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Kaufmann, Sebastian; Nietzsche, Friedrich; Walter de Gruyter GmbH & Co. KG [Contr.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Contr.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 3,2, 2. Teilband): Kommentar zu Nietzsches "Die fröhliche Wissenschaft" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2022

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https://doi.org/10.11588/diglit.73067#0561
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1602 Die fröhliche Wissenschaft

auf die typographische Gestaltung seiner Gedichte großen Wert. Im Druckma-
nuskript steht unten rechts auf der ersten Titelseite der „Lieder des Prinzen
Vogelfrei" folgende Satzanweisung: „NB! Um geschmackvolle und anmuthige
Anordnung gebeten; genügend freier Raum zwischen den Versen, insgleichen
zwischen den Gedichten; auf der Seite 29 Zeilen. / F.N." (D 16a, 59) Auf einem
zweiten Titelblatt mit der Ergänzung „Neue erweiterte Ausgabe" wiederholt N.
die Anweisung, die er diesmal oben rechts platziert: „NB. Liberale Gestaltung
des Drucks in Bezug auf freien Raum und geschmackvolle Anordnung erbeten!
Die Seite zu 29 Zeilen!" (D 16a, 59b) Außerdem findet sich ganz oben rechts
auf beiden Titelblättern noch von N.s Hand die Seitenangabe: „p. 257 der /
,fröhlichen Wissenschaft"' (D 16a, 59) bzw. „p. 257 der fröhl. Wiss." (D 16a,
59b); die Seitenzählung der Erstausgabe endete mit Seite 255, so dass ur-
sprünglich wohl an eine Einfügung des Anhangs direkt hinter dem Vierten
Buch gedacht war. Unterschiedlich ausführliche Gesamtinterpretationen bzw.
Überblicksdarstellungen zu FW Anhang bieten Grundlehner 1986, 98-183, Zie-
mann in NH 153 f., Langer 2010, 261-265, Detering 2015 und Bloch 2017. Spezial-
literatur zu den einzelnen Gedichten des Zyklus führen darüber hinaus die fol-
genden Stellenkommentare an.
Titel Lieder des Prinzen Vogelfrei.] Grimm 1854-1971, 26, 407 listet zwei Bedeu-
tungen des Adjektivs ,vogelfrei' auf: „dem angriffe jedermanns freigegeben,
ohne gesetzlichen schütz, geächtet", aber auch positiv: „von herrschaftsdiens-
ten frei, zur bezeichnung der völligen freiheit, ungebundenheit, freizügigkeit"
(ebd., 408). N. spielt mit dieser Doppeldeutigkeit des Vogelfreien, der einerseits
ein ausgestoßener ,Outlaw', andererseits aber auch ,frei wie ein Vogel' ist, was
die Figur des ,freien Geistes' assoziieren lässt. In dieser Doppeldeutigkeit
taucht die Vogelfreiheit bereits in M 164 auf: „Gegenwärtig scheint es so, dass
unter allerhand falschen irreführenden Namen und zumeist in grosser Unklar-
heit von Seiten Derer, welche sich nicht an die bestehenden Sitten und Gesetze
gebunden halten, die ersten Versuche gemacht werden, sich zu organisiren
und damit sich ein Recht zu schaffen: während sie bisher, als Verbrecher,
Freidenker, Unsittliche, Bösewichte verschrieen, unter dem Banne der Vogel-
freiheit und des schlechten Gewissens, verderbt und verderbend, lebten."
(KSA 3, 146, 27-147, 7)
Erneut begegnet der Ausdruck dann in der dritten Strophe des Nachlass-
Gedichts „Desperat", wo das lyrische Ich ebenfalls die skizzierte Doppelbe-
deutung aufruft, indem es sich selbst charakterisiert: „Lieber lebt' ich schlecht
und schlicht / Vogelfrei auf Dächern, / Lieber unter Diebsgezücht, / Eid- und
Ehebrechern!" (NL 1882, 19[9], KSA 9, 677, 1 u. 10-13) Nachdem dann das im
Mai desselben Jahres veröffentlichte Eröffnungsgedicht der IM den Titel
 
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