458 Richard Wagner in Bayreuth
zug zu Sokrates hergestellt: „Wer vermöchte ihnen auch nur zu zeigen, dass
sie verzaubert sind, als die Sclaven der unrichtigen Empfindung - um nicht zu
fragen: Wer vermöchte sie zu erlösen?" Eine weitere Textvariante lautet: „Müß-
te man ihnen nicht das Gebet lehren, welches Sokrates -" (KSA 14, 88).
Zum Gebet des Sokrates vgl. Xenophons Memorabilien, die Erinnerungen an
Sokrates (I 3, 2).
6.
462, 4-9 Ehemals sah man mit ehrlicher Vornehmheit auf die Menschen herab,
die mit Geld Handel treiben, wenn man sie auch nöthig hatte; man gestand sich
ein, dass jede Gesellschaft ihre Eingeweide haben müsse. Jetzt sind sie die herr-
schende Macht in der Seele der modernen Menschheit, als der begehrlichste Theil
derselben.] Im Zuge der Industrialisierung, die große Investitionen mit entspre-
chend hohem Kapitalbedarf erforderlich machte, entwickelte sich im 19. Jahr-
hundert ein umfangreiches modernes Bankenwesen. Da die moderne Kapital-
wirtschaft bereits im Italien der frühen Neuzeit etabliert wurde, erklären sich
aus dieser Entstehungsgeschichte auch ihre italienischen Termini (banco, sal-
do, netto, brutto u.ä.), die bis heute gebräuchlich sind.
462, 11 nil admirari] Hier zitiert N. aus Horaz' Epistulae (I, 6, 1): „Nil admirari
prope res est una, Numici, / solaque quae possit facere et servare beatum"
(„Nichts in der Welt anstaunen, Numicius, dieses allein wohl, / Dieses nur
kann uns verleihn Glückseligkeit, und sie erhalten", Übersetzung von Johann
Heinrich Voß). Im näheren Kontext macht Horaz die Implikationen dieser Maxi-
me deutlich: Seines Erachtens beruht das Fundament des Glücks darauf, dass
es gelingt, Emotionen und Begehrlichkeiten zu vermeiden, die das Gemüt in
Unruhe versetzen könnten, etwa beim Anstaunen von Begierde weckenden Gü-
tern. Die stoische Provenienz von Horaz' Leitprinzip „Nil admirari" ist in seinen
Briefgedichten (Epistulae) daran zu erkennen, dass er selbst zugleich die vier
schädlichen Affekte thematisiert, vor denen die antiken Stoiker warnen: freudi-
ge Erregung, Begierde, Schmerz und Furcht (vgl. Horaz: ebd., V. 12: „gaudeat
an doleat, cupiat metuatne").
In diesem Sinne charakterisiert auch Schopenhauer das Horazische „Nil
admirari" als eine primär praktisch relevante Maxime. Dezidiert erklärt er in
seiner Kritik der Kantischen Philosophie, dem Anhang zur Welt als Wille und
Vorstellung I: „Nil admirari mit ,Nichts bewundern' zu übersetzen ist ganz
falsch. Dieser Horazische Ausspruch geht nicht sowohl auf das Theoretische,
als auf das Praktische, und will eigentlich sagen: ,Schätze keinen Gegenstand
unbedingt, vergaffe dich in nichts, glaube nicht, daß der Besitz irgend einer
zug zu Sokrates hergestellt: „Wer vermöchte ihnen auch nur zu zeigen, dass
sie verzaubert sind, als die Sclaven der unrichtigen Empfindung - um nicht zu
fragen: Wer vermöchte sie zu erlösen?" Eine weitere Textvariante lautet: „Müß-
te man ihnen nicht das Gebet lehren, welches Sokrates -" (KSA 14, 88).
Zum Gebet des Sokrates vgl. Xenophons Memorabilien, die Erinnerungen an
Sokrates (I 3, 2).
6.
462, 4-9 Ehemals sah man mit ehrlicher Vornehmheit auf die Menschen herab,
die mit Geld Handel treiben, wenn man sie auch nöthig hatte; man gestand sich
ein, dass jede Gesellschaft ihre Eingeweide haben müsse. Jetzt sind sie die herr-
schende Macht in der Seele der modernen Menschheit, als der begehrlichste Theil
derselben.] Im Zuge der Industrialisierung, die große Investitionen mit entspre-
chend hohem Kapitalbedarf erforderlich machte, entwickelte sich im 19. Jahr-
hundert ein umfangreiches modernes Bankenwesen. Da die moderne Kapital-
wirtschaft bereits im Italien der frühen Neuzeit etabliert wurde, erklären sich
aus dieser Entstehungsgeschichte auch ihre italienischen Termini (banco, sal-
do, netto, brutto u.ä.), die bis heute gebräuchlich sind.
462, 11 nil admirari] Hier zitiert N. aus Horaz' Epistulae (I, 6, 1): „Nil admirari
prope res est una, Numici, / solaque quae possit facere et servare beatum"
(„Nichts in der Welt anstaunen, Numicius, dieses allein wohl, / Dieses nur
kann uns verleihn Glückseligkeit, und sie erhalten", Übersetzung von Johann
Heinrich Voß). Im näheren Kontext macht Horaz die Implikationen dieser Maxi-
me deutlich: Seines Erachtens beruht das Fundament des Glücks darauf, dass
es gelingt, Emotionen und Begehrlichkeiten zu vermeiden, die das Gemüt in
Unruhe versetzen könnten, etwa beim Anstaunen von Begierde weckenden Gü-
tern. Die stoische Provenienz von Horaz' Leitprinzip „Nil admirari" ist in seinen
Briefgedichten (Epistulae) daran zu erkennen, dass er selbst zugleich die vier
schädlichen Affekte thematisiert, vor denen die antiken Stoiker warnen: freudi-
ge Erregung, Begierde, Schmerz und Furcht (vgl. Horaz: ebd., V. 12: „gaudeat
an doleat, cupiat metuatne").
In diesem Sinne charakterisiert auch Schopenhauer das Horazische „Nil
admirari" als eine primär praktisch relevante Maxime. Dezidiert erklärt er in
seiner Kritik der Kantischen Philosophie, dem Anhang zur Welt als Wille und
Vorstellung I: „Nil admirari mit ,Nichts bewundern' zu übersetzen ist ganz
falsch. Dieser Horazische Ausspruch geht nicht sowohl auf das Theoretische,
als auf das Praktische, und will eigentlich sagen: ,Schätze keinen Gegenstand
unbedingt, vergaffe dich in nichts, glaube nicht, daß der Besitz irgend einer