Metadaten

Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,1): Kommentar zu Nietzsches "Der Fall Wagner", "Götzen-Dämmerung" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2012

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.70913#0087
Lizenz: In Copyright
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
68 Der Fall Wagner

selbst mit Zischen und Pochen empfangen und entlassen wurde." Eine andere
einschlägige Stelle aus Hehn 1888, 109 zitiert N. in NL 1888, KSA 13, 16[36],
495. N. sieht Schiller als einen nur auf die Wirkung, den Publikumseffekt abzie-
lenden Autor, den er darin mit Wagner parallelisiert, vgl. NK 31, 5-9 (dort auch
ein Nachweis zu Schillers „Pracht weitausgreifender Worte"). Zu N.s Schiller-
Kritik siehe NK KSA 6, 111, 5 f.
18, 23-26 Was warfen sie Goethen vor? Den „Berg der Venus"; und dass er
venetianische Epigramme gedichtet habe. Schon Klopstock hielt ihm eine Sitten-
predigt] Im „Berg der Venus" hat Wagners Tannhäuser seine sinnlich-amorali-
sche Lebensphase durchlebt — eine Lebensphase, die man auch Goethe zum
Vorwurf gemacht hat (vgl. Politycki 1989, 280-283). Die Verschränkung von
Goethes und Tannhäusers Schicksal wird weiter unten fortgesetzt, vgl. NK 18,
31 f. u. 19, 2-9. Der „Berg der Venus" weckt auch die Assoziation zur Walpurgis-
nacht auf dem Blocksberg in Goethes Faust I. Die moralischen Vorbehalte
gegenüber Goethe waren vielfältig, vgl. NL 1888, KSA 13, 15[71], 452, 31-453, 2
und Hehn 1888, 64: „Nur als Goethe in den Venetianischen Epigrammen sich
erlaubt hatte, die deutsche Sprache als den schlechtesten Stoff zu bezeichnen,
in dem er Leben und Kunst verderbe, — da war dies in Klopstocks Augen ein
Frevel am Heiligsten" (zu Klopstocks Kritik an Goethe ausführlich Hehn 1888,
61-65). Heinrich Köselitz nimmt beim Lesen der Korrekturfahnen von WA an
der Stelle 18, 24 f. Anstoß: „Als ich vorhin auf die daliegenden Correcturbogen
ihrer neuen Schrift sah, viel mein Blick auf das Wort: ,venetianische Epi-
gramme'. Ich bedauere, dass mir bei der Correctur nicht aufgefallen ist, dass
Sie doch eigentlich die römischen Elegien meinten" (Köselitz an N.,
15. 08. 1888, KGB III 6, Nr. 568, S. 269). Am 18. 08. 1888 antwortet N. darauf:
„Ich meine in der That die venet(ianischen) Epigramme (und nicht
die römischen Elegien) Es ist historisch (wie ich aus dem Buch von Hehn
gelernt habe), daß sie den größten Anstoß gaben." (KSB 8, Nr. 1091, S. 393,
Z. 10-13) Auf ein Beispiel aus den Venezianischen Epigrammen spielt N. später
in WA Epilog an, siehe NK 52, 16 f.
18, 26 f. es gab eine Zeit, wo Herder, wenn er von Goethe sprach, mit Vorliebe
das Wort „Priap" gebrauchte] Vgl. Hehn 1888, 99: „Die Leichtfertigkeit der
,Römischen Elegien' erschreckte ihn [sc. Herder] und er äußerte, die Horen
müßten jetzt mit einem u geschrieben werden; über den Gott und die Bajadere
und die Braut von Korinth urtheilte er, in beiden spiele Priapus eine große
Rolle, einmal als Gott mit einer Bajadere, so daß sie ihn Morgens an ihrer Seite
todt findet; das zweite Mal als Heidenjüngling mit seiner christlichen Braut,
die als Gespenst zu ihm kommt, und die er, eine kalte Leiche ohne Herz, zu
warmem Leben priapisirt — das sind Heldenballaden!" Dazu ebd. die Fußnote:
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften