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Kaufmann, Sebastian; Nietzsche, Friedrich; Walter de Gruyter GmbH & Co. KG [Mitarb.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 3,2, 1. Teilband): Kommentar zu Nietzsches "Die fröhliche Wissenschaft" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2022

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https://doi.org/10.11588/diglit.73066#0088
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Überblickskommentar 65

,Ausgewogenheit' gegenüber den ,überspannten' Tönen aus N.s Spätwerk be-
vorzugen, bleibt Baeumler denkbar weit entfernt. Obwohl er durchaus auf
einzelne ,Aphorismen' aus dem Werk verweist oder kürzere Passagen aus ih-
nen zitiert, ist seine Tendenz klar erkennbar, es gerade von späteren Texten
aus bzw. als deren Vorbereitung zu deuten: Explizit angeführt werden in die-
sem Zusammenhang JGB und WzM, aber natürlich auch Za, wobei der Hin-
weis auf „die Lehre von der Ewigen Wiederkunft" und den ersten öffentlichen
Auftritt von deren späterem „Verkünder [...] Zarathustra" (ebd., 325) in den
Schlussabschnitten des Vierten Buchs FW 341 und 342 auch hier nicht fehlen
darf.
In Karl Löwiths 1935 zuerst erschienener Monographie Nietzsches Philoso-
phie der ewigen Wiederkunft des Gleichen (2. Auflage 1957 mit „Wiederkehr"
statt „Wiederkunft" im Titel) kommt FW ebenfalls zur Sprache. Löwith legt das
inzwischen längst etablierte Drei-Phasen-Modell zugrunde, präzisiert jedoch,
ähnlich wie Förster-Nietzsche, dass nur „die vier ersten Bücher der Fröhlichen
Wissenschaft" die zweite „Periode" beenden (Löwith 1987, 125); das Fünfte
Buch klammert er aufgrund der späteren Entstehung damit aus. Löwith legt
dieselbe Hochschätzung der ,Wiederkunftslehre' wie schon 1894 Andreas-Salo-
me an den Tag und stipuliert: „Die dritte Periode beginnt auf dem Grunde des
Gedankens der ewigen Wiederkehr mit dem Zarathustra und endet mit Ecce
homo. Sie allein enthält Nietzsches eigene Philosophie." (Ebd.) Indes geht auch
Löwith nicht von ganz strikten ,Periodengrenzen' aus, sondern charakterisiert
FW seinerseits auf die schon bekannte Weise als Übergangswerk, wenngleich
stark eingeschränkt auf konkrete Textpassagen. So meint er einen „kritische[n]
Überschritt von der zweiten zur dritten Periode" zu erkennen, „der sich nach-
träglich in den Aphorismen 341 und 342 ausspricht" (ebd.), wobei die Rede von
Nachträglichkeit insofern irreführend ist, als diese Abschnitte bereits in der
Erstausgabe von 1882 enthalten waren und - wie alle älteren Textteile - in der
Neuausgabe von 1887 unverändert blieben.
Auch Karl Jaspers neigt in seinem 1936 erstmals erschienenen Buch Nietz-
sche. Einführung in das Verständnis seines Philosophierens dazu, FW als bloßen
Übergang zu Za zu verstehen. Nicht nur als Abschluss von Altem erscheint FW
bei ihm, sondern auch als Übergang zu Neuem. Das Schema ähnelt vor allem
in puncto ,Unfröhlichkeit' dem Zieglers stark. Jaspers konstatiert: „Seit 1881
wußte Nietzsche also auch mit inhaltlicher Entschiedenheit, daß etwas ganz
Neues beginne. In der Folge kommt es im Erschrecken und mit dem Bewußt-
sein eines ungeheuren Ernstes zum Ausdruck. [...] Die erste Erscheinung dieses
Neuen ist im Werk der ,Zarathustra', nachdem in der ,Morgenröte' schon die
frühesten Spuren, in der ,Fröhlichen Wissenschaft' deutliche Anfänge sich ge-
zeigt haben. Angesichts dieses Neuen - noch bevor der Zarathustra da ist -
 
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