Stellenkommentar FW Titel, KSA 3, S. 343 77
Brief an Erwin Rohde von Anfang Dezember 1882: „Was den Titel fröhliche
Wissenschaft' betrifft, so habe ich nur an die gaya scienza der Troubadours
gedacht" (KSB 6/KGB III 1, Nr. 345, S. 292, Z. 34 f.). Auch wenn diese Behaup-
tung in ihrer Ausschließlichkeit gewiss etwas zu einseitig ist, zeigt sie doch,
dass N. dieser Anspielungshorizont schon früh bekannt und wichtig war. Spä-
ter, im Vorfeld der Neuausgabe von FW, beklagte N. - bzw. seine Autor-Figur -
das Missverständnis, auf das der Titel bei den zeitgenössischen Lesern gesto-
ßen sei. So bemerkt er in einem nachgelassenen Entwurf zur „Vorrede" gegen
Ende 1885: „Von dieser ,fröhl. W.‘ hat man gar Nichts verstanden; nicht / ein-
mal den Titel, über dessen provenzalische Herkunft 'Sinn' wenigstens viele
Gelehrte" (KGW IX 5, W I 8, 64, 6-8 = NL 1885/86, 2[166], KSA 12, 150, 16-18).
Man wird diesen abgebrochenen Satz wohl folgendermaßen ergänzen dürfen:
,über dessen provenzalische Herkunft wenigstens viele Gelehrte nichts wuss-
ten.' Im selben Notat ist des Weiteren nicht nur allgemein die Rede vom „Miß-
verständniß der ,Heiterkeit'" (KGW IX 5, W I 8, 63, 15 = NL 1885/86, 2[166],
KSA 12, 150, 8), sondern konkreter noch „von einigen Gelehrten, welche 'deren
Eitelkeit an dem Worte' / Wissenschaft' Anstoß nahmen'C mir '- sie gaben
mir' zu verstehen gaben, das 'Das' sei ,fröhlich' vielleicht, sicherlich / aber
nicht Wissenschaft'-)" (KGW IX 5, W I 8, 64, 29-34 = NL 1885/86, 2[166],
KSA 12, 151, 18-21). Campioni 2010b, 15 f. hat darauf hingewiesen, dass N. hier
wohl vor allem an Erwin Rohde denkt, in dessen Brief vom 26. November 1882
es über FW heißt: „diese fröhliche Wissenschaft will mir freilich noch immer
nicht wie eine Wissenschaft erscheinen, aber sie wird nun wirklich immer frei-
er und fröhlicher" (KGB III 2, Nr. 158, S. 307, Z. 13-15). - Nicht von ungefähr
war es auch Rohde, den N. kurz darauf auf die titelgebende provenzalische
Trobadorkultur aufmerksam machte.
Als N. sich anschickt, bei seinem neuen (und alten) Verleger Ernst Wilhelm
Fritzsch in Leipzig Neuauflagen seiner früheren Werke erscheinen zu lassen,
fasst er den Entschluss, den einst schon für die erste Ausgabe von FW erwoge-
nen Untertitel für die zweite Ausgabe tatsächlich zu realisieren - zunächst al-
lerdings noch, wie gesagt, in der Variante „gai saber". Ausdrücklich begrün-
det er dies Fritzsch gegenüber im Brief vom 7. August 1886 unter Hinweis auf
das Missverständnis, mit dem der Titel bislang aufgenommen worden sei. So
hält er es für „nützlich", dort „eine kleine Erläuterung" beizufügen, „wo ich
das Mißverständliche eines Titels erprobt habe (z. B. zu ,die fröhliche Wis-
senschaft' der Zusatz in Parenthese ,gai saber', damit man an den provengali-
schen Ursprung meines Titels und an jene Dichter-Ritter, die Troubadours erin-
nert wird, die mit jener Formel all ihr Können und Wollen zusammenfaßten"
(KSB 7/KGB III 3, Nr. 730, S. 226, Z. 84-89). Auch in einem nachgelassenen Ent-
wurf der „Vorrede zur ,Fröhl[ichen] Wissenschaft'" bezeichnet N. diese aus-
Brief an Erwin Rohde von Anfang Dezember 1882: „Was den Titel fröhliche
Wissenschaft' betrifft, so habe ich nur an die gaya scienza der Troubadours
gedacht" (KSB 6/KGB III 1, Nr. 345, S. 292, Z. 34 f.). Auch wenn diese Behaup-
tung in ihrer Ausschließlichkeit gewiss etwas zu einseitig ist, zeigt sie doch,
dass N. dieser Anspielungshorizont schon früh bekannt und wichtig war. Spä-
ter, im Vorfeld der Neuausgabe von FW, beklagte N. - bzw. seine Autor-Figur -
das Missverständnis, auf das der Titel bei den zeitgenössischen Lesern gesto-
ßen sei. So bemerkt er in einem nachgelassenen Entwurf zur „Vorrede" gegen
Ende 1885: „Von dieser ,fröhl. W.‘ hat man gar Nichts verstanden; nicht / ein-
mal den Titel, über dessen provenzalische Herkunft 'Sinn' wenigstens viele
Gelehrte" (KGW IX 5, W I 8, 64, 6-8 = NL 1885/86, 2[166], KSA 12, 150, 16-18).
