Stellenkommentar GM I 14, KSA 5, S. 281-282 199
282, 4-6 Sie sind elend, es ist kein Zweifel, alle diese Münkler und Winkel-
Falschmünzer, ob sie schon warm bei einander hocken] Zur Metaphorik der
Falschmünzerei siehe NK 280, 25. Maudemarie Clark und Alan J. Swensen in
Nietzsche 1998, 136 behaupten eine Nähe dieser Passage zu Äußerungen des
antiken Christentumsbekämpfers Kelsos, versäumen aber einen genauen Nach-
weis (zu N.s möglicher Kelsos-Rezeption vgl. NK 245, 2). Im letzten Band der
Histoire des origines du Christianisme unter dem Titel Marc-Aurele et la fin du
monde antique gibt Renan eine ausführliche Darstellung von Kelsos' Bemühen,
das Christentum argumentativ zu delegitimieren (Renan 1882, 345-372). „Ce
qui le blesse, c'est l'extreme bassesse sociale des chretiens et le peu d'intelli-
gence du milieu oü ils exercent leur propagande. Ceux qu'ils veulent gagner
sont des niais, des esclaves, des femmes, des enfants." (Ebd., 362. „Was ihn
[sc. Kelsos] verletzt, ist die extreme soziale Niedrigkeit der Christen und die
mangelnde Einsichtsfähigkeit des Milieus, in dem sie ihre Propaganda betrei-
ben. Die, die sie gewinnen wollen, sind Narren, Sklaven, Frauen, Kinder.")
Eine längere Passage, die Renan nach Origenes: Contra Celsum IV 23 zitiert,
versammelt Motive, die in GM I 14 und insgesamt in der von N. verschiedent-
lich vorgetragenen Christentumskritik wiederkehren, namentlich auch, was
den christlichen Hochmut im Kontrast zur faktischen Miserabilität der Christen
anbetrifft: „Juifs et chretiens me font l'effet d'une troupe de chauves-souris, ou
de fourmis sortant de leur trou, ou de grenouilles etablies pres d'un marais,
ou de vers tenant seance dans le coin d'un bourbier, et se disant entre eux:
,C'est ä nous que Dieu revele et annonce d'avance toute chose; il n'a aucun
souci du reste du monde; il laisse les cieux et la terre rouler ä leur guise pour
ne s'occuper que de nous. Nous sommes les seuls etres avec lesquels il commu-
nique par des messagers, les seuls avec lesquels il desire lier societe; car il
nous a faits semblables ä lui. Tout nous est subordonne, la terre, l'eau, l'air et
les astres; tout a ete fait pour nous et destine ä notre service, et c'est parce
qu'il est arrive ä certains d'entre nous de pecher que Dieu lui-meme viendra
ou enverra son propre fils pour brüler les mechants et nous faire jouir avec lui
de la vie eternelle."' (Renan 1882, 356. „Juden und Christen wirken auf mich
wie eine Gruppe von Fledermäusen oder von Ameisen, die aus ihren Löchern
kommen, oder von Fröschen, die in der Nähe eines Sumpfes angesiedelt sind,
oder von Würmern, die in der Ecke eines Schlammloches eine Sitzung abhalten
und sich gegenseitig sagen: ,Allein uns offenbart und verkündet Gott alles im
voraus; er bemüht sich nicht um den Rest der Welt; er lässt Himmel und Erde
bewegen, wie es ihnen gefällt, damit er sich nur um uns kümmern kann. Wir
sind die einzigen Wesen, mit denen er durch Boten kommuniziert, die Einzi-
gen, mit denen er sich verbinden möchte, weil er uns nach seinem Bilde gestal-
tet hat. Alles ist uns untertan, die Erde, das Wasser, die Luft und die Sterne;
282, 4-6 Sie sind elend, es ist kein Zweifel, alle diese Münkler und Winkel-
Falschmünzer, ob sie schon warm bei einander hocken] Zur Metaphorik der
Falschmünzerei siehe NK 280, 25. Maudemarie Clark und Alan J. Swensen in
Nietzsche 1998, 136 behaupten eine Nähe dieser Passage zu Äußerungen des
antiken Christentumsbekämpfers Kelsos, versäumen aber einen genauen Nach-
weis (zu N.s möglicher Kelsos-Rezeption vgl. NK 245, 2). Im letzten Band der
Histoire des origines du Christianisme unter dem Titel Marc-Aurele et la fin du
monde antique gibt Renan eine ausführliche Darstellung von Kelsos' Bemühen,
das Christentum argumentativ zu delegitimieren (Renan 1882, 345-372). „Ce
qui le blesse, c'est l'extreme bassesse sociale des chretiens et le peu d'intelli-
gence du milieu oü ils exercent leur propagande. Ceux qu'ils veulent gagner
sont des niais, des esclaves, des femmes, des enfants." (Ebd., 362. „Was ihn
[sc. Kelsos] verletzt, ist die extreme soziale Niedrigkeit der Christen und die
mangelnde Einsichtsfähigkeit des Milieus, in dem sie ihre Propaganda betrei-
ben. Die, die sie gewinnen wollen, sind Narren, Sklaven, Frauen, Kinder.")
Eine längere Passage, die Renan nach Origenes: Contra Celsum IV 23 zitiert,
versammelt Motive, die in GM I 14 und insgesamt in der von N. verschiedent-
lich vorgetragenen Christentumskritik wiederkehren, namentlich auch, was
den christlichen Hochmut im Kontrast zur faktischen Miserabilität der Christen
anbetrifft: „Juifs et chretiens me font l'effet d'une troupe de chauves-souris, ou
de fourmis sortant de leur trou, ou de grenouilles etablies pres d'un marais,
ou de vers tenant seance dans le coin d'un bourbier, et se disant entre eux:
,C'est ä nous que Dieu revele et annonce d'avance toute chose; il n'a aucun
souci du reste du monde; il laisse les cieux et la terre rouler ä leur guise pour
ne s'occuper que de nous. Nous sommes les seuls etres avec lesquels il commu-
nique par des messagers, les seuls avec lesquels il desire lier societe; car il
nous a faits semblables ä lui. Tout nous est subordonne, la terre, l'eau, l'air et
les astres; tout a ete fait pour nous et destine ä notre service, et c'est parce
qu'il est arrive ä certains d'entre nous de pecher que Dieu lui-meme viendra
ou enverra son propre fils pour brüler les mechants et nous faire jouir avec lui
de la vie eternelle."' (Renan 1882, 356. „Juden und Christen wirken auf mich
wie eine Gruppe von Fledermäusen oder von Ameisen, die aus ihren Löchern
kommen, oder von Fröschen, die in der Nähe eines Sumpfes angesiedelt sind,
oder von Würmern, die in der Ecke eines Schlammloches eine Sitzung abhalten
und sich gegenseitig sagen: ,Allein uns offenbart und verkündet Gott alles im
voraus; er bemüht sich nicht um den Rest der Welt; er lässt Himmel und Erde
bewegen, wie es ihnen gefällt, damit er sich nur um uns kümmern kann. Wir
sind die einzigen Wesen, mit denen er durch Boten kommuniziert, die Einzi-
gen, mit denen er sich verbinden möchte, weil er uns nach seinem Bilde gestal-
tet hat. Alles ist uns untertan, die Erde, das Wasser, die Luft und die Sterne;