66 Die fröhliche Wissenschaft
rechnet Nietzsche die ,Fröhliche Wissenschaft' schon im Augenblick ihres Ab-
schlusses noch zum Vergangenen der zweiten Periode [...]. Mit dem ersten Buch
des Zarathustra dagegen ist sich Nietzsche sogleich des außerordentlichen Ein-
schnittes im Werk bewußt" (Jaspers 1936, 37). Wie die zuvor genannten Auto-
ren im Gefolge Andreas-Salomes vertritt Jaspers ebenfalls ein Drei-Perioden-
Modell von N.s Werk, wonach FW in „Nietzsches endgültiger Philosophie"
(ebd., 32) mündet, die für ihn ebenfalls fulminant mit Za beginnt (obwohl Jas-
pers der ,ewigen Wiederkehr' wegen ihrer „faktischen Bodenlosigkeit" [ebd.,
322] ablehnend gegenübersteht).
Eine schon deutlich prominentere Bedeutung kommt FW in Martin Heideg-
gers einflussreicher N.-Interpretation zu, die freilich ebenfalls auf Za (als „Vor-
halle") und vor allem auf WzM (als geplantes „Hauptwerk") konzentriert ist
(HGA 6/1, 9 f.). Heideggers N.-Rezeption hatte entscheidenden Anteil an der
Etablierung der neueren philosophischen N.-Forschung und prägte lange Zeit
weltweit das N.-Verständnis. In Heideggers prominentem Aufsatz Nietzsches
Wort „Gott ist tot" von 1943 heißt es über FW 125 (einen Text, der nicht zuletzt
durch Heideggers Auslegung zu den bekanntesten Abschnitten der gesamten
Schrift gehört): „Nietzsche hat das Wort ,Gott ist tot' zum ersten Mal im dritten
Buch der 1882 erschienenen Schrift ,Die fröhliche Wissenschaft' ausgespro-
chen. Mit dieser Schrift beginnt der Weg Nietzsches zur Ausbildung seiner me-
taphysischen Grundstellung." (HGA 5, 214) Heidegger deutet FW also ebenfalls
als Übergangswerk, hebt aber nicht auf den Abschluss des Alten, vielmehr auf
den Beginn des Neuen ab. Mit diesem Neuen als dem Ausbau einer „metaphy-
sischen Grundstellung" ist gemeint, dass der ,eigentliche' N. als der Denker
des Nihilismus die letzte Vollendungsgestalt der abendländischen Metaphysik
sei. Heidegger dekretiert: „Der Versuch, Nietzsches Wort ,Gott ist tot' zu erläu-
tern, ist gleichbedeutend mit der Aufgabe darzulegen, was Nietzsche unter Ni-
hilismus versteht, und so zu zeigen, wie Nietzsche selbst zum Nihilismus
steht." (Ebd., 217) Auch in dem auf Vorlesungen, Vorträgen und Abhandlungen
aus der Zeit zwischen 1936 und 1949 zurückgehenden, zweibändigen Nietz-
sche-Buch, das in erster Auflage 1961 erschien, geht Heidegger auf FW ein und
stellt heraus, dass es sich dabei um eine „Wandlung" in N.s Denken handle.
