562 Richard Wagner in Bayreuth
fen! sie ist 1) ein Geschenk W<agner>s an mich, 2) hat W<agner> mit diesem
Exemplar der Partitur die erste Aufführung des Werks (in Leipzig) dirigirt;
3) sind handschriftliche Veränderungen im Notentext darin, derentwegen die-
ses Exemplar einen einzigen Werth hat" (KSB 7, Nr. 659, S. 135).
504, 33 - 505, 1-5 Im Allgemeinen ist aber der hülfreiche Drang des schaffenden
Künstlers zu gross, der Horizont seiner Menschenliebe zu umfänglich, als dass
sein Blick an den Umzäunungen des nationalen Wesens hängen bleiben sollte.
Seine Gedanken sind wie die jedes guten und grossen Deutschen überdeutsch
und die Sprache seiner Kunst redet nicht zu Völkern, sondern zu Menschen.] Ob-
wohl Wagner die politischen Machthaber strategisch für sich einzunehmen ver-
suchte, um seine Position als Künstler zu verbessern (vgl. NK 504, 31-32),
tendiert N. mitunter dazu, diese pragmatische Haltung zu relativieren. Unver-
kennbar ist allerdings Wagners nationalistische Einstellung, die N. später wie-
derholt scharf attackiert. Vgl. dazu das Kapitel IV.3 im Überblickskommentar,
das N.s ambivalentes Verhältnis zu Richard Wagner behandelt.
505, 6 Aber zu Menschen der Zukunft.] Durch die Hervorhebung im
Schriftbild wird hier das Leitmotiv der Schlusspassage von UB IV WB akzentu-
iert: die Thematik der „Zukunft". Zuvor intoniert N. das Motiv der „Zukunft"
bereits in 500, 27; 500, 30; 500, 31, um es dann wenig später noch zu intensi-
vieren: vgl. 503, 32; 504, 8; 504, 11; 504, 15. Die finale Klimax findet sich dann
im 11. Kapitel. Vgl. dazu auch die folgende Vorstufe: „Menschen. Alle Men-
schen können diese Sprache hören: aber welche werden sie am besten hören?
Welche werden ihrer am bedürftigsten sein? - So müssen wir jetzt, in der Ge-
genwart, fragen. Irgend einer Zukunft, irgend einem Zeitalter ist es wohl vorbe-
halten, von sich selber, als einem Ganzen, zu sagen, daß es mehr als alle frühe-
ren Zeitalter gerade dieser Kunst bedürftig sei: dann erst wird es, als Hörer und
Schauer, jenes ,Volk' geben, für welches Wagner dichtet, [das Wort hier nicht
als Gegensatz einer Nation zu einer anderen verstanden, [...] und Volk wird
dann nicht an die Gegensätze von Gebildeten und Ungebildeten, von Höher-
und Niedergestellten erinnern] eine Vielheit von Menschen, welche ihre eigent-
lichen Nöthe und ihre die wahren Lösungen dieser ihrer Nöthe mit einander
gemein haben. - Was wird Wagner einmal, für dieses Volk, sein? - [Er ist der
letzte -]" (KGW IV 4, 156).
505, 8-9 Kein Künstler irgend welcher Vergangenheit hat eine so merkwürdige
Mitgift von seinem Genius erhalten] Der Begriff ,Genius' steht für die individuel-
len Fähigkeiten, das kreative Potential eines Menschen und wird auch syno-
nym zu ,Genie' verwendet. In der römischen Mythologie galt der Genius, den
man geflügelt darstellte, als eine der niederen Gottheiten. Er fungierte als
Schutzgeist und wurde als die göttliche Inkarnation des Wesens eines Men-
fen! sie ist 1) ein Geschenk W<agner>s an mich, 2) hat W<agner> mit diesem
Exemplar der Partitur die erste Aufführung des Werks (in Leipzig) dirigirt;
3) sind handschriftliche Veränderungen im Notentext darin, derentwegen die-
ses Exemplar einen einzigen Werth hat" (KSB 7, Nr. 659, S. 135).
504, 33 - 505, 1-5 Im Allgemeinen ist aber der hülfreiche Drang des schaffenden
Künstlers zu gross, der Horizont seiner Menschenliebe zu umfänglich, als dass
sein Blick an den Umzäunungen des nationalen Wesens hängen bleiben sollte.
Seine Gedanken sind wie die jedes guten und grossen Deutschen überdeutsch
und die Sprache seiner Kunst redet nicht zu Völkern, sondern zu Menschen.] Ob-
wohl Wagner die politischen Machthaber strategisch für sich einzunehmen ver-
suchte, um seine Position als Künstler zu verbessern (vgl. NK 504, 31-32),
tendiert N. mitunter dazu, diese pragmatische Haltung zu relativieren. Unver-
kennbar ist allerdings Wagners nationalistische Einstellung, die N. später wie-
derholt scharf attackiert. Vgl. dazu das Kapitel IV.3 im Überblickskommentar,
das N.s ambivalentes Verhältnis zu Richard Wagner behandelt.
505, 6 Aber zu Menschen der Zukunft.] Durch die Hervorhebung im
Schriftbild wird hier das Leitmotiv der Schlusspassage von UB IV WB akzentu-
iert: die Thematik der „Zukunft". Zuvor intoniert N. das Motiv der „Zukunft"
bereits in 500, 27; 500, 30; 500, 31, um es dann wenig später noch zu intensi-
vieren: vgl. 503, 32; 504, 8; 504, 11; 504, 15. Die finale Klimax findet sich dann
im 11. Kapitel. Vgl. dazu auch die folgende Vorstufe: „Menschen. Alle Men-
schen können diese Sprache hören: aber welche werden sie am besten hören?
Welche werden ihrer am bedürftigsten sein? - So müssen wir jetzt, in der Ge-
genwart, fragen. Irgend einer Zukunft, irgend einem Zeitalter ist es wohl vorbe-
halten, von sich selber, als einem Ganzen, zu sagen, daß es mehr als alle frühe-
ren Zeitalter gerade dieser Kunst bedürftig sei: dann erst wird es, als Hörer und
Schauer, jenes ,Volk' geben, für welches Wagner dichtet, [das Wort hier nicht
als Gegensatz einer Nation zu einer anderen verstanden, [...] und Volk wird
dann nicht an die Gegensätze von Gebildeten und Ungebildeten, von Höher-
und Niedergestellten erinnern] eine Vielheit von Menschen, welche ihre eigent-
lichen Nöthe und ihre die wahren Lösungen dieser ihrer Nöthe mit einander
gemein haben. - Was wird Wagner einmal, für dieses Volk, sein? - [Er ist der
letzte -]" (KGW IV 4, 156).
505, 8-9 Kein Künstler irgend welcher Vergangenheit hat eine so merkwürdige
Mitgift von seinem Genius erhalten] Der Begriff ,Genius' steht für die individuel-
len Fähigkeiten, das kreative Potential eines Menschen und wird auch syno-
nym zu ,Genie' verwendet. In der römischen Mythologie galt der Genius, den
man geflügelt darstellte, als eine der niederen Gottheiten. Er fungierte als
Schutzgeist und wurde als die göttliche Inkarnation des Wesens eines Men-