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Neymeyr, Barbara; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Contr.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 1,4): Kommentar zu Nietzsches "Unzeitgemässen Betrachtungen": III. Schopenhauer als Erzieher, IV. Richard Wagner in Bayreuth — Berlin, Boston: de Gruyter, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.69928#0584
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Stellenkommentar UB IV WB 10, KSA 1, S. 503 557

Die Kultur der Renaissance in Italien) ihre Verdienste bei der Wiederentdeckung
des klassischen Altertums sowie ihren Individualismus und ihre Abkehr von
der Religiosität des Mittelalters. Den Immoralismus des Renaissance-Menschen
bewertet N. positiv als Voraussetzung für große kulturelle Leistungen - im Sin-
ne einer „Symbiose von Vitalität und Kultur, von Macht und Pracht" (Henning
Ottmann, NH 2000, 311). Und im Antichrist charakterisiert N. die Renaissance
durch die „Umwerthung der christlichen Werthe" und identifiziert
sich ausdrücklich mit dem Ziel, „die Gegen-Werthe, die vornehmen Werthe
zum Sieg zu bringen" (KSA 6, 250, 21-24).
503, 18-19 Goethe und Leopardi als die letzten grossen Nachzügler der italieni-
schen Philologen-Poeten] Vgl. auch NK 503, 13. Auf den von Schopenhauer
(WWV II, Kap. 46, Hü 675) und von ihm selbst (insbesondere im Frühwerk)
auch wegen der pessimistischen Grundierung seiner Lyrik sehr geschätzten ita-
lienischen Dichter Giacomo Leopardi (1798-1837) bezieht sich N. zuvor bereits
in UB II HL: Schon in der markanten Anfangspassage von UB II HL 1 rekurriert
N. implizit auf Verse Leopardis (vgl. dazu die Quelle in NK 248, 2-6). Wenig
später zitiert er dann auch explizit aus der deutschen Übersetzung eines Ge-
dichts von Leopardi (vgl. NK 256, 18-26). Darüber hinaus finden sich in N.s
Briefen sowie in nachgelassenen Notaten späterer Jahre etliche Bezugnahmen
auf Leopardi (vgl. NK 256, 18-25). - Mit dem Begriff „Philologen-Poeten" spielt
N. auf bedeutende Humanisten wie Francesco Petrarca an, die philologische,
philosophische und historische Studien zur Basis ihrer poetischen Werke
machten. - In einem nachgelassenen Notat von 1875 erklärt N.: „Leopardi ist
das moderne Ideal eines Philologen; die deutschen Philologen können nichts
machen" (NL 1875, 3 [23], KSA 8, 22). Im selben Jahr notiert N. auch: „Ich
empfehle an Stelle des Lateinischen den griechischen Stil auszubilden, beson-
ders an Demosthenes: Einfachheit. Auf Leopardi zu verweisen, der vielleicht
der grösste Stilist des Jahrhunderts ist" (NL 1875, 3 [71], KSA 8, 35). - Und im
Text 92 der Fröhlichen Wissenschaft betont N., „dass die grossen Meister der
Prosa fast immer auch Dichter gewesen sind" (KSA 3, 447, 19-20). Diese Dop-
pelbegabung exemplifiziert er dann mit Leopardi: „Vier sehr seltsame und
wahrhaft dichterische Menschen waren es in diesem Jahrhundert, welche an
die Meisterschaft der Prosa gereicht haben, für die sonst diess Jahrhundert
nicht gemacht ist - aus Mangel an Poesie": „nur Giacomo Leopardi, Prosper
Merimee, Ralph Waldo Emerson und Walter Savage Landor" sieht N. „als wür-
dig an, Meister der Prosa zu heissen" (KSA 3, 448, 10-19).
503, 25-26 „meine Sachen können nicht populär werden; wer daran denkt und
dafür strebt, ist im Irrthum."] Vgl. dazu Johann Peter Eckermanns Gespräche
mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens (1836-1848), Zweiter Teil, 11. Ok-
 
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