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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 5,1): Kommentar zu Nietzsches "Jenseits von Gut und Böse" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.69929#0673
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Stellenkommentar JGB 231, KSA 5, S. 169-170 653

1999, 76 f.; Maresca 2001 sowie allgemein die Beiträge in Reschke 2012a, Diethe
1996 u. als Zeugnis früherer Rezeptionsstufen Richard M. Meyer 2014.
An seine Frau Ida schrieb Franz Overbeck am 03. 09.1886: „Vormittags las
ich, nachdem ich die erste Regung wieder an Dich zu schreiben, verschluckt
hatte, im Nietzsche. Jenseits von Gut und Böse4 versetzt in den Himmel und
seinen Frieden. Eben etwas von der Friedensseligkeit dieser erhabenen Sphäre
vermisse ich besonders im Buche, zumal wenn von Frauen die Rede ist, gegen
welche alle Wahrheiten darin die Form von Geschossen annehmen. Im fiebri-
gen lese ich wenig von dem was heutzutage gedruckt wird lieber.“ (Unveröf-
fentlichtes Manuskript in der Universitätsbibliothek Basel, Nachlass Franz und
Ida Overbeck, Signatur B I 257).
170, 4 f. Das Lernen verwandelt uns, es thut Das, was alle Ernährung thut, die
auch nicht bloss „erhält“] Die Parallelisierung von Aneignung, Einverleibung
und Ernährung ist beispielsweise schon in NL 1881, KSA 9, 11[134], 490; NL
1881, KSA 9,14[13], 626 u. NL 1881, KSA 9,11[258], 539 greifbar. Es sind Variatio-
nen zu dem seit Ludwig Feuerbach populären Thema: „Der Mensch ist was er
ißt.“ (Feuerbach 1850, 1083) „Was haben sich nicht sonst die Philosophen den
Kopf zerbrochen mit der Frage von dem Bande zwischen dem Leib und der
Seele! Jetzt wissen wir aus wissenschaftlichen Gründen was längst das Volk
aus der Erfahrung wußte, daß Essen und Trinken Leib und Seele zusammen-
hält, daß das gesuchte Band also die Nahrung ist“ (ebd., 1077, zum Thema
ausführlich Sommer 2012f). Moore 1998, 536 f. verweist darauf, dass die umit-
telbare Inspiration zu 170, 4 f. aus William Henry Rolphs Biologischen Proble-
men gewonnen sein könnte (Rolph 1884, 60-68).
170, 7 etwas Unbelehrbares, einen Granit von geistigem Fatum] Zum Granit vgl.
NK 41, 14 f. Die hier evozierte Vorstellung ist die eines durch äußere Umstände
unveränderlichen Wesenscharakters, die N. insbesondere von Schopenhauer
her vertraut war, vgl. NK 55, 32 f. sowie Zibis 2007, 31 f.; zu einem möglichen
Emerson-Bezug Hubbard 1958, 145. JGB 213 hat die Nicht-Lehrbarkeit und
Nicht-Lernbarkeit des Philosoph-Seins herausgestellt. Es gehört offensichtlich
zum „geistigen Fatum“.
170, 9 f. Bei jedem kardinalen Probleme redet ein unwandelbares „das bin ich“]
Jede Äußerung in entscheidenden Fragen wird damit als perspektivisch durch
denjenigen bedingt ausgewiesen, der sie ausspricht - was sich übrigens eben-
falls poetologisch auf die Darstellungsweise von N.s Texten beziehen lässt, in
denen, wie auch hier in JGB 231, ein perspektivisches Ich oder Wir spricht. Das
emphatische Ich-Sagen erinnert an berühmte Sätze in Max Stirners Der Einzige
und sein Eigenthum: „»Freiheit lebt nur in dem Reich der Träume4! Dagegen
Eigenheit, das ist mein ganzes Wesen und Dasein, das bin Ich selbst.“ (Stirner
 
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