1276 Die fröhliche Wissenschaft
doch, daß selbst wir / ohne rechte Theilnahme u. Mit rfür diese Verdüsterung,
vor allem ohne Sorge u. Furcht für uns™, ohne Trauer u. Furcht namentlich,
dem zusehen, was wir kommen sehen? 'ihrem Heraufkommen zusehen?' Ste-
hen wir vielleicht / zu sehr 'noch' unter den nächsten Folgen jenes Ereignis-
ses? - und diese nächsten Folgen '- seine Folgen für uns - sind' sind, umge-
kehrt, als man 'vielleicht' erwarten könnte, / 'durchaus nicht nicht traurig u
verdüsternd, vielmehr wie' eine neue u schwer zu beschreibende Art von
Glück, Licht, Erleuchtung [Erheiterung], Ermuthigung, 'Morgenröthe' ... rWe-
nigstens für uns! In der That,' Wir Philosophen [u. ,freien Geister'] fühlen unsy
vorläufig /82r/ wenigstens 'bei der Nachricht, daß der alte Gott todt ist', in der
That wie von einer neuen Morgenröthe angestrahlt: unser Herz strömt dabei
über von Dankbarkeit, / Erstaunen, Ahnung, Erwartung, - endlich erscheint
uns der Horizont wieder frei, gesetzt selbst, daß er nicht hell ist, / endlich
dürfen unsere Schiffe wieder 'auf jede Gefahr hin' auslaufen 'auf jede Gefahr
hin auslaufen', jedes Wagniß des Erkennenden ist wieder erlaubt, das Meer
unser / Meer liegt wieder offen da, vielleicht gab es noch niemals ein so ,offe-
nes Meer' ^. Gestehen wir es / 'ein' wir Philosophen: dieser alte Gott, 'von
dem man sagt daß er' der gestorben ist, '- war er nicht' war unser größter
Feind'?' ..." (Notat z. T. diagonal durchgestrichen.)
Die beträchtlich umfangreichere Druckfassung FW 343 baut den Zwiespalt
zwischen den zu erwartenden destruktiven Langzeitfolgen und den positiven
„nächsten Folgen" (574, 11) des Gottestodes weiter aus, die einander nun als
„Verdüsterung" (573, 29) und „Erheiterung" (574, 15) gegenübergestellt werden.
Der Text unterhält enge thematische bzw. motivische Beziehungen zu mehre-
ren Abschnitten aus dem Dritten Buch, insbesondere zu FW 108, FW 124 und
FW 125, blickt auf den Tod Gottes zugleich aber mit signifikanten Abweichun-
gen aus einer eigenen Perspektive (vgl. hierzu schon Lampert 1993, 317-319).
Es ist nicht die Perspektive des ,tollen Menschen', obwohl die „Wenigen" (573,
12), die die ersten Anzeichen der „Verdüsterung" des Gottestodes erkennen und
zu denen sich das sprechende Wir zunächst zu zählen scheint, diese Aussicht
mit dem ,tollen Menschen' aus FW 125 durchaus teilen (vgl. Wienand 2010,
301). Doch in der zweiten Hälfte des Abschnitts (574, 1-24) distanziert sich das
Wir, das sich nun unter anderem als „wir Philosophen und ,freien Geister'"
(574, 16) vorstellt, ausdrücklich von jenen düsteren Aussichten. Es bringt viel-
mehr seine Verwunderung darüber zum Ausdruck, dass es, obwohl es eigent-
lich mit jenen „Wenigen" um die kulturzerstörerischen Konsequenzen wissen
müsste, die dem ,gottlosen' „Europa alsbald" (574, 5 f.) drohen, dabei jedoch
vor allem einen starken Zukunftsoptimismus verspürt, weil es vielleicht noch
nicht genügend historische Distanz zu dem Geschehen hat. Geradezu poetisch-
euphorisiert artikuliert sich am Ende des Textes jedenfalls eine ins Offene, Un-
