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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 5,2): Kommentar zu Nietzsches "Zur Genealogie der Moral" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2019

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https://doi.org/10.11588/diglit.70912#0235
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216 Zur Genealogie der Moral

Apostels Johannes an der Apokalypse zu leugnen, sei just derjenige, der Renan
zur entgegengesetzten Schlussfolgerung gelangen lässt: „Le livre est judeo-
chretien, ebionite; il est l'oeuvre d'un enthousiaste ivre de haine contre l'empi-
re romain et le monde profane; il exclut toute reconciliation entre le christianis-
me, d'une part, l'empire et le monde, de l'autre" (Renan 1873a, XXXVIII. „Das
Buch ist judenchristlich, ebionitisch, das Werk eines Enthusiasten, der trunken
von Hass ist gegen das römische Reich und die profane Welt, das jede Versöh-
nung zwischen dem Christentum einerseits, dem römischen Reich und der Welt
andererseits ausschließt". Renan 1873b, XXXIV).
286, 27-29 jeder Überrest von ihnen, jede Inschrift entzückt, gesetzt, dass man
erräth, was da schreibt] Karl Jaspers notiert dazu am Rand: „Stendhal" (Nietz-
sche 1923, 335).
286, 29 f. Die Juden umgekehrt waren jenes priesterliche Volk des Ressentiment
par excellence] Vgl. NK 267, 8-15.
286, 33 Chinesen] Im Druckmanuskript steht stattdessen: „Inder" (GSA 71/27,1,
fol. 19r).
287, 10-14 Rom ist ohne allen Zweifel unterlegen. Allerdings gab es in der Re-
naissance ein glanzvoll-unheimliches Wiederaufwachen des klassischen Ideals,
der vornehmen Werthungsweise aller Dinge: Rom selber bewegte sich wie ein
aufgeweckter Scheintodter unter dem Druck des neuen, darüber gebauten judai-
sirten Rom\ Nach GM I 10, KSA 5, 271, 7 f. charakterisiert Nicht-Reaktivität die
„vornehme Werthungsweise": „sie agirt und wächst spontan". Entsprechend
liegt es nahe, an den von N. andernorts herbeizitierten, in GM allerdings nir-
gends erwähnten Cesare Borgia (vgl. NK KSA 5, 117, 17-29) als repräsentativer
Inkarnation dieser Art Renaissance zu denken (Ruehl 2008, 259 sowie Ruehl
2015, 97 f., vgl. Riedl 2017, 75-77 u. Jenkins 2013). Regent 2008, 644, Fn. 87
weist darauf hin, dass N. die Renaissance ansonsten wesentlich auch als Wie-
dererstehung der griechischen Antike begreife und nur in GM I 16 den Akzent
einseitig auf Rom lege. Allerdings wird diese Konstellation auch in AC 61,
KSA 6, 251 wiederholt. Der Grund dafür ist deutlich, nämlich die Opposition
zum Christentum, das mit „Rom" lange über Kreuz lag.
287, 16-21 sofort triumphirte wieder Judäa, Dank jener gründlich pöbelhaften
(deutschen und englischen) Ressentiments-Bewegung, welche man die Reforma-
tion nennt, hinzugerechnet, was aus ihr folgen musste, die Wiederherstellung der
Kirche, — die Wiederherstellung auch der alten Grabesruhe des klassischen Rom]
N. hat sich zeitlebens an der Reformation und an Luther abgearbeitet (vgl. den
Überblick in Sommer 2017d u. Heit/Sommer 2019) und in AC 61 das in GM I 16
knapp umrissene Bild von der Reformation als Wiederherstellung des eigent-
 
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