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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 5,2): Kommentar zu Nietzsches "Zur Genealogie der Moral" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2019

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https://doi.org/10.11588/diglit.70912#0219
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200 Zur Genealogie der Moral

alles für uns gemacht und zu unseren Diensten bestimmt worden, und weil
einige von uns gesündigt haben, wird Gott selbst kommen oder seinen eigenen
Sohn schicken, um die Bösen zu verbrennen und uns das ewige Leben mit ihm
genießen zu lassen.'")
282, 7 f. man prügele die Hunde, die man am liebsten habe] Das ist eine ironi-
sche Variante zu Sprüche 3, 12 „Denn welchen der HErr liebet, den straft er,
und hat Wohlgefallen an ihm, wie ein Vater am Sohne." (Die Bibel: Altes Testa-
ment 1818, 630, vgl. Offenbarung 3, 19), sowie zu Hebräer 12, 5-8: „Mein Sohn,
achte nicht gering die Züchtigung des Herrn, und verzage nicht, wenn du von
ihm gestrafet wirst. Denn welchen der HErr lieb hat, den züchtiget er; er stäu-
pet einen jeglichen Sohn, den er aufnimmt. So ihr die Züchtigung erduldet, so
erbietet sich euch GOtt als Kindern; denn wo ist ein Sohn, den der Vater nicht
züchtiget? Seyd ihr aber ohne Züchtigung, welcher sie alle sind theilhaftig ge-
worden, so seyd ihr Bastarte und nicht Kinder." (Die Bibel: Neues Testament
1818, 283) Der Vergleich mit den Hunden erinnert an die berüchtigte, um 1840
erstmals belegte und pietistisches Liedgut parodierende „Rabenaasstrophe",
an deren Ende (mit manchen Varianten) es heißt: „Herr Jesus, nimm' mich
Hund beim Ohr, / Wirf mir die Gnadenknochen vor / Und wirf mich Sünden-
lümmel / In deinen Freudenhimmel." (Scherr 1840-1842, 3, 275, vgl. zum The-
ma Sommer 2007b, 626).
282, 14 die Herrn der Erde] Nach Offenbarung 11, 4 ist eigentlich Gott der „Herr
der Erde", wenngleich Gott in 1. Mose 1, 28 zu den Menschen spricht: „füllet
die Erde, und machet sie euch unterthan" (Die Bibel: Altes Testament 1818, 2,
vgl. NK 260, 1-5, vgl. ferner NK 357, 17-34). Als „Herr[n] der Erde" bezeichnet
bereits der Frühromantiker Novalis ausdrücklich den (sich wie der Dichter
selbst dem Bergbau widmenden) Menschen in den Anfangszeilen eines Ge-
dichts aus seinem Romanfragment Heinrich von Ofterdingen: „Der ist der Herr
der Erde, / Wer ihre Tiefen mißt" (Novalis 1840, 57).
282, 16 weil es Gott gebietet, alle Obrigkeit zu ehren] Anspielung auf Paulus in
Römer 13, 1: „Jedermann sey unterthan der Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat.
Denn es ist keine Obrigkeit, ohne von GOtt; wo aber Obrigkeit ist, die ist von
GOtt verordnet" (Die Bibel: Neues Testament 1818, 193).
282, 27 Diese Kellerthiere voll Rache und Hass] In Dostojewskijs L'esprit souter-
rain führt der negativ gezeichnete Protagonist eine solche Kellertierexistenz,
vgl. NK 270, 25-271, 1.
282, 33-283, 3 „Wir Guten — wir sind die Gerechten" — was sie verlan-
gen, das heissen sie nicht Vergeltung, sondern „den Triumph der Gerechtig-
keit"; was sie hassen, das ist nicht ihr Feind, nein! sie hassen das „Unrecht",
 
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