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Neymeyr, Barbara; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 1,4): Kommentar zu Nietzsches "Unzeitgemässen Betrachtungen": III. Schopenhauer als Erzieher, IV. Richard Wagner in Bayreuth — Berlin, Boston: de Gruyter, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.69928#0484
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Stellenkommentar UB IV WB 5, KSA 1, S. 460-461 457

Stärksten noch wie Stiere um. Der Erfolg Wagner's - sein Erfolg bei den Ner-
ven und folglich bei den Frauen - er hat die ganze ehrgeizige Musiker-Welt zu
Jüngern seiner Geheimkunst gemacht" (KSA 6, 23, 12-20).
460, 33 - 461, 2 Die Kunst ist jetzt in dem Seelen-Haushalte unserer Gebildeten
ein ganz erlogenes oder ein schmähliches, entwürdigendes Bedürfniss, entweder
ein Nichts oder ein böses Etwas.] Eine Vorstufe des Textes lautet: „sie denken
viel <zu> wenig oder viel zu gemein von dem Leben, um eine ganz andre
Berechtigung der Kunst in diesem Leben auch nur zu ahnen: und wenn man
diese ihnen deutlich machen könnte, so würden sie die Kunst ebenso hassen,
wie alles was ihre Gedankenlosigkeit und gründliche Verweltlichung [und Ver-
worfenheit]" (KSA 14, 88).
461, 2-6 Der Künstler, der bessere und seltenere [...] wiederholt zögernd mit
unsicherer Stimme gespenstisch schöne Worte, die er von ganz fernen Orten her
zu hören meint] Vgl. dazu ein nachgelassenes Notat N.s: „Eine Kultur, welche
der griechischen nachläuft, kann nichts erzeugen. Wohl kann der Schaffende
überall her entlehnen und sich nähren. Und so werden wir auch nur als Schaf-
fende etwas von den Griechen haben können" (NL 1875, 7 [1], KSA 8, 121). -
Wagner hatte in seiner Abhandlung Die Kunst und die Revolution (1849) erklärt:
„Aber eben die Revolution, nicht etwa die Restauration, kann uns jenes
höchste Kunstwerk [die Tragödie] wiedergeben [...] Etwas ganz Anderes haben
wir daher zu schaffen, als etwa eben nur das Griechenthum wieder herzustel-
len; gar wohl ist die thörige Restauration eines Scheingriechenthums im Kunst-
werke versucht worden [...] Nein, wir wollen nicht wieder Griechen werden [...]"
(GSD III, 30). Wagner und N. nehmen hier die seit dem 18. Jahrhundert geführte
Debatte über Nachahmung und Schöpfung, also über Mimesis (^qaig) und
Poiesis (noiqaig), sowie den Diskurs über Nachahmung (imitatio) und die wett-
eifernde eigene kreative Leistung (aemulatio) auf. In diesem Zusammenhang
wenden sie sich gegen den Klassizismus. Vgl. auch NK 447, 9-10.
461, 21-22 die unrichtige Empfindung] Hier schafft N. einen Kontrast zu
der „richtige[n] Empfindung" beim Erklingen der Musik (456, 13), die er
einige Seiten zuvor bereits hervorgehoben hat. Diese echte Empfindung be-
zeichnet er dort als „die Feindin aller Convention, aller künstlichen Entfrem-
dung und Unverständlichkeit zwischen Mensch und Mensch"; ihr traut er
daher die „Rückkehr zur Natur" und deren „Reinigung und Umwandelung" zu
(456, 13-16). Kurz darauf beklagt N., „wie verkehrt die Empfindung in unserer
Zeit geworden ist" (462, 2-3).
461, 29-31 So sind sie ganz und gar verwandelt und zu willenlosen Sclaven der
unrichtigen Empfindung herabgesetzt.] In früheren Textversionen wird ein Be-
 
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