1684 Die fröhliche Wissenschaft
sein™ Vermächtniß, / Diesen "Nimm den™ Kranz - 'hier' mit dir hinauf! / Stürm'
empor die Himmels-Leiter, / Wirf ihn höher, ferner, weiter, / Häng' ihn - an
den Sternen auf! -" Die Abfolge der Verse 4 und 5 dieser Strophe vertauschte
N. erst in der erwähnten zweiten Niederschrift auf der derselben Seite.
651, 29 Stürm' empor die Himmelsleiter] Anspielung auf Jakobs Traum von der
Himmelsleiter aus dem ersten Buch Mose, der bereits im Dritten Buch in
FW 137 alludiert wurde; vgl. NK 488, 12-14. Durch die Aufforderung an den
Mistral, er solle mit dem vom lyrischen Ich geflochtenen „Kranz" (651, 27)
„die Himmelsleiter" emporstürmen, erhält er den Nimbus eines ,Himmelstür-
mers', „der den Himmel stürmet oder zu stürmen sucht, gegen denselben
Sturm läuft, ihn hart bekriegt" (Campe 1808, 2, 700), so wie in der antiken
Mythologie die Giganten, die die Olympischen Götter zu stürzen versuchten.
Wobei man hier wohl eher an eine ,Gigantomachie' gegen den christlichen
Himmel zu denken hat. Der gebotene Himmels-Sturm des Mistrals entspricht
dabei als Bewegungsweise dem rückblickend berichteten ,Stürmen' des lyri-
schen Ich „zu den Felsenstufen" (650, 8) in Strophe 3.
651, 30 Häng ihn - an den Sternen auf!] Brief an Heinrich Köselitz, 22. 11. 1884,
KSB 6/KGB III 1, Nr. 557, S. 561, Z. 77: „Häng' ihn - an den Sternen auf!" Der
triumphale Gedichtschluss zeugt von höchstem Pathos bzw. von einem Pathos
der Höhe, wie es in FW Anhang bereits die an den „Vogel Albatross" (644, 23)
adressierte dichterische „Liebeserklärung" entfaltete, wobei auch „Stern
und Ewigkeit" (644, 19) nicht fehlten. Nun ersetzt aber nicht nur der Mistral-
Wind als sprachliches Bild den Vogel, sondern es unterbleibt vor allem auch
die in jenem Gedicht durch den selbstironischen Untertitel „(bei der aber der
Dichter in eine Grube fiel -)" vollzogene Distanzierung. Nicht einmal die Hö-
hendifferenz zwischen dem Sprecher und dem ,Geliebten' (in diesem Fall: dem
Mistral) spielt jetzt noch eine nennenswerte Rolle, denn es ist der selbstgefloch-
tene Sieger-/Dichterkranz (vgl. NK 651, 1-3), den der Wind mit sich emportra-
gen und - wie zum Sternbild verewigend - „an den Sternen" befestigen soll.
Dieser pathetische Wunsch des lyrischen Ich kommt ganz ohne gedichtinterne
Brechung, ohne jeden Anflug von Selbstironie aus.
Gleichwohl gehen dem Gedicht-Finale fremdparodistische Züge keines-
wegs ab. Vor dem Hintergrund der im „Epil o g" FW 383 anzitierten Beethoven-
Vertonung von Schillers Ode An die Freude (vgl. NK 638, 3 f.; siehe auch NK
FW IV Untertitel / Motto), liegt der Gedanke an diesen Schiller-Text nahe, in
dem ebenfalls pathetisch die Sterne beschworen werden. Allerdings ganz an-
ders als in N.s Gedicht, denn bei Schiller wohnt „überm Sternenzelt" (Schiller
1822-1826, 1, 153) kein Geringerer als der christliche Gott, der dort als (wenn-
gleich gnädiger) „Sternenrichter" (ebd., 157) thront. In N.s Gedicht gibt es aus-
sein™ Vermächtniß, / Diesen "Nimm den™ Kranz - 'hier' mit dir hinauf! / Stürm'
empor die Himmels-Leiter, / Wirf ihn höher, ferner, weiter, / Häng' ihn - an
den Sternen auf! -" Die Abfolge der Verse 4 und 5 dieser Strophe vertauschte
N. erst in der erwähnten zweiten Niederschrift auf der derselben Seite.
651, 29 Stürm' empor die Himmelsleiter] Anspielung auf Jakobs Traum von der
Himmelsleiter aus dem ersten Buch Mose, der bereits im Dritten Buch in
FW 137 alludiert wurde; vgl. NK 488, 12-14. Durch die Aufforderung an den
Mistral, er solle mit dem vom lyrischen Ich geflochtenen „Kranz" (651, 27)
„die Himmelsleiter" emporstürmen, erhält er den Nimbus eines ,Himmelstür-
mers', „der den Himmel stürmet oder zu stürmen sucht, gegen denselben
Sturm läuft, ihn hart bekriegt" (Campe 1808, 2, 700), so wie in der antiken
Mythologie die Giganten, die die Olympischen Götter zu stürzen versuchten.
Wobei man hier wohl eher an eine ,Gigantomachie' gegen den christlichen
Himmel zu denken hat. Der gebotene Himmels-Sturm des Mistrals entspricht
dabei als Bewegungsweise dem rückblickend berichteten ,Stürmen' des lyri-
schen Ich „zu den Felsenstufen" (650, 8) in Strophe 3.
651, 30 Häng ihn - an den Sternen auf!] Brief an Heinrich Köselitz, 22. 11. 1884,
KSB 6/KGB III 1, Nr. 557, S. 561, Z. 77: „Häng' ihn - an den Sternen auf!" Der
triumphale Gedichtschluss zeugt von höchstem Pathos bzw. von einem Pathos
der Höhe, wie es in FW Anhang bereits die an den „Vogel Albatross" (644, 23)
adressierte dichterische „Liebeserklärung" entfaltete, wobei auch „Stern
und Ewigkeit" (644, 19) nicht fehlten. Nun ersetzt aber nicht nur der Mistral-
Wind als sprachliches Bild den Vogel, sondern es unterbleibt vor allem auch
die in jenem Gedicht durch den selbstironischen Untertitel „(bei der aber der
Dichter in eine Grube fiel -)" vollzogene Distanzierung. Nicht einmal die Hö-
hendifferenz zwischen dem Sprecher und dem ,Geliebten' (in diesem Fall: dem
Mistral) spielt jetzt noch eine nennenswerte Rolle, denn es ist der selbstgefloch-
tene Sieger-/Dichterkranz (vgl. NK 651, 1-3), den der Wind mit sich emportra-
gen und - wie zum Sternbild verewigend - „an den Sternen" befestigen soll.
Dieser pathetische Wunsch des lyrischen Ich kommt ganz ohne gedichtinterne
Brechung, ohne jeden Anflug von Selbstironie aus.
Gleichwohl gehen dem Gedicht-Finale fremdparodistische Züge keines-
wegs ab. Vor dem Hintergrund der im „Epil o g" FW 383 anzitierten Beethoven-
Vertonung von Schillers Ode An die Freude (vgl. NK 638, 3 f.; siehe auch NK
FW IV Untertitel / Motto), liegt der Gedanke an diesen Schiller-Text nahe, in
dem ebenfalls pathetisch die Sterne beschworen werden. Allerdings ganz an-
ders als in N.s Gedicht, denn bei Schiller wohnt „überm Sternenzelt" (Schiller
1822-1826, 1, 153) kein Geringerer als der christliche Gott, der dort als (wenn-
gleich gnädiger) „Sternenrichter" (ebd., 157) thront. In N.s Gedicht gibt es aus-