Metadaten

Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 5,2): Kommentar zu Nietzsches "Zur Genealogie der Moral" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2019

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.70912#0407
Lizenz: In Copyright
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
388 Zur Genealogie der Moral

ne langfristigen spirituellen Schulden an. Vielleicht liegt in diesem Unter-
schied viel eher als in dem zwischen Polytheismus und Monotheismus eine
Fundamentalbegründung für den Unterschied ganzer Kulturen. Erst im Römi-
schen Reich, mit zunehmender Kapitalisierung und Verschuldung, werden die
Kreditbeziehungsreligionen (neben dem Christentum z. B. Isis- und Mithras-
Kult) populär, ja ,notwendig'.
333, 16 f. Dies genüge ein für alle Mal über die Herkunft des „heiligen Gottes"]
Vgl. NK 332, 30 f.
333, 21-24 dieser Selbstkreuzigung und Selbstschändung des Menschen, in der
die letzten Jahrtausende Europa's ihre Meisterschaft gehabt haben] Vgl. NK 277,
19 f.
334, 6 Fall des Ägisthos] Aigisthos aus dem Geschlecht der Tantaliden, Spross
der blutschänderischen Beziehung von Thyestes mit seiner Tochter Pelopeia,
stellt die griechische Mythologie als ehebrecherischen Liebhaber von Klytaim-
nestra und als Mörder ihres Gatten Agamemnon dar. Agamemnons und Kly-
taimnestras Sohn Orestes soll dann den Vater durch die Tötung der Mutter und
ihres Liebhabers Aigisthos gerächt haben. Vgl. NK 334, 8-13.
334, 8-13 „Wunder, wie sehr doch klagen die Sterblichen / wider die Götter! I
„Nur von uns sei Böses, vermeinen sie; aber I sie selber / „Schaffen durch
Unverstand, auch gegen Geschick, I sich das Elend."] Homer: Odyssee I 32-34.
Die Vorlage ist aber nicht eine direkte Homer-Lektüre, sondern vielmehr, wie
Brusotti 1992b, 123 f. nachgewiesen hat, Leopold Schmidts Ethik der alten Grie-
chen: „Aber im Allgemeinen war allerdings die Vorstellung vorhanden, dass
die Götter die Urheber des von den Menschen begangenen Unrechts sein kön-
nen, denn ein unverächtlicher Zeuge, der Zeus der Odyssee, erwähnt sie und
weist sie zurück, indem er sagt (1, 32-34): / Wunder, wie sehr doch klagen die
Sterblichen wider die Götter! / Nur von uns sei Böses, vermeinen sie; aber sie
selber / Schaffen durch Unverstand, auch gegen Geschick, sich das Elend."
(Schmidt 1882b, 232. N.s Unterstreichungen, mit Randstrichen markiert.) Die
Einleitung zu den Versen hat N. mit einer durch das Neubinden des Bandes
abgeschnittenen Marginalie versehen: „[V]iel / [m]ehr", darunter auf der Höhe
der Verse: ,,[n]ur" und dieses „nur" mit einem Strich zum Anfang des zweiten
Verses „Nur von uns sei Böses" verbunden. Brusotti 1992b, 123 f. interpretiert
N.s Lesespuren wie folgt: „Mit seiner Randbemerkung nimmt Nietzsche gegen
das abschwächende ,können' in Schmidts Text Stellung - Nietzsche hat dieses
Wort unterstrichen, weil es den Unterschied zwischen Schmidts Auffassung
und seiner eigenen markiert -, indem er dagegen das Zitat völlig zur Geltung
bringt. Das ,Nur' der Randbemerkung weist auf das ,Nur' am Anfang des zwei-
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften