichtung seiner Konzepte. Eine für Wagner bittere Dispropor-
tionalität liege jedoch darin, dass er seiner eigenen Zeit nicht wirklich angehö-
re und sich mit der „Sprache seiner Kunst" entschieden an die künftigen Men-
schen wende (505).
11.
Im abschließenden 11. Kapitel (506-510) führt N. die Zukunftsthematik weiter
und verbindet damit die Feststellung, Wagner selbst sei „kein Utopist" (506).
Nach einer prinzipiellen Absage an die Utopie einer kommenden idealen Welt-
ordnung sieht N. den Zukunftsglauben Wagners durch das Vertrauen bedingt,
dass der Kunst in den künftigen Entwicklungsprozessen des Menschen eine
wichtige Funktion zukomme. Den künftigen Generationen prognostiziert N.
eine zunehmende Freiheit und Offenheit auch jenseits moralischer Normierun-
universalen „Echo seines Gedankens" werden könne (499). Zur zukunftsorien-
tierten Wirkungsabsicht Wagners bilde allerdings seine Unbehaustheit in der
modernen Welt einen auffälligen Kontrast (500). Daher sorge er sich um die
Vermittlungsmöglichkeiten, die notwendig sind, um auch künftig die Tradie-
rung seines Werkes zu sichern.
In seinen ästhetischen Schriften versuche Wagner Erhellendes über die Ge-
nese der Kunst mitzuteilen, seinen eigenen kreativen Impuls zu begreifen und
in den Lesern Erkenntnisprozesse zu stimulieren, um sie dadurch auch emotio-
nal für seine Musik zu gewinnen (501). Laut N. kann Wagner durch seine theo-
retischen Schriften sehr unterschiedliche Reaktionen in den Lesern hervorru-
fen: sowohl „andächtiges Zuschauen" als auch „Unruhe" und Aufregung (502).
N. diagnostiziert bei der Lektüre von Wagners Schriften dialektische Brechun-
gen, Stilwechsel und einen Gestus „von autoritativer Würde" (502), der den
Eindruck nahelege, er spreche vor seinen Feinden. Trotz seiner bildungsschwe-
ren und deshalb nicht populären Prosa sehe Wagner die Adressaten seines
Musiktheaters weit entfernt vom „Dunstkreis der Gelehrten" (503) und hebe
den Gegensatz von Gelehrsamkeit und Ungebildetheit in seiner Opernkunst
auf: Denn hier bediene er sich nicht des exklusiven Idioms der gebildeten
Schicht und könne daher auch den „Niedrigen und Armen im Geiste" Trost
spenden (503).
Anschließend reflektiert N. die Schwierigkeit, wie sich durch die „unheim-
liche sociale Unsicherheit" der Moderne die „heimathlose Kunst" Wagners in
eine bessere Zukunft hinüberretten lasse (504). Gerade darum ringe der Kom-
ponist auch mit seinen theoretischen Schriften. Mit besonderer Wertschätzung
für die Deutschen und ihre politischen Ambitionen verbinde er allerdings eine
internationale Ausrichtung seiner Konzepte. Eine für Wagner bittere Dispropor-
tionalität liege jedoch darin, dass er seiner eigenen Zeit nicht wirklich angehö-
re und sich mit der „Sprache seiner Kunst" entschieden an die künftigen Men-
schen wende (505).
11.
Im abschließenden 11. Kapitel (506-510) führt N. die Zukunftsthematik weiter
und verbindet damit die Feststellung, Wagner selbst sei „kein Utopist" (506).
Nach einer prinzipiellen Absage an die Utopie einer kommenden idealen Welt-
ordnung sieht N. den Zukunftsglauben Wagners durch das Vertrauen bedingt,
dass der Kunst in den künftigen Entwicklungsprozessen des Menschen eine
wichtige Funktion zukomme. Den künftigen Generationen prognostiziert N.
eine zunehmende Freiheit und Offenheit auch jenseits moralischer Normierun-