Stellenkommentar FW 342, KSA 3, S. 571 1271
aber auch der in FW 314 genannte Löwe, der bereits in dem prominenten Text
Za I Von den drei Verwandlungen einen Auftritt als zweite Verwandlungsstufe
hat, als ,Haustier' Zarathustras hinzu; vgl. Za IV Das Zeichen. In zwei nachge-
lassenen Notaten werden ausdrücklich alle drei Tiere genannt: „Als alle fort
sind, streckt Zarathustra nach der Schlange die Hand aus: ,was räth mir meine
Klugheit?' - sie sticht ihn. Der Adler zerreißt sie, der Löwe stürzt sich über den
Adler. Als Zarathustra den Kampf seiner Thiere sah, starb er." (NL 1883, 16[45],
KSA 10, 513, 16-19) In einem wohl Ende 1884 niedergeschriebenen Schema
heißt es: „Als der Adler und die Schlange reden, kommt der Löwe hinzu - er
weint!" (NL 1884/85, 29[26], KSA 11, 343, 22 f.)
571, 16-19 ich möchte verschenken und austheilen, bis die Weisen unter den
Menschen wieder einmal ihrer Thorheit und die Armen wieder einmal ihres
Reichthums froh geworden sind.) Im Korrekturbogen geändert aus: „ich möchte
verschenken und austheilen, bis die Weisen unter den Menschen wieder ein-
mal ihrer Weisheit und die Armen wieder einmal ihrer Armut froh geworden
sind." (Cb, 256) So lautet der Satz auch in M III 6, 268. Dem korrespondiert
eine ,Vorstufe' in N V 7, 125: „und will machen, daß die Weisen sich 'wieder™
ihrer Weisheit und die Armen sich wieder ihrer Armut freuen". Die antitheti-
sche Umgestaltung, die an die Stelle der „Armut" der „Armen" ihren „Reich-
thum[]" und an die Stelle der „Weisheit" der „Weisen" ihre „Thorheit" setzt,
entspricht ähnlichen bzw. umgekehrten Verschränkungen in und im Umfeld
von FW. Vgl. die „Armuth des Reichen" in FW 202 (506, 8 f.) sowie die auf den
Gedichtzyklus IM, der später teilweise in FW Anhang eingeflossen ist, gemünz-
te Äußerung im Brief an Köselitz vom 13. Juli 1882: „Man soll sich seiner Thor-
heiten nicht schämen, sonst hat unsre Weisheit wenig Werth." (KSB 6/
KGB III 1, Nr. 263, S. 222, Z. llf.) Dass „wir [...] unsrer Thorheit ab und zu froh
werden [müssen], um unsrer Weisheit froh bleiben zu können" (464, 32-465,
1), heißt es bereits in FW 107, dem Schlussabschnitt des Zweiten Buchs. Vgl.
auch noch nach Erscheinen der Erstausgabe von FW den Beginn der nachge-
lassenen Aufzeichnung NL 1883, 13[24], KSA 10, 469, 10 f.: „Als Schaffender es
loben, daß unsre Weisheit als Thorheit, unser Reichthum als Armut entdeckt
ist." Vgl. ferner die in NK KSA 4, 11, 19-21 angeführten Parallelstellen.
571, 28 f. Also begann Zarathustra's Untergang.] Der - in Za I Vorrede 1 beibe-
haltene - Schlusssatz, mit dem sich nach Zarathustras direkter Rede wieder
der Erzähler zu Wort meldet, ähnelt inhaltlich dem - nur über FW 342 stehen-
den - Titel („Incipit tragoedia") des Abschnitts, der dadurch insgesamt
eine Rahmenstruktur erhält. Die beginnende Tragödie erscheint als der begin-
nende Untergang Zarathustras, der sich so als Tragischer Held' verstehen lässt,
auf der Folie der nachgereichten Vorrede aber gleichfalls als „Unthier von pa-
aber auch der in FW 314 genannte Löwe, der bereits in dem prominenten Text
Za I Von den drei Verwandlungen einen Auftritt als zweite Verwandlungsstufe
hat, als ,Haustier' Zarathustras hinzu; vgl. Za IV Das Zeichen. In zwei nachge-
lassenen Notaten werden ausdrücklich alle drei Tiere genannt: „Als alle fort
sind, streckt Zarathustra nach der Schlange die Hand aus: ,was räth mir meine
Klugheit?' - sie sticht ihn. Der Adler zerreißt sie, der Löwe stürzt sich über den
Adler. Als Zarathustra den Kampf seiner Thiere sah, starb er." (NL 1883, 16[45],
KSA 10, 513, 16-19) In einem wohl Ende 1884 niedergeschriebenen Schema
heißt es: „Als der Adler und die Schlange reden, kommt der Löwe hinzu - er
weint!" (NL 1884/85, 29[26], KSA 11, 343, 22 f.)
571, 16-19 ich möchte verschenken und austheilen, bis die Weisen unter den
Menschen wieder einmal ihrer Thorheit und die Armen wieder einmal ihres
Reichthums froh geworden sind.) Im Korrekturbogen geändert aus: „ich möchte
verschenken und austheilen, bis die Weisen unter den Menschen wieder ein-
mal ihrer Weisheit und die Armen wieder einmal ihrer Armut froh geworden
sind." (Cb, 256) So lautet der Satz auch in M III 6, 268. Dem korrespondiert
eine ,Vorstufe' in N V 7, 125: „und will machen, daß die Weisen sich 'wieder™
ihrer Weisheit und die Armen sich wieder ihrer Armut freuen". Die antitheti-
sche Umgestaltung, die an die Stelle der „Armut" der „Armen" ihren „Reich-
thum[]" und an die Stelle der „Weisheit" der „Weisen" ihre „Thorheit" setzt,
entspricht ähnlichen bzw. umgekehrten Verschränkungen in und im Umfeld
von FW. Vgl. die „Armuth des Reichen" in FW 202 (506, 8 f.) sowie die auf den
Gedichtzyklus IM, der später teilweise in FW Anhang eingeflossen ist, gemünz-
te Äußerung im Brief an Köselitz vom 13. Juli 1882: „Man soll sich seiner Thor-
heiten nicht schämen, sonst hat unsre Weisheit wenig Werth." (KSB 6/
KGB III 1, Nr. 263, S. 222, Z. llf.) Dass „wir [...] unsrer Thorheit ab und zu froh
werden [müssen], um unsrer Weisheit froh bleiben zu können" (464, 32-465,
1), heißt es bereits in FW 107, dem Schlussabschnitt des Zweiten Buchs. Vgl.
auch noch nach Erscheinen der Erstausgabe von FW den Beginn der nachge-
lassenen Aufzeichnung NL 1883, 13[24], KSA 10, 469, 10 f.: „Als Schaffender es
loben, daß unsre Weisheit als Thorheit, unser Reichthum als Armut entdeckt
ist." Vgl. ferner die in NK KSA 4, 11, 19-21 angeführten Parallelstellen.
571, 28 f. Also begann Zarathustra's Untergang.] Der - in Za I Vorrede 1 beibe-
haltene - Schlusssatz, mit dem sich nach Zarathustras direkter Rede wieder
der Erzähler zu Wort meldet, ähnelt inhaltlich dem - nur über FW 342 stehen-
den - Titel („Incipit tragoedia") des Abschnitts, der dadurch insgesamt
eine Rahmenstruktur erhält. Die beginnende Tragödie erscheint als der begin-
nende Untergang Zarathustras, der sich so als Tragischer Held' verstehen lässt,
auf der Folie der nachgereichten Vorrede aber gleichfalls als „Unthier von pa-