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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 5,1): Kommentar zu Nietzsches "Jenseits von Gut und Böse" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.69929#0158
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138 Jenseits von Gut und Böse

ständen unserer Erkenntniß. Sie sind Gott, Freiheit und Unsterblichkeit“ (AA
VIII, 418). Unter den in Tübingen sozialisierten Denkern hat neben Schelling
insbesondere Hegel in der Wissenschaft der Logik diese Überlegungen fortge-
führt.
Zum Unterschied von Finden und Erfinden siehe NK 27, 23-25.
25,10-17 Schelling taufte es die intellektuale Anschauung und kam damit den
herzlichsten Gelüsten seiner im Grunde frommgelüsteten Deutschen entgegen.
Man kann dieser ganzen übermüthigen und schwärmerischen Bewegung, welche
Jugend war, so kühn sie sich auch in graue und greisenhafte Begriffe verkleidete,
gar nicht mehr Unrecht thun, als wenn man sie ernst nimmt und gar etwa mit
moralischer Entrüstung behandelt; genug, man wurde älter, — der Traum ver-
flog.] Die oben zitierte Vorarbeit in NL1885, KSA11, 34[82], 445,1-24 (entspricht
KGW IX 1, N VII1,143 f.) nennt unmittelbar nach Schelling ausdrücklich Scho-
penhauer als Fortsetzer dieser deutsch-metaphysischen Tradition. N. hat Scho-
penhauers Anmerkungen zu Schellings philosophischen Schriften. Erster Band
(Landshut 1809) aufmerksam studiert und die folgenden Einwände Schopen-
hauers zur Kenntnis genommen: „Pag. 296, 297 [sc. der genannten Schelling-
Ausgabe] steht ausführlich die intellektuale Anschauung**), gegen die ich jetzt
bloß bemerken will, daß Schelling /256/ intellektuelle Kultur (d. h. Verstandes-
kultur) als ihre Bedingung setzt, diese demnach zum höchsten einzigen Zweck
des Menschen unerläßlich wäre, was geleugnet werden muß, schon weil sie
grossentheils vom Zufall abhängt. — Eine solche vom empirischen Willen und
der Verstandesbildung abhängige intellektuale Anschauung leugne ich
schlechthin; wiewohl nicht (was eben Schelling leugnet) dasjenige, was die
Schwärmer Erleuchtung von Oben genannt haben, Plato (Resp. VII) das Auf-
steigen zur geistigen Sonne, was nicht abhängt vom empirischen Willen (ob-
wohl es mit dem reinen Willen Eins ist), noch von der Verstandeskultur, deren
Werk dagegen verbleicht und schwindet; was das innere Wesen des Genies ist
(welches indeß noch untergeordnete Bedingungen zu seiner Offenbarung zu
erfordern scheint) und was so wenig in einem Verstandesbegriff rein hat darge-
stellt werden können, als das Licht in ein Gefäß gesperrt.“ (Schopenhauer
1864, 255 f. Der letzte Satz nach dem Gedankenstrich von N. mit langem Rand-
strich markiert. In der Anmerkung **) heißt es S. 255 erläuternd: „Pag. 296
nennt Schelling die intellektuale Anschauung ,eine Anschauung, deren Objekt
ein ursprüngliches Handeln ist, und zwar eine Anschauung, die wir
nicht erst durch Begriffe in Andern zu erwecken versuchen dürfen, son-
dern die wir von Jedem a priori zu fordern berechtigt sind, weil es eine
Handlung ist, ohne welche ihm das moralische Gesetz, d.h. ein
schlechthin und unbedingt an jeden Menschen, in der blossen
Qualität seiner Menschheit, ergehendes Gebot völlig unverständlich seyn wür-
 
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