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Neymeyr, Barbara; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Contr.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 1,4): Kommentar zu Nietzsches "Unzeitgemässen Betrachtungen": III. Schopenhauer als Erzieher, IV. Richard Wagner in Bayreuth — Berlin, Boston: de Gruyter, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.69928#0483
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456 Richard Wagner in Bayreuth

der Revolution und zu den revolutionären Tendenzen Wagners vgl. auch NK 448,
4-10; 451, 14-18; 475, 10-11; 476, 8-9; 504, 18-21; 504, 27-30; 508, 29-33.
Die Polemik gegen die ,Kunstfreunde' findet sich auch in anderen Früh-
schriften N.s. - Schon gegen Ende des 18. Jahrhunderts war der Begriff des
,Kunstfreundes' aufgekommen. Campe verzeichnet ihn in seinem Wörterbuch
als Neologismus mit einer Bedeutung, die Analogien zu der des ,Dilettanten'
aufweist. Goethe verwendet ihn gelegentlich bereits vor 1800, im Zeitraum zwi-
schen 1800 und 1832 dann mit auffallender Häufigkeit und fast durchgehend
in positivem Sinne. So spricht er von „echten Kunstfreunden", „geistreichen
Kunstfreunden", „wahren Kunstfreunden", besonders oft von den „Weimari-
schen Kunstfreunden". Vgl. den Artikel „Kunstfreund" im Goethe-Wörterbuch
(Bd. V, Sp. 816-817). Im Jahre 1825 wurde in Berlin der ,Verein der Kunstfreunde
im preußischen Staate' von prominenten Gründungsmitgliedern initiiert, da-
runter auch Wilhelm von Humboldt und der Architekt, Stadtplaner und Maler
Karl Friedrich Schinkel. Im Jahre 1833 erschien in Nürnberg ein Neues Maler-
Lexicon zum Handgebrauch für Kunstfreunde.
460, 29-33 ruft man alle bösen Dämonen auf, um sich durch diese Jäger wie
ein Wild treiben zu lassen: man lechzt nach Leiden, Zorn, Hass, Erhitzung, plötz-
lichem Schrecken, athemloser Spannung und ruft den Künstler herbei als den
Beschwörer dieser Geisterjagd] In Menschliches Allzumenschliches II betont N.
im Text 170 die Problematik von Künstlern, die den Einsatz ästhetischer Mittel
bis zum Extrem forcieren: „Diese haben in ihren Büchsen die gewaltsamsten
Erregungsmittel, bei denen selbst der Halbtodte noch zusammenschrecken
muss; sie haben Betäubungen, Berauschungen, Erschütterungen, Thränen-
krämpfe: mit diesen überwältigen sie den Ermüdeten und bringen ihn in eine
übernächtige Ueberlebendigkeit, in ein Ausser-sich-sein des Entzückens und
des Schreckens" (KSA 2, 624, 11-17).
Eine derartige Wirkungsästhetik sieht N. später gerade durch den Kompo-
nisten Richard Wagner repräsentiert. Hatte er ihm Ende 1871 mit Nachdruck
seine Erstlingsschrift Die Geburt der Tragödie gewidmet (KSA 1, 24, 16-17), so
stellt er der neuen Ausgabe der Schrift im Jahre 1886, lange nach seiner Ab-
wendung von Wagner, den „Versuch einer Selbstkritik" voran: Hier verurteilt
N. Wagners Musik als „eine Nervenverderberin ersten Ranges" (KSA 1, 20, 24-
25), „als berauschendes und zugleich benebelndes Narkotikum" (KSA 1, 20,
27-28). Besonders polemisch geht N. in seiner Schrift Der Fall Wagner auf die
Problematik einer Berauschung durch Wagners Musik ein: „Wagner ist ein
grosser Verderb für die Musik. Er hat in ihr das Mittel errathen, müde Nerven
zu reizen, - er hat die Musik damit krank gemacht. Seine Erfindungsgabe ist
keine kleine in der Kunst, die Erschöpftesten wieder aufzustacheln, die Halb-
todten in's Leben zu rufen. Er ist der Meister hypnotischer Griffe, er wirft die
 
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