Stellenkommentar WA 9, KSA 6, S. 33-34 143
ja bereits in seinen Basler Vorträgen Über die Zukunft unserer Bildungsanstalten
(1872) umgestalten wollte. Vgl. zum reinen Toren NK KSA 6, 130, 14-17.
34, 14-17 Würden Sie es glauben, dass die Wagnerischen Heroinen sammt und
sonders, sobald man nur erst den heroischen Balg abgestreift hat, zum Verwech-
seln Madame Bovary ähnlich sehn!] Bei N.s physiologisch-psychologischem
Gewährsmann Charles Richet gilt Emma Bovary, die titelgebende Hauptfigur
in Gustave Flauberts Roman Madame Bovary (1857, fehlt in NPB) als exemplari-
sche Hysterikerin: „de toutes les hysteriques dont les romanciers ont raconte
l'histoire, la plus vivante, la plus vraie, la plus passionnee, c'est Mme Bovary"
(Richet 1884, 272 „die lebendigste, die wahrste, die passionierteste von allen
Hysterikerinnen, deren Geschichten die Romanciers erzählt haben, ist Mme
Bovary"). Die Frauen in Wagners Opern verhandelt N. in NL 1888, KSA 13,
14[63], 249, 14 (KGW IX 8, W II 5, 150) als „hysterisch-heroische[.] Wesen" (ähn-
lich NL 1888, KSA 13, 15[99], 465 u. 16[48], 502); Wagner kenne „nur das hyste-
rische Frauenzimmer" (NL 1888, KSA 13, 15[16], 415, 27 f.).
34, 17-20 wie man umgekehrt auch begreift, dass es Flaubert freistand,
seine Heldin in's Skandinavische oder Karthagische zu übersetzen und sie dann,
mythologisirt, Wagnern als Textbuch anzubieten] 1863 erschien Flauberts
Roman Salammbö, der im antiken Karthago in der Zeit nach dem Ersten Puni-
schen Krieg (264-241 v. Chr.) spielt. Die Titelheldin, Priesterin und Feldherren-
tochter, in amouröse Leidenschaften mit dem aufständischen Söldnerführer
Mätho verstrickt, stirbt nach dessen Todesqualen unter der Folter selbst an
gebrochenem Herzen. In seiner Flaubert-Studie, die N. mit großer Aufmerksam-
keit gelesen hat, fragte Guy de Maupassant, ob Salammbö eher als ein Roman
„une sorte d'opera en prose" („eine Art Oper in Prosa") sei, entstanden aus
einem „Bedürfnis nach Größe", „besoin de grandeur" (Flaubert 1884, XIX. Kursi-
viertes von N. unterstrichen): „Les tableaux se developpent avec une magnifi-
cence prodigieuse, un /XX/ eclat, une couleur et un rythme surprenants. / La
phrase chante, crie, a des fureurs et des sonorites de trompette, des murmures
de hautbois, des ondulations de violoncelle, des souplesses de violon et des
finesses de flute." (Ebd., XIX f. Letzter Absatz von N. am Rand markiert. „Die
Bilder entwickeln sich mit einer außergewöhnlichen Großartigkeit; Glanz,
Farbe und Rhythmus überraschen. / Das Satzgefüge singt, schreit, gerät in
Wut und hat die Klänge der Trompete, das Murmeln der Oboe, die Wellen des
Violoncellos, die Geschmeidigkeiten der Violine und die Feinheiten der Flöte.")
Diese mögliche Inspirationsquelle von 34, 17-20 haben Fornari / Campioni
2011, 29 erschlossen.
In seinen Modernen Geistern schrieb Georg Brandes, der N. dieses Werk
mit Widmung zukommen ließ, über die Erwartung des französischen Publi-
ja bereits in seinen Basler Vorträgen Über die Zukunft unserer Bildungsanstalten
(1872) umgestalten wollte. Vgl. zum reinen Toren NK KSA 6, 130, 14-17.
34, 14-17 Würden Sie es glauben, dass die Wagnerischen Heroinen sammt und
sonders, sobald man nur erst den heroischen Balg abgestreift hat, zum Verwech-
seln Madame Bovary ähnlich sehn!] Bei N.s physiologisch-psychologischem
Gewährsmann Charles Richet gilt Emma Bovary, die titelgebende Hauptfigur
in Gustave Flauberts Roman Madame Bovary (1857, fehlt in NPB) als exemplari-
sche Hysterikerin: „de toutes les hysteriques dont les romanciers ont raconte
l'histoire, la plus vivante, la plus vraie, la plus passionnee, c'est Mme Bovary"
(Richet 1884, 272 „die lebendigste, die wahrste, die passionierteste von allen
Hysterikerinnen, deren Geschichten die Romanciers erzählt haben, ist Mme
Bovary"). Die Frauen in Wagners Opern verhandelt N. in NL 1888, KSA 13,
14[63], 249, 14 (KGW IX 8, W II 5, 150) als „hysterisch-heroische[.] Wesen" (ähn-
lich NL 1888, KSA 13, 15[99], 465 u. 16[48], 502); Wagner kenne „nur das hyste-
rische Frauenzimmer" (NL 1888, KSA 13, 15[16], 415, 27 f.).
34, 17-20 wie man umgekehrt auch begreift, dass es Flaubert freistand,
seine Heldin in's Skandinavische oder Karthagische zu übersetzen und sie dann,
mythologisirt, Wagnern als Textbuch anzubieten] 1863 erschien Flauberts
Roman Salammbö, der im antiken Karthago in der Zeit nach dem Ersten Puni-
schen Krieg (264-241 v. Chr.) spielt. Die Titelheldin, Priesterin und Feldherren-
tochter, in amouröse Leidenschaften mit dem aufständischen Söldnerführer
Mätho verstrickt, stirbt nach dessen Todesqualen unter der Folter selbst an
gebrochenem Herzen. In seiner Flaubert-Studie, die N. mit großer Aufmerksam-
keit gelesen hat, fragte Guy de Maupassant, ob Salammbö eher als ein Roman
„une sorte d'opera en prose" („eine Art Oper in Prosa") sei, entstanden aus
einem „Bedürfnis nach Größe", „besoin de grandeur" (Flaubert 1884, XIX. Kursi-
viertes von N. unterstrichen): „Les tableaux se developpent avec une magnifi-
cence prodigieuse, un /XX/ eclat, une couleur et un rythme surprenants. / La
phrase chante, crie, a des fureurs et des sonorites de trompette, des murmures
de hautbois, des ondulations de violoncelle, des souplesses de violon et des
finesses de flute." (Ebd., XIX f. Letzter Absatz von N. am Rand markiert. „Die
Bilder entwickeln sich mit einer außergewöhnlichen Großartigkeit; Glanz,
Farbe und Rhythmus überraschen. / Das Satzgefüge singt, schreit, gerät in
Wut und hat die Klänge der Trompete, das Murmeln der Oboe, die Wellen des
Violoncellos, die Geschmeidigkeiten der Violine und die Feinheiten der Flöte.")
Diese mögliche Inspirationsquelle von 34, 17-20 haben Fornari / Campioni
2011, 29 erschlossen.
In seinen Modernen Geistern schrieb Georg Brandes, der N. dieses Werk
mit Widmung zukommen ließ, über die Erwartung des französischen Publi-