Im Abschnitt „Die ewige Wiederkehr des Gleichen" in Nietzsche I heißt es hin-
sichtlich N.s ,Lehre' von der ewigen Wiederkunft, die Heidegger zusammen
mit dem Gedanken des Willens zur Macht als N.s Bestimmung des ,Seins des
Seienden' versteht, abermals, dass mit FW das ,eigentliche' Denken N.s begin-
ne: „Mit dem Augenblick, da ,der Ewige-Wiederkunfts-Gedanke' über ihn kam,
wurde die schon seit einiger Zeit sich bahnbrechende Wandlung seiner Grund-
stimmung endgültig. Die Vorbereitung einer Wandlung" erblickt Heidegger
zwar bereits in M, die „endgültige Festigung der gewandelten Grundstimmung,
rechnet Nietzsche die ,Fröhliche Wissenschaft' schon im Augenblick ihres Ab-
schlusses noch zum Vergangenen der zweiten Periode [...]. Mit dem ersten Buch
des Zarathustra dagegen ist sich Nietzsche sogleich des außerordentlichen Ein-
schnittes im Werk bewußt" (Jaspers 1936, 37). Wie die zuvor genannten Auto-
ren im Gefolge Andreas-Salomes vertritt Jaspers ebenfalls ein Drei-Perioden-
Modell von N.s Werk, wonach FW in „Nietzsches endgültiger Philosophie"
(ebd., 32) mündet, die für ihn ebenfalls fulminant mit Za beginnt (obwohl Jas-
pers der ,ewigen Wiederkehr' wegen ihrer „faktischen Bodenlosigkeit" [ebd.,
322] ablehnend gegenübersteht).
Eine schon deutlich prominentere Bedeutung kommt FW in Martin Heideg-
gers einflussreicher N.-Interpretation zu, die freilich ebenfalls auf Za (als „Vor-
halle") und vor allem auf WzM (als geplantes „Hauptwerk") konzentriert ist
(HGA 6/1, 9 f.). Heideggers N.-Rezeption hatte entscheidenden Anteil an der
Etablierung der neueren philosophischen N.-Forschung und prägte lange Zeit
weltweit das N.-Verständnis. In Heideggers prominentem Aufsatz Nietzsches
Wort „Gott ist tot" von 1943 heißt es über FW 125 (einen Text, der nicht zuletzt
durch Heideggers Auslegung zu den bekanntesten Abschnitten der gesamten
Schrift gehört): „Nietzsche hat das Wort ,Gott ist tot' zum ersten Mal im dritten
Buch der 1882 erschienenen Schrift ,Die fröhliche Wissenschaft' ausgespro-
chen. Mit dieser Schrift beginnt der Weg Nietzsches zur Ausbildung seiner me-
taphysischen Grundstellung." (HGA 5, 214) Heidegger deutet FW also ebenfalls
als Übergangswerk, hebt aber nicht auf den Abschluss des Alten, vielmehr auf
den Beginn des Neuen ab. Mit diesem Neuen als dem Ausbau einer „metaphy-
sischen Grundstellung" ist gemeint, dass der ,eigentliche' N. als der Denker
des Nihilismus die letzte Vollendungsgestalt der abendländischen Metaphysik
sei. Heidegger dekretiert: „Der Versuch, Nietzsches Wort ,Gott ist tot' zu erläu-
tern, ist gleichbedeutend mit der Aufgabe darzulegen, was Nietzsche unter Ni-
hilismus versteht, und so zu zeigen, wie Nietzsche selbst zum Nihilismus
steht." (Ebd., 217) Auch in dem auf Vorlesungen, Vorträgen und Abhandlungen
aus der Zeit zwischen 1936 und 1949 zurückgehenden, zweibändigen Nietz-
sche-Buch, das in erster Auflage 1961 erschien, geht Heidegger auf FW ein und
stellt heraus, dass es sich dabei um eine „Wandlung" in N.s Denken handle.
Im Abschnitt „Die ewige Wiederkehr des Gleichen" in Nietzsche I heißt es hin-
sichtlich N.s ,Lehre' von der ewigen Wiederkunft, die Heidegger zusammen
mit dem Gedanken des Willens zur Macht als N.s Bestimmung des ,Seins des
Seienden' versteht, abermals, dass mit FW das ,eigentliche' Denken N.s begin-
ne: „Mit dem Augenblick, da ,der Ewige-Wiederkunfts-Gedanke' über ihn kam,
wurde die schon seit einiger Zeit sich bahnbrechende Wandlung seiner Grund-
stimmung endgültig. Die Vorbereitung einer Wandlung" erblickt Heidegger
zwar bereits in M, die „endgültige Festigung der gewandelten Grundstimmung,