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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 5,2): Kommentar zu Nietzsches "Zur Genealogie der Moral" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2019

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https://doi.org/10.11588/diglit.70912#0419
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400 Zur Genealogie der Moral

mologie, die GM I gewählt hat, sondern erkundet werden sollen hier die unter-
schiedlichen Bedeutungen asketischer Ideale wie sie aus der unterschiedlichen
Existenzweise der Menschen hervorgehen. Vgl. zur expliziten Wiederaufnahme
des Themas NK ÜK GM III 23. Bereits in MA I 136 bis 144 werden asketische
Praktiken behandelt. Dabei wird nicht die Frage ins Zentrum gestellt, was „der
Heilige ist", sondern was er „bedeutet" (MA I 143, KSA 2, 139, dazu Saarinen
2017, 88).
339, 13 morbidezza] Italienisch: „Weichheit", „Zartheit", „Brüchigkeit". N. be-
nutzt den Ausdruck nur noch, wenn er die hohe Qualität der Kompositionen
seines willfährigen Freundes Köselitz alias Peter Gast gegenüber Dritten an-
preist (Briefentwurf N.s an Felix Mottl, um den 10. 01. 1886, KSB 7/KGB III 3,
Nr. 662, S. 139, Z. 28; N. an Hans von Bülow, 10. 08. 1888, KSB 8/KGB III 5,
Nr. 1085, S. 385, Z. 38). Nach Meyer 1885-1892, 12, 796 ist der Begriff besonders
in der bildenden Kunst geläufig: „Mürbigkeit; Weichheit, Zartheit, besonders
in Bezug auf die koloristische Behandlung des Fleisches in der Malerei".
339, 21 f. Winterschlaf] Vgl. NK 379, 16-21.
339, 22 novissima gloriae cupido] Lateinisch: „letztes Verlangen nach Ruhm".
Die Wendung stammt aus Tacitus: Historiae IV 6, 1: „quando etiam sapientibus
cupido gloriae novissima exuitur" und wird in der unter N.s Büchern erhalte-
nen Tacitus-Übersetzung von Carl Friedrich Bahrdt wie folgt übersetzt: „wie
denn freylich auch bey dem [sic] Weisen die Begierde nach Ehre am letzten
erlöscht" (Tacitus 1781, 2, 1319). Vollständiger zitiert N. den Satz in FW 330,
KSA 3, 557, 31 f. Die Mitteilung des Satzes dürfte sich freilich keiner rezenten
Originallektüre des römischen Historikers verdanken, sondern dem Fingerzeig
eines jüngeren Autors, möglicherweise dem Schopenhauers: „Unser Aller Sor-
gen, Kümmern, Wurmen, Aergern, Aengstigen, Anstrengen u. s. w. betrifft, in
vielleicht den meisten Fällen, eigentlich die fremde Meinung und ist eben so
absurd, wie das jener armen Sünder. Nicht weniger entspringt unser Neid und
Haß größtentheils aus besagter Wurzel. // Offenbar nun könnte zu unserm Glü-
cke, als welches aller-/379/größtentheils auf Gemüthsruhe und Zufriedenheit
beruht, kaum irgend etwas so viel beitragen, als die Einschränkung und Herab-
stimmung dieser Triebfeder auf ihr vernünftig zu rechtfertigendes Maaß, wel-
ches vielleicht — — des gegenwärtigen seyn wird, also das Herausziehn dieses
immerfort peinigenden Stachels aus unserm Fleisch. Dies ist jedoch sehr
schwer: denn wir haben es mit einer natürlichen und angeborenen Verkehrt-
heit zu thun. Etiam sapientibus cupido gloriae novissima exuitur sagt Tacitus
(hist. IV, 6). Um jene allgemeine Thorheit los zu werden, wäre das alleinige
 
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