doch, daß selbst wir / ohne rechte Theilnahme u. Mit rfür diese Verdüsterung,
vor allem ohne Sorge u. Furcht für uns™, ohne Trauer u. Furcht namentlich,
dem zusehen, was wir kommen sehen? 'ihrem Heraufkommen zusehen?' Ste-
hen wir vielleicht / zu sehr 'noch' unter den nächsten Folgen jenes Ereignis-
ses? - und diese nächsten Folgen '- seine Folgen für uns - sind' sind, umge-
kehrt, als man 'vielleicht' erwarten könnte, / 'durchaus nicht nicht traurig u
verdüsternd, vielmehr wie' eine neue u schwer zu beschreibende Art von
Glück, Licht, Erleuchtung [Erheiterung], Ermuthigung, 'Morgenröthe' ... rWe-
nigstens für uns! In der That,' Wir Philosophen [u. ,freien Geister'] fühlen unsy
vorläufig /82r/ wenigstens 'bei der Nachricht, daß der alte Gott todt ist', in der
That wie von einer neuen Morgenröthe angestrahlt: unser Herz strömt dabei
über von Dankbarkeit, / Erstaunen, Ahnung, Erwartung, - endlich erscheint
uns der Horizont wieder frei, gesetzt selbst, daß er nicht hell ist, / endlich
dürfen unsere Schiffe wieder 'auf jede Gefahr hin' auslaufen 'auf jede Gefahr
hin auslaufen', jedes Wagniß des Erkennenden ist wieder erlaubt, das Meer
unser / Meer liegt wieder offen da, vielleicht gab es noch niemals ein so ,offe-
nes Meer' ^. Gestehen wir es / 'ein' wir Philosophen: dieser alte Gott, 'von
dem man sagt daß er' der gestorben ist, '- war er nicht' war unser größter
Feind'?' ..." (Notat z. T. diagonal durchgestrichen.)
Die beträchtlich umfangreichere Druckfassung FW 343 baut den Zwiespalt
zwischen den zu erwartenden destruktiven Langzeitfolgen und den positiven
„nächsten Folgen" (574, 11) des Gottestodes weiter aus, die einander nun als
„Verdüsterung" (573, 29) und „Erheiterung" (574, 15) gegenübergestellt werden.
Der Text unterhält enge thematische bzw. motivische Beziehungen zu mehre-
ren Abschnitten aus dem Dritten Buch, insbesondere zu FW 108, FW 124 und
FW 125, blickt auf den Tod Gottes zugleich aber mit signifikanten Abweichun-
gen aus einer eigenen Perspektive (vgl. hierzu schon Lampert 1993, 317-319).
Es ist nicht die Perspektive des ,tollen Menschen', obwohl die „Wenigen" (573,
12), die die ersten Anzeichen der „Verdüsterung" des Gottestodes erkennen und
zu denen sich das sprechende Wir zunächst zu zählen scheint, diese Aussicht
mit dem ,tollen Menschen' aus FW 125 durchaus teilen (vgl. Wienand 2010,
301). Doch in der zweiten Hälfte des Abschnitts (574, 1-24) distanziert sich das
Wir, das sich nun unter anderem als „wir Philosophen und ,freien Geister'"
(574, 16) vorstellt, ausdrücklich von jenen düsteren Aussichten. Es bringt viel-
mehr seine Verwunderung darüber zum Ausdruck, dass es, obwohl es eigent-
lich mit jenen „Wenigen" um die kulturzerstörerischen Konsequenzen wissen
müsste, die dem ,gottlosen' „Europa alsbald" (574, 5 f.) drohen, dabei jedoch
vor allem einen starken Zukunftsoptimismus verspürt, weil es vielleicht noch
nicht genügend historische Distanz zu dem Geschehen hat. Geradezu poetisch-
euphorisiert artikuliert sich am Ende des Textes jedenfalls eine ins Offene, Un-