Stellenkommentar UB IV WB 4, KSA 1, S. 446 411
446, 7-10 Die Hellenisirung der Welt und, diese zu ermöglichen, die Orientalisi-
rung des Hellenischen - die Doppel-Aufgabe des grossen Alexander - ist immer
noch das letzte grosse Ereigniss] Gemeint sind hier kulturhistorische Entwick-
lungsprozesse seit Alexander dem Großen. Die Eroberung des Orients und
Ägyptens durch Alexander den Großen hatte zur Folge, dass vor allem der Ori-
ent durch die griechische Kultur überformt wurde, die allerdings zugleich auch
selbst eine nachhaltige Beeinflussung durch die orientalische Kultur erfuhr.
Vgl. NK 434, 28-30 und 447, 21-24. - Schon in der Mitte des 19. Jahrhunderts
gebrauchte der deutsche Historiker Johann Gustav Droysen den Begriff ,Helle-
nismus' als Epochenbezeichnung, und zwar für die Kultur in der Zeitphase von
Alexander dem Großen bis zu Augustus, in der es zu Synthesen von griechi-
scher und orientalischer Kultur kam. Zuvor verwendete man den Begriff ,helle-
nismös' bereits in der Antike, um eine Nachahmung griechischer Kultur zu
bezeichnen. Der von N. bewunderte Jacob Burckhardt (1818-1897), der an der
Universität Basel seit 1858 als Professor für Geschichte und Kunstgeschichte
tätig war, sprach der Hellenisierung der Welt eine besondere kulturelle Bedeu-
tung zu.
446, 22 die griechischen Analogien] Indem N. Parallelen zwischen seiner Ge-
genwart und der griechischen Antike betont, versucht er zugleich der Musik
Richard Wagners eine besondere kulturelle Legitimation zu verschaffen. Da-
durch, dass er Wagners Musik in eine Affinität zur Tragödie des Aischylos
bringt, stellt er den Komponisten in eine Traditionslinie, die ganz in dessen
Sinne war. Denn Wagner brachte seine besondere Wertschätzung für Aischylos
wiederholt zum Ausdruck. In der Geburt der Tragödie reicht N.s Strategie der
Analogisierung so weit, dass sich mitunter schwer feststellen lässt, ob von der
griechischen Tragödie oder vom Musikdrama Wagners die Rede ist. Zur Rela-
tion zwischen Aischylos und Wagner im Kontext der sonstigen von N. expo-
nierten Übereinstimmungen vgl. auch NK 446, 23-25. - Die von 446, 19 bis 447,
7 reichende Textpassage verweist durch das Prinzip geschichtlicher Analogie-
bildung zugleich auch auf verbreitete Strategien historiographischer Darstel-
lung und lässt insofern Affinitäten zu UB II HL hervortreten. Im vorliegenden
Kontext von UB IV WB thematisiert N. „Erscheinungen", die „unerklärbar in
der Luft schweben würden, wenn man sie nicht, über einen mächtigen Zeit-
raum hinweg, an die griechischen Analogien anknüpfen könnte"; durch „sol-
che Nähen und Verwandtschaften" sieht er sich an die Relativität der Zeit erin-
nert (446, 19-26). Dann lässt N. die Generalisierung folgen: „Das Bild unserer
gegenwärtigen Welt ist durchaus kein neues: immer mehr muss es Dem, der
die Geschichte kennt, so zu Muthe werden, als ob er alte vertraute Züge eines
Gesichtes wieder erkenne" (447, 2-5).
446, 7-10 Die Hellenisirung der Welt und, diese zu ermöglichen, die Orientalisi-
rung des Hellenischen - die Doppel-Aufgabe des grossen Alexander - ist immer
noch das letzte grosse Ereigniss] Gemeint sind hier kulturhistorische Entwick-
lungsprozesse seit Alexander dem Großen. Die Eroberung des Orients und
Ägyptens durch Alexander den Großen hatte zur Folge, dass vor allem der Ori-
ent durch die griechische Kultur überformt wurde, die allerdings zugleich auch
selbst eine nachhaltige Beeinflussung durch die orientalische Kultur erfuhr.
Vgl. NK 434, 28-30 und 447, 21-24. - Schon in der Mitte des 19. Jahrhunderts
gebrauchte der deutsche Historiker Johann Gustav Droysen den Begriff ,Helle-
nismus' als Epochenbezeichnung, und zwar für die Kultur in der Zeitphase von
Alexander dem Großen bis zu Augustus, in der es zu Synthesen von griechi-
scher und orientalischer Kultur kam. Zuvor verwendete man den Begriff ,helle-
nismös' bereits in der Antike, um eine Nachahmung griechischer Kultur zu
bezeichnen. Der von N. bewunderte Jacob Burckhardt (1818-1897), der an der
Universität Basel seit 1858 als Professor für Geschichte und Kunstgeschichte
tätig war, sprach der Hellenisierung der Welt eine besondere kulturelle Bedeu-
tung zu.
446, 22 die griechischen Analogien] Indem N. Parallelen zwischen seiner Ge-
genwart und der griechischen Antike betont, versucht er zugleich der Musik
Richard Wagners eine besondere kulturelle Legitimation zu verschaffen. Da-
durch, dass er Wagners Musik in eine Affinität zur Tragödie des Aischylos
bringt, stellt er den Komponisten in eine Traditionslinie, die ganz in dessen
Sinne war. Denn Wagner brachte seine besondere Wertschätzung für Aischylos
wiederholt zum Ausdruck. In der Geburt der Tragödie reicht N.s Strategie der
Analogisierung so weit, dass sich mitunter schwer feststellen lässt, ob von der
griechischen Tragödie oder vom Musikdrama Wagners die Rede ist. Zur Rela-
tion zwischen Aischylos und Wagner im Kontext der sonstigen von N. expo-
nierten Übereinstimmungen vgl. auch NK 446, 23-25. - Die von 446, 19 bis 447,
7 reichende Textpassage verweist durch das Prinzip geschichtlicher Analogie-
bildung zugleich auch auf verbreitete Strategien historiographischer Darstel-
lung und lässt insofern Affinitäten zu UB II HL hervortreten. Im vorliegenden
Kontext von UB IV WB thematisiert N. „Erscheinungen", die „unerklärbar in
der Luft schweben würden, wenn man sie nicht, über einen mächtigen Zeit-
raum hinweg, an die griechischen Analogien anknüpfen könnte"; durch „sol-
che Nähen und Verwandtschaften" sieht er sich an die Relativität der Zeit erin-
nert (446, 19-26). Dann lässt N. die Generalisierung folgen: „Das Bild unserer
gegenwärtigen Welt ist durchaus kein neues: immer mehr muss es Dem, der
die Geschichte kennt, so zu Muthe werden, als ob er alte vertraute Züge eines
Gesichtes wieder erkenne" (447, 2-5).