Man wird diesen abgebrochenen Satz wohl folgendermaßen ergänzen dürfen:
,über dessen provenzalische Herkunft wenigstens viele Gelehrte nichts wuss-
ten.' Im selben Notat ist des Weiteren nicht nur allgemein die Rede vom „Miß-
verständniß der ,Heiterkeit'" (KGW IX 5, W I 8, 63, 15 = NL 1885/86, 2[166],
KSA 12, 150, 8), sondern konkreter noch „von einigen Gelehrten, welche 'deren
Eitelkeit an dem Worte' / Wissenschaft' Anstoß nahmen'C mir '- sie gaben
mir' zu verstehen gaben, das 'Das' sei ,fröhlich' vielleicht, sicherlich / aber
nicht Wissenschaft'-)" (KGW IX 5, W I 8, 64, 29-34 = NL 1885/86, 2[166],
KSA 12, 151, 18-21). Campioni 2010b, 15 f. hat darauf hingewiesen, dass N. hier
wohl vor allem an Erwin Rohde denkt, in dessen Brief vom 26. November 1882
es über FW heißt: „diese fröhliche Wissenschaft will mir freilich noch immer
nicht wie eine Wissenschaft erscheinen, aber sie wird nun wirklich immer frei-
er und fröhlicher" (KGB III 2, Nr. 158, S. 307, Z. 13-15). - Nicht von ungefähr
war es auch Rohde, den N. kurz darauf auf die titelgebende provenzalische
Trobadorkultur aufmerksam machte.
Als N. sich anschickt, bei seinem neuen (und alten) Verleger Ernst Wilhelm
Fritzsch in Leipzig Neuauflagen seiner früheren Werke erscheinen zu lassen,
fasst er den Entschluss, den einst schon für die erste Ausgabe von FW erwoge-
nen Untertitel für die zweite Ausgabe tatsächlich zu realisieren - zunächst al-
lerdings noch, wie gesagt, in der Variante „gai saber". Ausdrücklich begrün-
det er dies Fritzsch gegenüber im Brief vom 7. August 1886 unter Hinweis auf
das Missverständnis, mit dem der Titel bislang aufgenommen worden sei. So
hält er es für „nützlich", dort „eine kleine Erläuterung" beizufügen, „wo ich
das Mißverständliche eines Titels erprobt habe (z. B. zu ,die fröhliche Wis-
senschaft' der Zusatz in Parenthese ,gai saber', damit man an den provengali-
schen Ursprung meines Titels und an jene Dichter-Ritter, die Troubadours erin-
nert wird, die mit jener Formel all ihr Können und Wollen zusammenfaßten"
(KSB 7/KGB III 3, Nr. 730, S. 226, Z. 84-89). Auch in einem nachgelassenen Ent-
wurf der „Vorrede zur ,Fröhl[ichen] Wissenschaft'" bezeichnet N. diese aus-