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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,1): Kommentar zu Nietzsches "Der Fall Wagner", "Götzen-Dämmerung" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.70913#0119
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100 Der Fall Wagner

musikalischen Rhetorik ist hier mit einer nie gekannten Konsequenz ausgebil-
det." (Pohl 1883b, 116) Zum Bacchanal-Ballett im Pariser Tannhäuser (vgl. NK
17, 17-20) notierte Lindau 1885, 22 f.: „Je ne veux pas nier, dans ce charivari
musical /23/ du ballet, le mouvement, les nuances passionnees, mais je declare
qu'il ne contient rien de beau, qu'il manque de charme. Jamais le difforme, le
laid ne parviendront ä reproduire les beautes de la nature." („Ich will die
leidenschaftlichen Nuancen, die Bewegung in diesem musikalischen Charivari
des Ballets nicht negieren, aber ich stelle fest, dass es nichts Schönes enthält;
es fehlt die Ausstrahlung. Dem Unförmigen, dem Hässlichen wird es niemals
gelingen, die Schönheiten der Natur wiederzugeben").
25, 27 Seien wir Idealisten!] Idealismus wird hier in einem weiten Sinn
verstanden als Verehrung (moralischer) Ideale. Zu N.s Idealismus-Kritik vgl.
NK KSA 6, 300, 11-25.
25, 29 f. Wandeln wir über Wolken] Wer über den Wolken wandelt, ist dem
irdischen Dasein enthoben: Realitätsverleugnung und Weltverneinung ist nach
N. für „Idealisten" charakteristisch. Die Wendung in oder über den Wolken wan-
deln, kennzeichnet auch bei anderen Autoren die Abwendung von der Wirk-
lichkeit, so beispielsweise in Ernst Theodor Amadeus Hoffmanns Serapions-
Brüdern: „Ich glaubte, wie ein persischer Magier, den Gesang der Vögel zu
verstehen, ich hörte in dem Rauschen des Waldes bald tröstende, bald war-
nende Stimmen, ich sah mich selbst in den Wolken wandeln." (Hoffmann 1827,
176).
25, 30 haranguiren] Französisch harangue meinte eine „feierliche Rede,
Anrede; davon haranguieren, eine solche Rede halten, viel und mit
Emphase sprechen" (Brockhaus 1894-1896, 10, 807).
25, 31 Sursum! Bumbum!] Das lateinische Adverb sursum bedeutet „aufwärts",
„empor". „S[ursum] corda! Empor die Herzen! im katholischen Kult Aufforde-
rung an das Volk, welches darauf antwortet: Habemus ad dominum, d. h. wir
haben sie zu dem Herrn (gerichtet)." (Meyer 1885-1892, 15, 442) Das „Bumbum"
ist eine lautmalerische Parodie dieses frommen „empor!", das N. im Übrigen
in zeit- und moralkritischer Absicht häufiger bemüht (z. B. FW 359, KSA 3, 606,
12 f.: „immer das Bumbum von Gerechtigkeit, Weisheit, Heiligkeit, Tugend"
oder NL 1885, KSA 11, 34[209], 492, 16 f., korrigiert nach KGW IX 1, N VII 1, 46,
1-4, im Folgenden nur in der von N. überarbeiteten Version ohne durchgestri-
chene Passagen wiedergegeben: „unser Zeitalter des großen BumBum [...] mit
seine(m) Jahrmarkts-Geschmack").
25, 32 Der „gehobene Busen"] Vgl. NK KSA 6, 178, 16-19.
 
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